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Hawai’i – Königliche Inseln im Pazifik

Hawai‘i – Eine Inselkette vulkanischen Ursprungs von grandioser Schönheit, ein Sehnsuchtsziel für Reisende aus aller Welt … Strände, Palmen, unbeschwerte Menschen, die den Reisenden mit Blütenketten willkommen heissen – spätestens seit den 1960er Jahren wird die Vorstellung über Hawai’i von einer Tourismusindustrie geprägt, die Landschaft, Klima und idealisierte Bilder hawaiischer Kultur zum betörenden Bild eines tropischen Idylls zusammenfügt.

Aber Hawai‘i ist auch ein Ort, an dem ganz unterschiedliche Welten aufeinandertreffen, als am 20. Januar 1778 Bewohner der Inseln zum ersten Mal fremden Seefahrern aus dem fernen Europa gegenüberstanden.

Ausstellungsplakat

Das Linden-Museum Stuttgart zeigt noch bis zum 13. Mai 2018 die Sonderausstellung ‘Hawai’i – Köngliche Inseln im Pazifik’.

Ludwig Choris: ‘Entrevue de l’Expedition de M. Kotzebue, avec le Roi Tamméaméa, dans l’île d’Ovayhi’
Otto von Kotzebue traf 1816 und 1817 mit Kamehameha und seiner Gemahlin Kaʻahumanu zusammen. Die Szene zeigt sie vor einem traditionellen Haus in Kaiakeakua auf der Insel Hawai‘i. Im Hintergrund ist der Ahuʻena Heiau in Kailua zu sehen, der Tempel Kamehamehas.
Louis Choris: Vues et paysages des régions équinoxiales, recueillis dans un voyage autour du monde.
Paris, 1826
Handkolorierte Lithografie | H 48,5 cm; B 39 cm
© Privatsammlung; Foto: Sharokh Shalchi

Diese Grosse Sonderausstellung des Landes Baden-Württemberg rückt erstmals in Deutschland Kunst und Kultur, Geschichte und Gegenwart der hawaiischen Inseln in den Fokus.

Figur kiʻi akua
Bei der kleinen Figur in kraftvoller Pose handelt es sich wohl um die Darstellung eines persönlichen Gottes, der an einem heute nur teilweise vorhandenen Stab getragen werden konnte. Die Figur wurde von Admiral Frederick Beechey 1826 oder 1827 in Hawai‘i erworben.
Hawai’i, 18./frühes 19. Jahrhundert
Holz, Rindenbaststoff kapa | H 40,7 cm
Slg. University of Edinburgh
© National Museums Scotland

Eindrucksvolle Kunstwerke und Alltagsgegenstände geben Einblicke in das Leben auf jenen Inseln, deren Gesellschaft sich in nicht einmal 150 Jahren von einem polynesischen Königreich zu einem modernen Staatswesen wandelte.

Haihaken makau mano
Zum Haifang verwendete Haken sind die grössten überlieferten Angelhaken aus Hawai‘i. Häufig bestanden sie aus einem grossen Haken mit einer eingesetzten Spitze aus Knochen. Beachtenswert ist die Schnurbefestigung: Die Schur wird in mehreren umlaufenden Kerben gebunden und dann mit einem gewebten Schutz überzogen.
Hawai’i, 19. Jahrhundert
Holz, Knochen, Pflanzenschnur | H 29 cm; B 13 cm; T 3 cm
© Privatsammlung; Foto: Sharokh Shalchi

Die Ausstellung spannt den Bogen von den ältesten erhaltenen Objekten aus der Zeit des Entdeckungsreisenden James Cook, der die Inseln im ausgehenden 18. Jahrhundert auf den europäischen Karten verzeichnete, bis zur lebendigen heutigen Kunstszene. Sie vermittelt ein facettenreiches Bild und stellt die Gesellschaft, Kultur und Geschichte der Native Hawaiians in den Vordergrund.

Haizahnwaffe
Während es sich bei kleineren mit Haizähnen besetzten Gerätschaften auch um Schneidewerkzeuge handeln kann, spricht die Grösse dieses Objekts für seine Verwendung als Kampfwaffe. Sie besass ursprünglich 24 Haizähne, von denen heute zwei fehlen.
Hawai’i, 18. Jahrhundert
Holz, Haizähne, Pflanzenfasern | H 46,8 cm
Erworben auf der dritten Südseereise des James Cook (1776–1780), Slg. Thomas Pennant
© Cambridge University Museum of Archeology and Anthropology

Thematisiert werden die polynesische Ranggesellschaft und die sozialen sowie politischen Umwälzungen durch Wirtschafts- und Machtinteressen der USA. Die Ausstellung fragt nach der Herkunft der Objekte und wirft einen kritischen Blick auf das Bild, das in Europa von Hawai’i entstand.

Schale mit zwei menschlichen Figuren
Die längliche Schale wird von zwei vollplastisch geschnitzten sitzenden menschlichen Figuren gehalten. Sie trägt ein Etikett, das ihre Provenienz auf die ‘American Commission of Foreign Missions’ zurückführt.
Hawai’i, frühes 19. Jahrhundert
Holz | H 9,2 cm; B 55,5 cm; T 22 cm
© Privatsammlung; Foto: Sharokh Shalchi

Einzelne Aspekte hawaiischer Tradition sind zugleich Kernsymbole einer aktuellen hawaiischen ethnisch-kulturellen Identität und wichtige Schlüsselreize im Kontext der Tourismuswerbung. Hierzu zählen u.a. der hawaiische Tanz hula, das Wellenreiten sowie die Auslegerboote und schliesslich auch die hawaiische Tätowierung kakau.

Modell eines Auslegerbootes kaukahi
Wie im übrigen Polynesien waren auch in Hawai’i die Boote mit einem Ausleger ausgestattet, der das Boot im Wasser stabilisierte. So konnte der Rumpf möglichst schmal konstruiert werden, was die Wendigkeit und die Geschwindigkeit der Boote erhöhte.
Hawai’i, 19./20. Jahrhundert
Holz, Pflanzenfasern, Pigment | H 10 cm; B 78 cm; T 38,5 cm
© Privatsammlung; Foto: Sharokh Shalchi

Historische Entwicklungen werden mit aktuellen in Beziehung gebracht: die Erfindung des Wellenreitens mit den berühmten Surfwettbewerben, moderne Varianten des erzählenden hula-Tanzes mit traditionellen Rhythmusinstrumenten …

Trommel pahu
Mit Haifischhaut bespannte Trommeln waren die wichtigsten Musikinstrumente im Hawai’i des späten 18. und des frühen 19. Jahrhunderts. Sie wurden von besonderen Spezialisten hergestellt, begleiteten Tempelrituale und Prozessionen sowie die zu Ehren der Götter und Oberhäupter aufgeführten Tänze hula.
Hawai’i, 18. Jahrhundert
Holz, Haifischhaut, Pflanzenfasern | H 22 cm
Erworben auf der dritten Südseereise des James Cook (1776–1780)
© Cambridge University Museum of Archeology and Anthropology

… Musik und Kunst als kritische Auseinandersetzung mit sozialer Ungerechtigkeit, Umweltzerstörung oder als Ausdruck der Unabhängigkeitsbewegung.

In flagrante delicto
‘Diese Serie visueller Texte versucht auszuloten, aufzudecken und auszusprechen, wie sich der Raub unserer Identität sich auf das Land unserer Vorfahren auswirkt, auf die Nation, auf politische Rechte, sozio-ökonomische Nachhaltigkeit, kulturelle Ausstrahlung und Menschenwürde.’
Die Abbildungen auf den Karten zeigen die Könige und Königinnen Hawai‘is sowie die Symbole der hawaiischen Monarchie. Abgebildet sind aber auch Gegner des Königreichs wie Sanford B. Dole und US-amerikanische Soldaten, die zum Sturz der Monarchie beitrugen.
Hawai’i 2016
PVC, Druckerschwärze, Heissfolie, Kabelbinder, Draht
Leihgabe der Künstlerin © April A. H. Drexel, Foto: Dirk Kittelberger, Volker Neumann

Im Bereich der Textilen Kunst sind die wertvollen Federmäntel und -helme als Insignien der Macht der Adligen sowie bedruckte Stoffe aus Rindenbast (‘kapa’) zu nennen, die von grossem handwerklichem Geschick zeugen.

John Webber: ‘Tereoboo, King of Owyhee, bringing Presents to Capt. Cook’
Die vom Zeichner der dritten Südseereise festgehaltene Szene zeigt den hohen Adligen Kalaniʻōpuʻu, der kostbare Federmäntel und -figuren als Geschenk für Kapitän James Cook bringt. Kalaniʻōpuʻu und die ihn begleitenden Adligen tragen als Zeichen ihres hohen Ranges Federmäntel und -helme.
Kupferstich | H 25,2 cm; B 37,6 cm
Paris, 1785
© Niedersächsisches Landesmuseum Hannover

Mit Federn besetzte Mäntel und Helme verkörperten die weltliche Macht und den sakralen Status hawaiischer Oberhäupter. Insbesondere Kopf und Rückgrat waren auf besondere Weise heilig und bedurften nicht nur eines herausragenden Schmuckes, sondern auch eines spirituellen Schutzes. Diesen Schutz boten Mantel und Helm, bei denen nicht nur die schmückenden Federn, sondern auch das von Spezialisten aus feiner olona-Schnur angefertigte dichte Gewebe als sakral galt.

Federmantel ʻahu ʻula
Mit den Rückkehrern der dritten Cook-Reise gelangten 1780 ca. 30 hawaiische Federmäntel nach England. Dieser Mantel gehörte zur Sammlung des Zeichners John Webber, der 1779 auch die Überreichung von Federmänteln an James Cook festhielt.
Hawai’i, 18. Jahrhundert
Olonā-Fasern (Touchardia latifolia), Federn des ʻIʻiwi und des ʻŌʻō | H 182 cm; B 150 cm
Erworben auf der dritten Südseereise des James Cook (1776 – 1780), Slg. John Webber
© Bernisches Historisches Museum, Bern. Foto Stefan Rebsamen. Inv.-Nr. 1791.531.1

Mantel und Helm wurden in zeremoniellen Kontexten und bei kriegerischen Auseinandersetzungen getragen und zeugten hier von der herausgehobenen Stellung ihrer Träger. Auch bei europäischen Besuchern fanden die ungewöhnlichen Kleidungsstücke grosses Interesse und wurden schon von den frühesten Reisenden als kostbarste Geschenke entgegengenommen.

Federmantel ‘ahu ‘ula
Mit Federn besetzte Mäntel waren Menschen von höchstem Rang vorbehalten. Ihr grosser Wert beruhte nicht nur auf tausenden verarbeiteter Federn, sondern auch auf dem mana, der besonderen Kraft, die ihre Träger und die Mäntel selbst besassen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts gelangten zahlreiche Mäntel als kostbare Gaben hawaiischer Oberhäupter nach Europa.
Hawai’i, frühes 19. Jahrhundert
Olonā-Fasern (Touchardia latifolia), rote und gelbe Federn | H 141 cm; B 238 cm
Slg. Carl Ludvig Steinhauer, 1861
© The National Museum of Denmark, Copenhagen

Auch wenn fast alle bekannten Federmäntel und Federcapes mit Federn in mehreren Farben besetzt sind, lautet die hawaiische Bezeichnung dieser Kleidungsstücke ‘ahu ‘ula oder ‘roter Umhang’. Die Farbe Rot wird in ganz Polynesien den Oberhäuptern und der Sphäre des Göttlichen zugeordnet und so reflektiert der hawaiische Name weniger die tatsächliche Färbung als vielmehr die Heiligkeit und das mana bzw. die Kraft der Federmäntel.

Panoramatapete ‘Les Sauvages de la Mer Pacifique’, Bahn 9–10
Im Mittelpunkt steht hier ein hawaiisches Paar, der Mann in Federmantel und -helm gekleidet. Das Bildprogramm geht auch in diesem Abschnitt sehr frei mit der Geografie um: Von der Anhöhe beobachtet ein Maori aus Neuseeland die Szene.
Jean-Gabriel Charvet (1750–1829): Les Sauvages de la Mer Pacifique
Joseph Dufour et Cie, Mâcon, 1804
Farbiger Handdruck auf Bogenpapier | H 184,2 cm; B 107,7 cm
© Kassel, MHK, Deutsches Tapetenmuseum; Foto: Ute Brunzel

Neben roten Federn von ‘I’iwi und ‘Apapane sind es vor allem die nur mit grossem Aufwand zu gewinnenden gelben Federn des ‘O’o und des Mamo, die für Mäntel, Capes und Helme Verwendung fanden. Zum Schmuck der kleineren Capes, die auch von Mitgliedern des niedrigeren Adels getragen werden konnten, dienten auch Hahnenfedern unterschiedlicher Färbung.


Federmantel ʻahu ʻula
Häufig verwendete Motive auf den Federmänteln sind Dreiecksformen und sichelförmige Dekore. Seltener finden sich Punktmuster, wie sie wohl für die Kleidung der aliʻi von der Insel Maui charakteristisch waren. Dieser Mantel weist deutliche Tragespuren auf.
Hawai’i, 18./19. Jahrhundert
olonā-Fasern (Touchardia latifolia), Federn des ʻIʻiwi und des ʻŌʻō | H 127 cm; B 239 cm
Slg. I. Beasley
© National Museums Scotland

Die exponierte Stellung hawaiischer ali’i fand ihren sichtbaren Ausdruck in den besonderen Dingen, die von ihnen benutzt wurden.

Schale mit menschlicher Figur
Schalen mit figürlichen Schnitzereien zählten zu den besonderen Dingen, die ranghohen Mitgliedern der hawaiischen Gesellschaft vorbehalten waren. Wahrscheinlich verwendete man diese kleine Schale zum Trinken von ʻawa, einem zeremoniellen Getränk.
Hawai‘i, 18. Jahrhundert
Holz, Perlmuschel | B 18,5
Erworben auf der dritten Südseereise des James Cook (1776–1780)
© Museum of Archaeology and Anthropology, University of Cambridge

Waren Federmäntel und -helme im alten Hawai’i die höchste Auszeichnung männlicher ali’i, so kennzeichneten kostbare Federn auch den Schmuck adliger Frauen. Lei hulu, Hals- und Kopfbänder, bestanden aus roten und gelben Federn und waren so – wie die Mäntel – kostbares Zeichen des sozialen Ranges.

Halsschmuck lei hulu
Wie Federmäntel und -helme für die Männer, so waren Federbänder wichtige Insignien des ranghoher Frauen. Sie trugen den Schmuck um den Hals oder auf dem Kopf.
Hawai’i, 18. Jahrhundert
Federn, Pflanzenfasern | H 42 cm
Erworben auf der dritten Südseereise des James Cook (1776 – 1780), Slg. John Webber
© Bernisches Historisches Museum Bern; Foto Yvonne Hurni

Von Spezialisten angefertigter Arm- und Fingerschmuck aus unterschiedlichen Materialien …

Finger- oder Handschmuck
Im Reisebericht zur dritten Cook-Reise beschrieb James King 1784, dass Frauen auf Kauaʻi aus Walzahn geschnittene Schildkröten als Schmuck an den Fingern trugen. Ob diesen Schmuckstücken eine besondere Bedeutung zukam, ist nicht bekannt.
Hawai’i, 18. Jahrhundert
Walzahn| H 0,9 cm; B 2,7 cm; T 1,8 cm | H 0,8 cm; B 2,7 cm; T 2,1 cm
© Privatsammlung; Foto: Sharokh Shalchi

… zeichnete weibliche ali’i aus – ebenso wie besonders sorgfältig geflochtene Fächer, die mit ihrer Halbmondform vor allem ein Statussymbol waren.

Fächer peʻahi
Solche sorgfältig gearbeiteten halbmondförmigen Fächer waren den hawaiischen Oberhäuptern vorbehalten.
Hawai‘i, 18./Anfang 19. Jahrhundert
Kokosblattstreifen, Kokosfaserschnur, menschl. Haar, Wolle | H 23,5 cm; B 53,7 cm; T 2,5 cm
Slg. Georg Heinrich v. Langsdorff, 1830 (erworben während der Krusenstern-Expedition, 1804)
© Museum Fünf Kontinente München; Foto: Marietta Weidner

Ein von ranghohen Männern und Frauen gleichermassen getragenes Schmuckstück war der lei niho palaoa, die Walzahnkette aus fein geflochtenem menschlichen Haar und dem charakteristisch geformten Anhänger. Auch heute wird der lei niho palaoa bei besonderen Anlässen getragen. Aber wie der moderne Federschmuck hat er seinen Anspruch, ausschliesslich Schmuck der ali’i zu sein, längst verloren.

Brustschmuck lei niho palaoa
Durch den Walfang wurden die ehemals seltenen Walzähne im 19. Jahrhundert verfügbarer und die daraus gefertigten Anhänger grösser. Zwischen 1790 und 1810 gelangten durch den transpazifischen Fellhandel zudem grosse Mengen Walrosselfenbein aus Alaska nach Hawai‘i, aus dem ebenfalls Schmuck gefertigt wurde.
Hawai‘i, 19. Jahrhundert
Walzahn, menschl. Haar, olonā-Fasern (Touchardia latifolia) | H 12,5 cm; B 5 cm; L 32 cm
© Linden-Museum Stuttgart; Foto: Dominik Drasdow

Rindenbaststoffe werden bis heute auf vielen Inseln Ozeaniens produziert und verwendet. In Hawai‘i, wo im 18. Jahrhundert die Verarbeitung von Rindenbast zu kunstvollen Stoffen oder kapa höchste Vollendung erlangt hatte, kamen Fertigung und Gebrauch von kapa im Laufe des 19. Jahrhunderts zum Erliegen. Importierte Baumwollstoffe und europäische Kleidung nahmen ihren Platz ein.

Rindenbaststoff kapa
Das kapa-Stück ist ein Fragment eines wohl erheblich grösseren Rindenbaststoffes. Grosse kapa-Stoffe wurden u.a. für Kleidungsstücke wie Schurze und Mäntel genutzt.
Hawai’i, 18. Jahrhundert
Rindenbast (Broussonetia papyrifera) | L 78 cm; B 55 cm
Erworben auf der dritten Südseereise des James Cook (1776–1780), Slg. John Webber
© Bernisches Historisches Museum, Bern. Foto Yvonne Hurni

Bei der traditionell den Frauen obliegenden kapa-Herstellung war der Bast des Wauke- oder Papiermaulbeerbaums (Broussonetia papyrifera) von grösster Bedeutung. In mehreren aufeinanderfolgenden Durchgängen werden Streifen von Rindenbast gewässert, geklopft und aneinandergefügt, bis grosse kapa-Stücke entstehen. Hawaiische kapa konnte sehr fein sein, viele überlieferte Stoffe sind aber eher fest und nur durch eine eingepresste Riffelung flexibel gemacht. Charakteristisch sind Wasserzeichen und auffällige Dekore, die u.a. durch Druckstempel erzeugt wurden.

Alphonse Pellion: ‘Maisons de Kraïmokou, Premier Ministre du Roi, Fabrication des étoffes’
Der Stich zeigt den ranghohen Adligen Kalanimoku (1768–1827) vor einem seiner Häuser. Neben ihm stellt eine Frau Rindenbaststoff her. Das Bild ist zugleich eine der frühesten Darstellungen eines Wellenbretts und ein Hinweis darauf, dass das Wellenreiten ein Sport der hawaiischen Adligen war.
Louis Claude de Freycinet: Voyage Autour du Monde fair par ordre du Roi, sur les corvettes de S.M. l’Uranie et la Physicienne, pendant les années 1817, 1818, 1819 et 1820. Atlas Historique
Paris, 1825 | H >33,8 cm; B 49,3 cm T 4,6 cm
© Privatsammlung; Foto: Sharokh Shalchi

Kunstvoll bedruckte und bemalte kapa zählte zum Besitz hochrangiger Familien, während einfache Rindenbaststoffe von allen Männern und Frauen genutzt wurden. Kapa diente vor allem als Kleidung sowie als Schlafdecke, fand aber auch vielfache sonstige Verwendungen und stellte nicht zuletzt ein wichtiges Statusgut dar. Schon Teilnehmer der dritten Cook-Reise waren beeindruckt von den auffälligen und exakt ausgeführten Musterungen der hawaiischen Stoffe. Zahlreiche der nach England gelangten kapa-Stoffe wurden zerschnitten und als Musterbücher gebunden.

Rindenbaststoff kapa
Dieses kapa-Stück ist aus zwei Teilen zusammengenäht worden und auf der Rückseite nicht dekoriert. Der relativ dicke Rindenbaststoff ist gerillt und mit Quadraten und Zickzack-Linien bedruckt.
Hawai‘i, 18. Jahrhundert
Rindenbast (Broussonetia papyrifera) |H 100 B 68
Erworben auf der dritten Südsee-Reise des James Cook (1776–1780)
© Ethnologische Sammlung der Universität Göttingen; Foto: Harry Haase

Im Laufe des 19. Jahrhunderts kam die Herstellung von kapa zum Erliegen. Hawaiische KünstlerInnen begannen dann in den 1980er Jahren mit einer Wiederbelebung der traditionellen Techniken, die heute wieder auf vielfältige Weise neu verwendet werden und heute auch wieder ein wichtiger Zweig hawaiischen Kunstschaffens ist.

Ka i koko
Achtung ist der Schlüssel zum Verständnis der hawaiischen Weltsicht. Von den Wäldern bis zu den Meeren, von der uns erhaltenden Nahrung bis zu der Hand, die uns füttert – alles verdient, geachtet zu werden. Das Tragnetz koko diente dem Transport der Besitztümer von Adeligen, in ihm wurden auch die Alten getragen, wenn sie nicht mehr laufen konnten. In ihm manifestieren sich Achtung und Wertschätzung, es ist aloha ʻaina.
Legenden berichten auch vom Netz des Navigators Makaliʻi, das sämtliche Nahrungsmittel enthielt. Es hing im Himmel, bis eine Ratte die Fäden annagte und der Inhalt zur Erde fiel. Auch hierauf nimmt das Werk Bezug.
Hawaiʻi, 2016
Baumwolle, Nylon, Steine, Seil
Leihgabe des Künstlers © Marques Marzan

Auf 1000 m² werden in der Ausstellung ‘Hawai’i – Königliche Inseln im Pazifik’ rund 250 hochkarätige Objekte von internationalen Leihgebern sowie aus der Sammlung des Linden-Museums in stimmungsvollen Inszenierungen präsentiert.

Federfigur ki’i hulu manu
Mit Federn besetzte Figuren aus Flechtwerk zählten zu den heiligsten hawaiischen Bildwerken. Bei Zeremonien wurden sie auf einem Stab getragen. Für eine gewisse Zeit waren dann die Götter in ihnen gegenwärtig. Diese Figur soll Kuka’ilimoku, den Kriegsgott Kamehameas, repräsentieren.
Hawai’i, 18. Jahrhundert
ʻIeʻie-Luftwurzeln (Freycinetia arborea), Federn, Hundezähne, Perlmuschel, Holz | H 46,5 cm; B 16 cm
Erworben auf der dritten Südseereise des James Cook (1776–1780)
© Slg. Cook/Forster, Ethnologische Sammlung der Universität Göttingen, Foto: Michael Tropea

Ein umfangreiches Begleitprogramm vertieft Themen der Ausstellung, ein Aktionsheft und ein Smartphone-Game führen Kinder spielerisch durch die Schau.

Ein ausführlicher Katalog zur Ausstellung ist erhältlich.

***

Info:

14. Oktober 2017 – 13. Mai 2018

Hawai’i – Königliche Inseln im Pazifik

Linden-Museum Stuttgart
Staatliches Museum für Völkerkunde
Hegelplatz 1
70174 Stuttgart

www.lindenmuseum.de

 

Fotos und Informationen freundlicherweise vom Linden-Museum Stuttgart zur Verfügung gestellt – vielen Dank!

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