Kreative Artikel zum Thema Nähen

BERNINA in Afrika – ein afrikanisches Spät-Sommermärchen

BERNINA Maschinen haben die Welt erobert. So kommt es vor, dass man auch in fernen Ländern weit weg von der Schweiz plötzlich auf BERNINA Maschinen aus Steckborn stösst. Nicht ganz so, aber doch ähnlich ging es mir, als in meinem E-Mail Postfach eine Nachricht aus Afrika aufpoppte.

Darin erzählte mir Stephanie, dass sie in Uganda eine Schneiderei habe und darin BERNINA Maschinen ihre wertvolle Arbeit verrichten. Aber nicht nur BERNINA Maschinen arbeiten da, sondern auch 7 vollzeitliche Schneiderinnen, denen die Arbeit im Schneider-Atelier One & Only ein fixes Einkommen ermöglicht. Zudem seien im Moment gerade 3 Frauen in Ausbildung.

Da selbst BERNINAs nach tausenden Nähmeilen, Wüstenstaub und Hitze mal geflickt werden müssen, suchte Stefanie nun Ersatzteile für zwei BERNINA Record 530er. Die Maschinen habe ich auf den ersten Blick aufgrund meines noch nicht ganz vorangeschrittenen Alters nicht gekannt, doch Uganda, Afrika, Schneiderei und ein guter Zweck klangen nach Abenteuer.

Ich suchte in der ganzen Schweiz nach den Ersatzteilen und wurde glücklicherweise bei Herrn Kobi von BERNINA Basel fündig. Fritz Kobi zögerte keine Sekunde und spendete die Ersatzteile zu Gunsten dieser unterstützenswerter Idee und dem nachhaltigen Unternehmergeist von Stephanie.

Stephanie Onyango fand in Afrika nicht nur ihren Traumjob, sondern auch die Liebe. Seit 3 Jahren ist sie glücklich mit Ken Onyango verheiratet und hat mit ihm eine Familie mit zwei Kindern. In einem Interview, wollte ich aber mehr über das Leben in Afrika und das Atelier erfahren…

Liebe Steffi, wie kommt es, dass man in Uganda ein Schneider-Atelier eröffnet?

Ich habe während der Zeit, als ich als Volontärin in der Berufsschule von Vision für Afrika tätig war, oft überlegt, wie ich ein eigenes Atelier auf die Beine stellen könnte. Aber auch weil das Schneidern hier in Uganda ein ärmliches Image hat, wollte ich den Beweis liefern, dass es möglich ist, mit Nähen seinen z Lebensunterhalt verdienen zu können. Dazu kommt, dass ich durch die Arbeit in unserem Atelier Frauen aus der Umgebung, die Talent und Interesse haben, eine Möglichkeit zum Arbeiten und Geld verdienen geben kann. Ich möchte Sie motivieren, ihr Bestes zu geben und sie zu eigener Initiative inspirieren.

Wie haben die Leute vor Ort auf die Idee reagiert?

Am Anfang spürte ich von einigen Leuten Skepsis und Erstaunen, dass eine Weisse sich mit einer Arbeit wie Nähen abgibt – ihrer Meinung nach kann man davon  ja kaum leben. Doch in der Zwischenzeit haben wir an Respekt gewonnen. Vor allem unsere Mitarbeiterinnen werden von ihren Nachbarn und Familien nun bewundert, da sie jetzt  “Business Women” geworden sind.

Euer Atelier One & Only ist nun seit 2009 in Betrieb.  Was ist die Philosophie dahinter?

Übersetzt bedeutet One & Only so viel wie “einmalig”. Einmalig sind die Artikel, die wir herstellen. Wir machen oft nur eine Tasche, einen Rock oder ein Oberteil in einer Stoffkombination. Es geht uns darum, keine Massenware zu produzieren. Einmalig sind aber auch alle unsere Mitarbeiterinnen –jede hat eine Geschichte und jede hat eine ganz einmalige Persoenlichkeit. Wir wollen einander nicht einfach als Arbeiter behandeln, sondern auf die individuellen Stärken und Wünsche voneinander eingehen. Einmalig sind zu guter letzt auch unsere Kunden, die Menschen die schliesslich mit unseren Produkten herumlaufen. Wir wollen sie durch die Einmaligkeit unserer Kreationen erinnern, dass sie als Person wertvoll sind und ihren persönlichen Stil stärken.

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Stephanie und 3 Ihrer Schneiderinnen

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Im Atelier One & Only arbeiten 7 Schneiderinnen vollzeitig

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Eine BERNINA in Afrika

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Bei der Arbeit im Atelier

Wie kamst du eigentlich zu all den BERNINA Maschinen?

Alle BERNINA Maschinen wurden uns von verschiedenen Freunden aus der Schweiz geschenkt. Manche Freunde, die zu Besuch kamen (oder ich wenn ich wieder einmal in der Schweiz war) haben diese dann gut gepolstert im Koffer mit nach Uganda genommen. Einige kamen auch per Container von Vision für Afrika. Gerade die älteren BERNINA-Modelle sind Afrika-tauglich, da alles noch mechanisch funktioniert. Für die Reparatur haben wir hier einen Mechaniker gefunden, der so ziemlich alles flicken kann –ausser natürlich, wenn es sich um ein ganz bestimmtes Ersatzteil handelt.

Was waren auf dem Weg zur Schneiderei die grössten Herausforderungen?

Die Balance zwischen Geschäftssinn und sozialem Engagement und kultureller Anpassung richtig zu halten. Wir sind in Afrika. Dinge laufen nun mal langsamer als in der Schweiz. Es gibt Tage, wo der Strom alle paar Stunden ausfällt oder gleich weg bleibt. Oder wenn es in Strömen regnet, kommen alle zu spät zur Arbeit, weil man im Regen einfach nicht aus dem Haus geht (…versteh ich immer noch nicht). Zum Teil sind auch Stoffe und Klebeinlagen tagelang ausverkauft, dann muss man es einfach die nächste Woche nochmals probieren. Wenn man mit dem Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, fällt einem auf, dass die Verkehrsregeln kaum beachtet werden, was zu mühsamen Stau führen kann. Solche Sachen fand ich am Anfang sehr herausfordernd und frustrierend, doch mit der Zeit lernt man, wie die Leute ticken und wie es hier läuft. Schliesslich habe ich aber die relaxte Art auch sehr zu schätzen gelernt. Heute bin ich ein gelassener und ruhigerer Mensch geworden.

Wo holst du Inspirationen für deine Nähprojekte?

Als ich hier ankam, verliebte ich mich sofort in die typischen farbenfrohen, gemusterten Baumwollstoffe (Kitenge), die man hier auf den lokalen Märkten kaufen kann. Mit diesen traditionellen Stoffen kann einmalige und moderne Artikel herstellen, wenn man sie mit einem anderen einfarbigen Stoff kombiniert oder Farbkombinationen macht, die harmonieren. Wenn ich mit einem öffentlichen Taxi unterwegs bin, dann sehe ich oft so viele verschiedene Leute und Sachen auf der Strasse, die mir Ideen geben für ein neues Design. Auch unsere Kunden, die sich bei uns massgeschneiderte  Kleider anfertigen lassen, haben unsere Designs inspiriert.

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Einmalige Kreationen

 

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Afrikanischer Stil – farbig und lebensfroh

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Jupe im typischen Kitenge-Stoff

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Kitenge-Stoffe gibt es in allen Farben und Mustern

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Was für einen Stellenwert hat das Nähen in Uganda?

Nähen geniesst keinen hohen Stellenwert. Es gibt hier einen ganz üblen Spruch: “Tailors are failures” (Schneider sind Versager). Dieses Denken kommt daher, dass man für einen Schneiderkurs an einer Berufsschule praktisch keine Punkte braucht. Das heisst jeder, der so schlecht abgeschnitten hat, dass es für keinen anderen Kurs oder Studium mehr reicht, kann sich immer noch für eine Schneider-Lehre qualifizieren. Wo in der Schweiz massgefertigte Kleidung als Luxusgut betrachtet wird, gehen hier die armen Leute zum Schneider, weil sie sich keine neue, importierte Massenwaren aus dem Laden leisten können. Die Ausbildung dauert in der Regel 1-2 Jahre und ist meistens sehr theoretisch. Da die Praxis zu kurz kommt, sind die angefertigten Produkte in schlechter Qualität, was wiederum zu niederigen Preisen und schlechter Bezahlung führt.

Was sind deine nächsten Ziele?

Im Moment mieten wir unseren Werkstattraum immer noch von Vision für Afrika. Doch wir möchten Land zukaufen und darauf eine eigene, grössere Werkstatt bauen. Wir möchten auch im kommenden Jahr eine kleine Boutique in der Hauptstadt Kampala eröffnen und in Zukunft Verkaufsmöglichkeiten im Ausland finden.

Gibt es etwas, dass du der Schweizer Nähcommunity mitteilen möchtest?

Für mich war Nähen immer ein Vorgang, den ich so schnell wie möglich und so genau wie möglich abschliessen wollte, um dann beim nächsten Mal noch schneller und noch genauer und noch effizienter zu sein. Kein schlechtes Ziel, würde ich sagen, nur hatte ich dabei sehr wenig Spass und nervte mich grausam, wenn mir ein Fehler passierte. Was ich hier in Uganda gelernt habe: es geht nicht immer in erster Linie darum, schnell und genau zu sein, sondern den Vorgang zu geniessen und sich zu erfreuen, wenn einem etwas Tolles gelungen ist. Doch alles braucht seine Zeit und allenfalls auch ein paar lehrreiche Fehler.

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Das Schneiderhandwerk wird durch die Tätigkeit von Stephanie und Ihren Mitarbeiterinnen aufgewertet

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Die Hauptstadt Kampala – quirlig, chaotisch, farbenfroh, fröhlich

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Kommentare zu diesem Artikel

2 Antworten

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  • Mechtild Graf BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    Liebe Stephanie,
    bewundernswerte Arbeit die du leistest und Kompliment für deine Modelle. Ich finde sie allesamt wunderbar und einzigartig. Du hast dein Motto hervorragend umgesetzt.
    Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg und die notwendige Energie.

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