Kreative Artikel zum Thema Quilten

Ausstellungstipps ‘bauhaus’

Weaving beyond the Bauhaus

Das Art Institute of Chicago erinnert an das 100-jährige Bestehen der renommierten deutschen Kunstschule ‘Bauhaus’ mit einer Ausstellung, die die Ergebnisse der Bauhaus-Werkstatt Weberei und ihre Auswirkungen auf die moderne und zeitgenössische amerikanische Kunst beleuchtet.

Key Visual
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto: Valerie Heinz

Noch bis zum 16. Februar 2020 zeigt ’Weaving beyond the Bauhaus’ 50 Werke von Pionieren wie Anni Albers, Claire Zeisler, Lenore Tawney, Otti Berger, Gunta Stölzl, Else Regensteiner, Ethel Stein und Sheila Hicks, geschaffen ‘auf und neben dem Webstuhl’.

Anni Albers (usprünglich von der Bauhaus-Werkstatt hergestellt): Black-White-Red, 1926/27 (hergestellt 1965) Restricted gift of Mrs. Julian Armstrong, Jr.
© The Josef and Anni Albers Foundation / Artists Rights Society (ARS), New York
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Das renommierte Bauhaus wurde 1919 als deutsche Kunstschule gegründet und beherbergte eine innovative Weberei-Werkstatt, deren Einfluss sich über den Atlantik erstreckte. Auch in der Weberei galt – wie am ganzen Bauhaus – der Grundsatz der Gleichberechtigung, sowohl von Künstlerinnen und Künstlern als auch der verschiedenen Künste.

Ausstellungsansicht
Möbelstoffe (von der Bauhaus-Werkstatt hergestellt), Entwürfe von Gunta Stölzl, Grete Reichardt und Anni Albers
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto: Valerie Heinz

Obwohl die Realität des Bauhauses nie ganz seiner utopischen Vision entsprach, diente die Werkstatt dennoch als ein fruchtbarer Platz, um ästhetisches und pädagogisches Talent zu entwickeln.

Ausstellungsansicht
Muster (von der Bauhaus-Werkstatt hergestellt), Entwürfe von Otti Berger (zugeschrieben)
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto: Valerie Heinz

Auch in den Jahrzehnten nach der erzwungenen Schliessung der Kunstschule im Jahr 1933 hatte das Bauhaus einen weitreichenden Einfluss auf die amerikanische Kunst, auch aufgrund der grossen Anzahl ehemaliger Bauhauskünstler*innen – oder Bauhäusler –, die Deutschland verliessen und in die USA einwanderten, wo sie weiter praktizierten und im Geist des Bildungssystems und der Theorien des Bauhauses weiter unterrichteten.

Ausstellungsansicht
Möbelstoffe (von der Bauhaus-Werkstatt hergestellt), Entwürfe von Otti Berger. Else Regensteiner und Yvonne Pacanovsky Bobrowicz
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto: Valerie Heinz

Anlässlich des 100-jährigen Bauhaus-Jubiläums spürt die Ausstellung ‘Weaving beyond the Bauhaus’ Bauhaus-Künstler*innen wie Anni Albers und Marli Ehrman und ihren wechselseitigen Beziehungen zu Künstler*innen und Student*innen in ganz Amerika nach.

Ausstellungsansicht
Möbelstoff, 1924/28 (von der Bauhaus-Werkstatt hergestellt), Detail
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto: Valerie Heinz

Durch ihre Verbindungen zu Kunstvermittlungseinrichtungen, wie zum Black Mountain College, zum Institute of Design, zum Illinois Institute of Technology oder zur Yale University, teilten diese Künstler*innen ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit zeitgenössischen und nachfolgenden Künstlergenerationen, wie Sheila Hicks, Else Regensteiner, Ethel Stein, Lenore Tawney oder Claire Zeisler und beeinflussten dabei die amerikanische Kunst.

Anni Albers: Study for Six Prayers: No. IV, 1965/66
Harriott A. Fox Fund
© The Josef and Anni Albers Foundation / Artists Rights Society (ARS), New York
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

‘Weaving beyond the Bauhaus’ zeichnet die dynamischen Netzwerke von Lehrern und Schülern nach, die sich über die amerikanischen Bundesstaaten verteilen, so dass die wechselseitigen Einflüsse, die die gemeinsame Vision und den Experimentiergeist, die ihre Arbeit geprägt haben, hervorgehoben werden.

Claire Zeisler: Free Standing Yellow, 1968
Gift of David Lawrence Fagen, Richard Rees Fagen, and Edward A. Fagen in memory of Mildred and Abel Fagen.
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Einige Bauhäusler fanden ihren Weg nach Chicago, wo sie eine herausragende Rolle im Bildungswesen spielten.

Ausstellungsansicht
Claire Zeisler: Free Standing Yellow, Sheila Hicks: Rug, Angelo Testa: Whiskered Rug
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto: Valerie Heinz

Das heutige Institut für Design am IIT (Illinois Institute of Technology), das 1937 vom ehemaligen Bauhaus-Lehrer László Moholy-Nagy unter dem Namen ‘New Bauhaus’ gegründet wurde, machte die Stadt zu einem Zentrum der Innovation auf dem Gebiet Kunst und Design.

Sheila Hicks (hergestellt von V’SOSKE): Rug, um 1965
Gift of Sheila Hicks
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Tawney, Zeisler und Angelo Testa – deren Dekostoffe ebenfalls zu sehen sind – lernten alle an der Schule bei der Webmeisterin Marli Ehrman.

Ausstellungsansicht
Beatrice W. Swartchild: Panel, Claire Zeisler: Hanging, Trude Guermonprez: Sketch, Leonore Tawney: Landscape
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto: Valerie Heinz

Die Kuratorin des Kunstinstituts, Katharine Kuh, hatte sich schon lange für die Bauhäusler eingesetzt, bevor sie ihre Arbeiten in der 1935 von Kuh gegründeten ersten kommerziellen Galerie für moderne Kunst in Chicago gezeigt hatte.

Claire Zeisler: Hanging, 1950/91
Gift of Joan Binkley
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

 

Claire Zeisler: Hanging, Detail
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto: Valerie Heinz

Noch weitere Textilkünstler*innen waren mit der School of The Art Institute of Chicago verbunden, an der Else Regensteiner, die massgeblich an der Übernahme der funktionalen Bauhaus-Stile der Stoffe beteiligt war, von 1945 bis 1971 Professorin und später Direktorin der Weberei war.

Else Regensteiner: Glowing City, 1980s
Gift of Helga Sinaiko
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

 

Else Regensteiner: Glowing City, Detail
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto: Valerie Heinz

’Weaving beyond the Bauhaus’ beschwört den Geist der Künstler*innen herauf, die durch Wandtexte in der Ausstellung sowie originelle Postkarten, Korrespondenzen und Notizen ihre eigenen Geschichten erzählen.

Ausstellungsansicht
Leonore Tawney: Waters above the Firmament, Detail, Sheila Hicks: Eventail (Fächer), Ethel Stein: White Pinwheel und Hommage to Josef Albers, Claire Zeisler: Private Affair I, Else Regensteiner: Glowing City
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto: Valerie Heinz

Neben der Yale University und dem experimentellen Black Mountain College wurde das Institute of Design zum Brutkasten des Experimentierens mit Material und Form.

Ausstellungsansicht
Ethel Stein: White Pinwheel (1990) und Hommage to Josef Albers (1979)
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto: Valerie Heinz

Die Ausstellung spiegelt die Innovationen der Bewegung wider und ihre ‘spielerische Produktivität’, wie Albers es ausdrückte, zieht sich durch die ganze Ausstellung.

Ethel Stein: White Pinwheel, 1990
Gift of the artist
© Ethel Stein
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Gemeinsam öffneten die Bauhauskünstler*innen und ihre amerikanischen Landsleute das Weben – bisweilen über den Webstuhl hinaus, indem sie Materialien wie Cellophan und Metallfäden, Glasverzierungen, Leder und Kunststoffe, Perlen, Federn, Schieferstücke und Gummibänder unter Einbezug von Elementen der Malerei und Druckgrafik verarbeiteten – und riskierten dadurch die Anerkennung von Weberei und Textilien in der breiteren Kunstwelt.

Ausstellungsansicht
Yvonne Pacanovsky Bobrowicz: Cosmic Series Como, Lenore Tawney: The Bride Has Entered und Waters above the Firmament, Sheila Hicks: Eventail (Fächer)
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto: Valerie Heinz

Ziel von Erica Warren, Assistant Curator of Textiles, die die Ausstellung organisierte, ist es, dass die Besucher*innen ‘den experimentellen Geist der Bauhaus-Webwerkstatt erleben’.

Lenore Tawney: The Bride Has Entered, 1982
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Warren erklärt: ‘Die Beziehungen und Verbindungen zwischen den Künstler*innen werden durch die Gegenüberstellung von Kunstwerken veranschaulicht, so dass ihre gemeinsamen Ansätze in Bezug auf Design, Materialien, Techniken und Formen deutlich werden. Ich hoffe, dass die Ausstellung den Besuchern einen Eindruck von den vielfältigen Möglichkeiten gibt, die die Werke vereinen und die auch weiterhin in der Kunstwelt Resonanz finden.’

Lenore Tawney: The Bride Has Entered, Detail
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto: Valerie Heinz

Die Ausstellung ’Weaving beyond the Bauhaus’ zeichnet den tiefgreifenden Einfluss der deutschen Webereiwerkstatt auf die zeitgenössische amerikanische Kunst nach, indem sie die Künstler*innen über mehrere Generationen hinweg begleitet, als sie gemeinsam ihre Konzeptionen in Bezug auf Textilien erweiterten.

Ausstellungsansicht
Yvonne Pacanovsky Bobrowicz: Cosmic Series Como, Claire Zeisler: Private Affair I, Detail, Lenore Tawney: Waters above the Firmament, Sheila Hicks: Eventail (Fächer)
Weaving beyond the Bauhaus in The Art Institute of Chicago
Foto: Valerie Heinz

Herzlichen Dank an meine Tochter Valerie, die diese Ausstellung besuchte, mir ihre Eindrücke schilderte und ihre Fotos für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt hat.

Info:

3. August 2019 – 17. Februar 2020

Weaving beyond the Bauhaus

The Art Institute of Chicago
111 South Michigan Avenue
Chicago
IL 60603
USA

www.artic.edu

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Bauhaus Meister Moderne
DAS COMEBACK

Seit dem 29. September 2019 ist im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) das bisher grösste und ambitionierteste Projekt des Hauses zu sehen: ‘Bauhaus Meister Moderne. DAS COMEBACK’ feiert in einer üppigen Inszenierung die Kunst der Klassischen Moderne.

Plakat

Es ist die zentrale Kunstausstellung Sachsen-Anhalts im Bauhaus-Jubiläumsjahr und damit neben der Eröffnung des neuen Bauhaus Museums in Dessau-Roßlau einer der Höhepunkte des Jahres: Mit der grossen Sonderausstellung ‘Bauhaus Meister Moderne. DAS COMEBACK’ vereint das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) hochkarätige Meisterwerke aus internationalen Sammlungen mit bislang selten bzw. noch gar nicht gezeigten Werken aus den Museumsbeständen, unter anderem von Lyonel Feininger, Erich Heckel, Wassily Kandinsky, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, Oskar Kokoschka, El Lissitzky, Franz Marc, Emil Nolde, Christian Rohlfs.

El Lissitzky: Proun 6, um 1919-1920
Öl auf Leinwand, 81 x 59 cm
Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale),
Foto: Punctum/Bertram Kober, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Die Ausstellung ist dreiteílig angelegt. Auf über 1 000 qm strebt das Museum eine möglichst umfassende Rekonstruktion der verlorenen, 1937 beschlagnahmten Sammlung der Moderne an. ln der Weimarer Republik gehörte das Museum zu den bedeutendsten deutschen Ausstellungshäusern für zeitgenössische Kunst, der heute sog. klassischen Moderne, mit Werken von Vertretern unter anderem des Expressionismus und des Konstruktivismus.

Ernst Ludwig Kirchner: Damen im Café, 1914/15
Öl auf Leinwand, 70,5 x 76 cm
Brücke Museum Berlin
Foto: Nick Ash, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Es entstand eine einzigartige Kollektion, die das Museum zum Anziehungspunkt für nationale und internationale Gäste machte. Die Aktion ‘Entartete Kunst’ der Nationalsozialisten bereitete dieser Entwicklung ein Ende. Insgesamt gingen 147 Kunstwerke verloren, 15 konnten bis heute wieder zurückerworben werden.

Franz Marc: Eber und Sau, 1913
Öl auf Leinwand, 73,5 × 57,5 cm
Museum Ludwig, Köln, Schenkung Autohaus Jakob Fleischhauer Köln 1954
Foto: Rheinisches Bildarchiv, rba_c000967 – Museum Ludwig, Köln
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Jetzt sind für die Zeit von dreieinhalb Monaten, also noch bis zum 12. Januar 2020, 40 der verlorenen Arbeiten als Leihgaben aus öffentlichen und privaten internationalen Sammlungen aus den USA, Japan und zahlreichen Ländern Europas wieder zurückgekehrt und lassen zusammen mit den 1937 nicht beschlagnahmten Werken die Sammlung von einst wieder erstehen. Insgesamt vereint die Sammlungsrekonstruktion knapp 300 Werke der bildenden und angewandten Kunst.

Emil Nolde: Mulattin, 1913
Öl auf Leinwand, 77,5 x 73 cm
Harvard Art Museum/Busch-Reisinger Museum, G. David Thompson Fund
Foto: President and Fellows of Harvard College © Nolde Stiftung Seebüll
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt
Das Werk war seit der Beschlagnahme 1937 nur ein einziges Mal überhaupt 1982 ausserhalb der USA verliehen, und zwar nach West-Deutschland (Düsseldorf) – seither nie wieder – es ist also seit 37 Jahren das erste Mal, dass es wieder die USA verlässt und seit 1945 überhaupt erst das zweite Mal.

Komplettiert wird das aussergewöhnliche Comeback der historischen Moderne-Sammlung des Landeskunstmuseums Sachsen-Anhalts durch den digitalen Teil der Ausstellung. 1927 hatte Walter Gropius am Architekturwettbewerb der Stadt Halle (Saale) für eine moderne Stadtkrone teilgenommen. Aufgabe war es, auf einem 11 Hektar grossen Gelände hoch über der Saale einen Gebäudekomplex zu entwerfen, bestehend aus einer multifunktionalen Konzert- und Kongresshalle, einem modernen Sportforum und einem neuen Kunstmuseum für die Sammlungen des Kunstmuseums in der Moritzburg. Gropius’ Entwurf wurde nicht gewürdigt. Er war zu visíonär. Die Stadtkrone wurde nie realisiert.

3D-Visualisierung des Entwurfs ‘Hängende Gärten’ von Walter Gropius (1927)
Gesamtansicht des Areals auf Lehmanns Felsen
Autoren: Daniel Ackermann, Christine Fuhrmann, Bernd Hanisch
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Dank einer Kooperation mit dem Studiengang Multimedia | VR-Design der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle ist mittels Virtual Reality das Stadtkronen-Gelände sowie vor allem das von Walter Gropius entworfene Kunstmuseum erstmals begehbar. lm Inneren dieses beispielhaften Museumsprojektes der Moderne – es wäre 30 Jahre vor der Errichtung von Frank Lloyd Wrights New Yorker Guggenheim Museum der Museumsbau der Moderne geworden – ist die Sammlung der Moderne des halleschen Museums in fünf Ausstellungshallen in kuratierter Form zu erleben, darunter zahlreiche Werke, die heute nicht mehr reisen dürfen bzw. zerstört oder in ihrem Verbleib unbekannt sind.

3D-Visualisierung des Entwurfs ‘Hängende Gärten’ von Walter Gropius (1927)
Blick in die Ausstellung im Inneren
Autoren: Daniel Ackermann, Christine Fuhrmann, Bernd Hanisch
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Zu sehen sind: die vollständige Halle-Serie Lyonel Feiningers, die vollständige Sammlung Ludwig und Rosy Fischer, die Highlights der Sammlung, sämtliche 1937 als ‘entartet’ beschlagnahmte Werke, mehr als 80 3-D-Objekte (Plastiken, Skulpturen, Kunsthandwerk). Hierfür wurden mehr als 400 Kunstwerke gescannt, fotografiert und in 3-D modelliert sowie in die neuen virtuellen Ausstellungsräume integriert.

Lili Schultz: Schale, um 1931
Kupfer, geätzt, Grubenschmelz, vergoldet, Höhe: 6 cm, Durchmesser: 14,7 cm
Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
Foto: Klaus E. Göltz © Nachlass Lili Schultz
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Das virtuelle Gropius-Museum setzt den Ausstellungsrundgang auf der Empore im Westflügel mit dem sogenannten Fenster zur Stadt fort, durch das man auf jene Hauptwerke der Architekturgeschichte der Stadt Halle (Saale) blickt, die die Motive des Gemälde-Zyklusses von Lyonel Feininger bilden.

Ilse Scharge-Nebel / Oberlausitzer Glaswerke: Fische, 1936
Glas, Diamant gestippt, Höhe 11,2 cm
Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
Foto: Punctum/Bertram Kober © Nachlass Ilse Scharge-Nebel
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Ergänzt wird die Ausstellung in der grossen Box im 2. Obergeschoss des Westflügels der Moritzburg durch eine Präsentation von Meisterwerken der fünf Bauhaus-Meister Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Georg Muche und Oskar Schlemmer.

Oskar Schlemmer: Geländer-Szene I, 1931
Aquarell über Bleistift auf Papier, 54 × 36 cm
Albertina Wien, Sammlung Forberg
Foto: Peter Schälchli, Zürich – Inv. DL320
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Bis auf Muche waren und sind alle Künstler mit repräsentativen Werken in der Sammlung des Museums vertreten. Mit selten und zum Teil erstmals zu sehenden Meisterwerken aus internationalen Sammlungen wird ihr Schaffen während der 14 Jahre des Bestehens des Bauhauses in Weimar, Dessau und Berlin in einer eindrucksvollen Inszenierung erlebbar.

Georg Muche: Bild mit dem Gittermotiv in der Mitte, 1919
Öl auf Leinwand, 138,5 × 95 cm
Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, 1966 erworben durch das Land Berlin
Foto: bpk / Nationalgalerie, SMB / Jörg P. Anders ©Bauhaus-Archiv Berlin
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Die interaktive Ausstellung ‘rot, gelb, blau. Das Bauhaus für Kinder’ im Kabinett der sog. Westbox richtet sich an Kinder von 6 bis 12 Jahren und steht unter dem Motto: Das Bauhaus war eine Schule!

Key Visual

Meister des Bauhauses standen Pate für die verschiedensten Exponate. So können die jungen Museumsgäste Bilder von Lyonel Feininger nachempfinden und auch Formen selber zusammenstellen, Licht, Farbe und Schatten erleben in einer Station von László Moholy-Nagy, gross zeichnen wie Johannes ltten, sich verkleiden und tanzen wie die Figuren von Oskar Schlemmer, weben wie Gunta Stölzl, Metallstäbe biegen wie Marcel Breuer und Mart Stam und der Form eines Stahlrohrstuhles mit einem ‘elektrischen Draht’ nachspüren. lm Büro von Walter Gropius werden Meisterhäuser im Massstab gebaut, auch können typische Materialien, die am Bauhaus verwendet wurden, erspürt und in der Druckerei eine Schablonenschrift à la Joost Schmidt kreativ angewandt werden. An einer Hörstation gibt es Geschichten über die Akteure am Bauhaus zu erfahren.

Die Exponate und die Ausstellung wurden konzipiert, gestaltet und umgesetzt von 14 Studierenden des Studiengangs Spiel- und Lerndesign der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle unter der Leitung von Stefanie Kretschmer und Prof. Karin Schmidt-Ruhland

© MEISSEN
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Die Ausstellungseröffnung geht einher mit der Weltpremiere der Meissen x Wassily Kandinsky Edition. 100 Jahren nach ihrer Entstehung hat die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) gemeinsam mit der Porzellanmanufaktur Meissen die sechs Dekor-Entwürfe realisiert, die Wassily Kandinsky um 1920 in Moskau schuf. Sie befinden sich seit den späten 1920er Jahren in der Museumssammlung und sind Teil der Ausstellung.

Die Ausstellung wird von einem umfangreichen Programm sowie Katalog und Audioguide begleitet, vgl. die Website des Museums.

Info:

29. September 2019 – 12. Januar 2020

Bauhaus Meister Moderne
DAS COMEBACK

Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
Friedemann-Bach-Platz 5
06108 Halle (Saale)
Deutschland

www.kunstmuseum-moritzburg.de

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bauhaus imaginista

100 Jahre Bauhaus – Bern feiert seine Meister und ist Bauhaus-Zentrum der Schweiz. Ein bedeutendes Kapitel der Architektur- und Designgeschichte feiert sein 100-jähriges Jubiläum. Die Berner Johannes ltten und Paul Klee gehörten zu den ersten Bauhaus-Meistern und prägten die 1919 in Weimar gegründete Schule massgeblich mit.

Paul Klee (1879–1940): Monument im Fruchtland, 1929, 41
Aquarell und Bleistift auf Papier auf Karton, 45,7 x 30,8 cm
Zentrum Paul Klee, Bern
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Obwohl sie nur 14 Jahre bestand, wirkt die legendäre Schule für Gestaltung weltweit bis in die Gegenwart fort. Mit der Ausstellung ‘bauhaus imaginista’ wird erstmals die globale Rezeptionsgeschichte des Bauhauses untersucht und eine neue Sicht auf das Bauhaus vermittelt.

Takehiko Mizutani (1903–1969): Studie zum Simultankontrast aus dem Unterricht von Josef Albers, 1927
Deckfarbe auf Karton, 76,5 x 55,5 cm
Bauhaus-Archiv Berlin
Foto: Markus Hawlik, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

‘bauhaus imaginista’ verlässt zum hundertjährigen Jubiläum den nationalen Rahmen und versteht die Moderne als ein kosmopolitisches Projekt, das durch transkulturellen Austausch entstanden ist und bis heute weiterwirkt. Bauhäusler*innen unterhielten Verbindungen in die ganze Welt. Die Ausstellung ‘bauhaus imaginista’ schlägt eine neue Lesart des Bauhauses als globaler Resonanzraum vor: Das Forschungs- und Ausstellungsprojekt versteht das Bauhaus als Teil einer Moderne, die aus der Begegnung und dem Austausch verschiedener Kulturen ihre Impulse bezog. Hier ist der Transfer von Ideen keine Geschichte von Einfluss und Wirkung, sondern der internationalen Verflechtung. Dabei geht die Ausstellung den länderübergreifenden Beziehungen, Korrespondenzen und Migrationsgeschichten nach, die auch nach der Schliessung des Bauhauses durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 andauerten.

Robyn Beeche (1945–2015): Vidal Sassoon: Bauhaus. Make-up by Phyllis Cohen, 1986
Fotografie (Reproduktion)
Robyn Beeche Foundation, Australia
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Mit der Verortung im internationalen Kontext ähnlich gesinnter Vorhaben diskutiert die Ausstellung ‘bauhaus imaginista’ auch avantgardistische Kunstschulen in Indien und Japan als Parallelgeschichten moderner Bildungsreformen. Gleichzeitig thematisiert die Ausstellung das Studium vormodernen Handwerks am Bauhaus und von Bauhäusler*innen im nord- und mittelamerikanischen Exil sowie die Politisierung der Bauhaus-Ideen im postrevolutionären Mexiko und im postkolonialen, unabhängigen Marokko und Brasilien. Die Schau verweist auf Übersetzungen von Gestaltungsansätzen des Bauhauses in China, Nigeria und in der Sowjetunion. Sie zeigt ebenso, wie der innovative Gebrauch von Medien am Bauhaus Gegenwartskunst und Popkultur bis heute prägt.

Universität Ife (Obafemi Awolowo-Universität), Iffe-Ife, Osun, Nigeria, Ende der 1960er-Jahre
Arieh Sharon Digital Archive, the Yael Aloni Collection
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

‘Man denkt, alles sei über das Bauhaus erzählt worden. Doch diese Ausstellung eröffnet eine völlig neue, überraschende Sicht auf die globalen Verflechtungen der Schule’
Fabienne Eggelhöfer, Chefkuratorin / Leiterin Sammlung, Ausstellungen, Forschung Zentrum Paul Klee

Otto Lindig (1895–1966): Teekanne, vor 1933
Keramik, 16,7 x 18 cm
Museum für Gestaltung Zürich / Kunstgewerbesammlung / Zürcher Hochschule der Künste
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Die Jubiläumsausstellung im Zentrum Paul Klee besteht aus vier Kapiteln, die in den vergangenen zwei Jahren in unterschiedlichen Formaten wie Ausstellungen, Workshops und Konferenzen in Hangzhou, Kyoto und Tokio, Sao Paulo, Lagos, Delhi, New York, Moskau, Rabat sowie Berlin erarbeitet wurden. Jedes Kapitel geht von einem konkreten Bauhaus-Objekt aus: dem Bauhaus-Manifest von 1919, einer Werbeanzeige von Marcel Breuer, der Zeichnung ‘Teppich’ [1927] von Paul Klee und den ‘Reflektorischen Farblichtspielen’ von Kurt Schwerdtfeger. Diese Objekte sind Ausgangspunkte für spezifische Fragestellungen von ‘bauhaus imaginista’, über die transnationale Bezüge, Kontexte und Querverweise zu zeitgenössischen Debatten geschaffen werden.

Kurt Schwerdtfeger (1897–1966): Reflektorische Farblichtspiele, 1922
Lichtperformance, Detailfoto des rekonstruierten Apparats von 2016
Courtesy of Microscope Gallery and Kurt Schwerdtfeger Estate
Foto: © 2016 Microscope Gallery
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

‘Das Bauhaus hat heute, das zeigt auch diese Ausstellung, eine nicht nur internationale, sondern tatsächlich globale Bedeutung. Zugleich dürfen wir darauf stolz sein, dass es entscheidende Schweizer Wurzeln hat – und mit Johannes Itten und Paul Klee gehörten gleich zwei Berner zu den ersten Bauhausmeistern. Mit den beiden Ausstellungen ‘Johannes ltten. Kunst als Leben’ im Kunstmuseum Bern und ‘bauhaus imaginista’ im Zentrum Paul Klee zeigen wir hier in Bern die gesamte Spannbreite des Themas im Jubiläumsjahr.’
Nina Zimmer, Direktorin Kunstmuseum Bern – Zentrum Paul Klee

M. P. Ranjan (*1950): Bambus-Würfelhocker, o. J.
Bambus
Oberer Stuhl 43 x 43 x 43 cm; unterer Stuhl 36 x 52 x 52 cm
National Institute of Design, Knowledge Management Center, Archive Collection
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

‘bauhaus imaginista’ ist eine Zusammenarbeit zwischen der Bauhaus Kooperation Berlin Dessau Weimar, dem Goethe-Institut und dem Haus der Kulturen der Welt, Berlin. Das Forschungsproiekt mit verschiedenen Ausstellungsstationen findet anlässlich des 100-jährigen Gründungsjubiläums des Bauhauses statt. ‘bauhaus imaginista’ wurde ermöglicht durch Mittel der Beauftragten der deutschen Bundesregierung für Kultur und Medien. Die Kulturstiftung des Bundes unterstützte die Ausstellung in Berlin, das deutsche Auswärtige Amt die Auslandsstationen.

Die Ausstellung wurde für das Zentrum Paul Klee erweitert und kuratiert von Marion von Osten, Grant Watson und Fabienne Eggelhöfer.

Publikation erhältlich.

Takehiko Mizutani (1903–1969): Studie zum Simultankontrast aus dem Unterricht von Josef Albers, 1927
Deckfarbe auf Karton, 80,4 x 55 cm
Bauhaus-Archiv Berlin
Foto: Markus Hawlik, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Im Zusammenhang mit der Ausstellung ‘bauhaus imaginista’ im Zentrum Paul Klee zur Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte des praktischen und pädagogischen Bauhausgedankens ausserhalb Europas und vor dem Hintergrund des 100-Jahr-Jubiläums des Bauhauses schlägt das Kindermuseum Creaviva mit drei Ideen eine spielerisch-kreative Brücke von den Ateliers hinauf in den Ausstellungsraum.

‘Welt neu denken’ heisst die von Architekt und Creaviva-Kunstvermittler René Rios in Zusammenarbeit mit Janine Aebi, der Gründerin des Kindermuseums im Zentrum Paul Klee und Stiftungsratspräsidentin der Fondation du Musée des Enfants FME konzipierte interaktive Ausstellung.

ln drei in den bauhaustypischen Primärfarben begehbaren Würfeln geht es um die Themen Malerei, Architektur und Grafik. Eine freie Darstellung des Zeitungskiosks von Herber Bayer beleuchtet zudem die Disziplinen Zeichnung, Architektur und Webkunst.

Die interaktiven Ausstellungen im Creaviva, die kostenlos zugänglich sind, richten sich an ein Mehrgenerationenpublikum, welches sich Themen aus Kunst und Kultur auf spielerisch-gestalterische Weise nähern will.

Info:

20. September 2019 – 12. Januar 2020

bauhaus imaginista

Zentrum Paul Klee
Monument im Fruchtland 3
3000 Bern
Schweiz

www.zpk.org

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Johannes Itten: Kunst als Leben
Bauhausutopien und Dokumente der Wirklichkeit

Im Bauhaus-Jubiläumsjahr 2019 widmet das Kunstmuseum Bern dem bedeutenden Schweizer Künstler und Bauhaus-Meister Johannes Itten noch bis zum 2. Februar 2020 eine Ausstellung, die zum ersten Mal das utopische Projekt Ittens, Leben und Kunst auf ganzheitliche Weise zu verschmelzen, ins Auge fasst.

Wie nur bei wenigen Künstlern sind für Johannes Itten Kunst und Leben eng miteinander verbunden: Vielfältig spiegeln sich persönliche Erlebnisse und weltanschauliche Reflexionen in seiner Kunst. Schon bei der Gründung des Bauhauses hat sich Johannes Itten als Künstler mit dem Konzept, in allen Kunstformen eine ‘höchst mögliche Entmaterialisierung der Einzeldinge’ zu erreichen, radikal positioniert und diese Gedanken programmatisch im berühmten Bauhaus-Almanach ‘Utopia. Dokumente der Wirklichkeit’ formuliert.

Im Zusammenspiel von Schlüsselwerken seines malerischen Werks mit zahlreichen Seiten aus seinen Tagebüchern wirft die Ausstellung einen neuen Blick auf Ittens bislang unbekannte Form der zeichnerischen Welterschliessung und auf seine hiervon ausgehenden künstlerischen Werkprozesse.

Zentrale Exponate sind die neu erforschten und bislang nicht in diesem Umfang ausgestellten Tagebücher, die ab 1913 seine künstlerische Praxis begleiten und zugleich Skizzenbücher Ittens sind, die als Blöcke von mehreren Hundert Seiten erstmals in ihrer ganzen thematischen Bandbreite gezeigt werden: Dort sind nicht nur Ittens bahnbrechende kunsttheoretischen Überlegungen u.a. zu seiner Farbenlehre nachzuvollziehen, sondern auch seine Gedanken zu einer Elementarlehre der Kunst, seine in diesem Ausmass unbekannten Studien zu Alten Meistern, aber auch Lektürespuren zu esoterischen und naturwissenschaftlichen Ideen seiner Zeit.

Diese Ideen verbinden sich mit seinen Notizen zum Lebensalltag, genauen Notaten und Skizzen: etwa von der Geburt seines Sohnes, die er als Künstler und Vater skizzierend dokumentierte. Vorstellungen von vegetarischer Ernährung, Atemlehre, rhythmischer Gymnastik und anderen aktuellen Elementen einer lebensreformatorischen Transformation des Lebens in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts sind hier präsent.

Untrennbar mit seinem Kunstverständnis verbunden sind jedoch auch kulturhistorische Entwicklungsvorstellungen, die besonders in seinen Vorträgen deutlich rassistische Züge tragen – davon zeugen ebenfalls ausgestellte Vortragsmanuskripte der 1920er Jahre. In für uns heute befremdlichen Formulierungen von der ‘Weissen Rasse, die Gott in sich erkannte’ geben sie Einblick in elitistische Denkstrukturen, die in Kreisen der europäischen Avantgarde weit verbreitet waren. Itten zeigt sich hier u. a. geprägt von theosophischen Weltentwürfen und Entwicklungsvorstellungen der Mazdaznanlehre, die gerade durch den intensivierten Kontakt mit anderen Weltkulturen in der Epoche des Kolonialismus anfangs des 20. Jahrhunderts Hochkonjunktur hatten.

Die zahlreichen Skizzen zeigen zugleich eine faszinierende Bandbreite bildkünstlerischer Darstellungsformen zwischen Abstraktion, diagrammatischer Reduktion, Collage und figürlicher Darstellung, die den üblichen Narrativen von einer Entwicklung der Avantgardekunst widerspricht. Die als Rundgang angelegte Ausstellung entlang Johannes Ittens Lebensstationen von 1913 bis 1938 ermöglicht es, neue Facetten des Künstlers und seines vielfältigen Schaffens zu entdecken.

Die Ausstellung spürt Ittens Entfaltung von den Anfängen in der Schweiz über seine Lebensstationen in Stuttgart, Wien, Weimar und Herrliberg nach und umfasst auch seine bisher wenig beleuchteten Engagements in Berlin, Krefeld und Amsterdam, bevor er, als ‘entarteter’ Künstler in Deutschland gebrandmarkt, in die Schweiz zurückkehrt.

Kuratoren: Nina Zimmer und Christoph Wagner

Eine Ausstellung des Kunstmuseum Bern. Sie wird im Anschluss (8. März – 28. Juni 2020) im Kunstforum Hermann Stenner in Bielefeld gezeigt.

Besonders hinweisen möchte ich auf die sehenswerten Videos auf der Website des Museums: Es gibt verschiedene kurze Einblicke in die Ausstellung, aber auch umfassendere Informationen (Fernsehbeiträge) zu entdecken.

Info:
30. August 2019 – 2. Februar 2020

Johannes Itten: Kunst als Leben
Bauhausutopien und Dokumente der Wirklichkeit

Kunstmuseum Bern
Hodlerstrasse 12
3011 Bern
Schweiz

www.kunstmuseumbern.ch

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ICH BIN GANZ VON GLAS. Marianne Brandt und die gläserne Kunst von heute

Noch bis zum 1. Dezember 2019 zeigt das Industriemuseum Chemnitz die Ausstellung ‘ICH BIN GANZ VON GLAS. Marianne Brandt und die gläserne Kunst von heute’. Diese Ausstellung ist ein Projekt des Kunstvereins Villa Arte in Kooperation mit dem Industriemuseum Chemnitz und widmet sich in besonderer Weise dem Werkstoff Glas. Anlässlich des Jubiläums ‘100 Jahre Bauhaus’ vereint die Ausstellung Arbeiten der Chemnitzer Bauhaus-Künstlerin Marianne Brandt mit den Ergebnissen des 7. Internationalen Marianne Brandt Wettbewerbs und Glasschätzen Chemnitzer Bürger*innen.

Marianne Brandt: Selbstportrait in der Spiegelkugel, 1927
© 2019 Internationaler Marianne Brandt Wettbewerb
Foto freundlicherweise vom Veranstalter Kunstverein VILLA ARTE e.V. zur Verfügung gestellt

Weltweit erinnern Ausstellungen und Veranstaltungen in diesem Jahr an das 100-jährige Gründungsjubiläum des Bauhauses. In Chemnitz erinnert die Ausstellung ‘ICH BIN GANZ VON GLAS. Marianne Brandt und die gläserne Kunst von heute’ an die bedeutende Tochter der Stadt. Der Fokus der Ausstellung ist auf die funktionalen und metaphorischen Möglichkeiten des Werkstoffs Glas gerichtet. Der Ausstellungstitel greift das Zitat ‘Ich bin ganz von Glas’ aus einem nicht veröffentlichten Gedicht von Marianne Brandt aus dem Jahr 1922 auf.

Metallkugel mit Karaffe und Likörgläsern der Bauhaus-Künstlerin Marianne Brandt, zwischen 1929 bis 1932 Hersteller: Ruppelwerk GmbH Metallwarenfabrik Gotha
Foto: Archiv Industriemuseum Chemnitz
Sonderausstellung ‘Ich bin ganz von Glas’
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

‘Ich bin ganz von Glas’, schrieb Marianne Brandt 1922 in einem ihrer Gedichte – ein Jahr, bevor sie sich dazu entschloss, am Bauhaus in Weimar die Malerei aufzugeben und zur Gestalterin nützlicher Dinge zu werden. Am Bauhaus wollte sie alles andere als zerbrechlich erscheinen; auch nicht zart und weich, d.h. auf keinen Fall den Klischees von Weiblichkeit entsprechen, die damals auch unter den Männern des Bauhauses vorherrschten. So behauptete sie sich am Bauhaus nicht nur als einzige Frau in der harten metallgestalterischen Arbeit, sondern schuf in Weimar zahlreiche Gefässe – wie das aus strenger Kugelgeometrie entwickelte ‘Tee-Extraktkännchen’- und andere Objekte, die heute als Design-Ikonen gelten.

Tischlampe der Bauhaus-Künstlerin Marianne Brandt, zwischen 1929 und 1932
Hersteller: Ruppelwerk GmbH Metallwarenfabrik Gotha
Foto: Archiv Industriemuseum Chemnitz, Fotografin: Daniela Schleich
Sonderausstellung ‘Ich bin ganz von Glas’
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Glas war für das Bauhaus nicht nur ein utopisches Baumaterial, das offene, lichtdurchflutete Räume für ein neues modernes Lebensgefühl verhiess. Es war insbesondere für László Moholy-Nagy – den wichtigsten Lehrer Marianne Brandts – auch das Medium eines grundsätzlich neuen Gestaltens von Räumen, Objekten und Bildern mit Licht.

Stefanie Pluta: Tape Studies
Preisträgerin in der Kategorie Fotografie
7. Internationalen Marianne Brandt Wettbewerb
Foto: Stefanie Pluta
Sonderausstellung ‘Ich bin ganz von Glas’
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt
Die Arbeit Tape Studies besteht aus Fotografien, die 2018 am Duisburger Hauptbahnhof entstanden sind. Zwischen den Jahren 1931 und 1934 im funktionalistischen Stil erbaut, erscheint die damals hochmoderne Gleishalle, eine schwebende Konstruktion aus Stahl und Glas, heute in desolatem Zustand. Die Glasfassaden der Bahnsteigkonstruktion sind grösstenteils beschädigt und mit Klebeband geflickt. Dadurch entstehen grafische Muster, die wie ein rätselhaftes,eigenständiges Zeichensystem wirken. Tape Studies ist eine fotografische Annäherung an diesen Ort zwischen Transformation und Stagnation.

Zu Inhalt und Anliegen der Ausstellung meint Linda Pense, künstlerische Leiterin des Wettbewerbs und der Ausstellung: ‘Das durchsichtige Glas galt in der klassischen Moderne und am Bauhaus als Vorzeichen einer demokratischen und transparenten Gesellschaft. Auch heute sind Künstler und Künstlerinnen sowie Gestalter und Gestalterinnen davon fasziniert, dass uns Glas wie kein anderes Material die Welt sichtbar macht – sei es durch Fenster, Linsen oder Screens. Deshalb erforschen sie dieses physikalisch durchaus rätselhafte und fragile Material immer wieder neu. Sie experimentieren dazu mit traditioneller Glasbläserei ebenso wie mit digitalen Verfahren. Dabei entstehen vielfältige praktische Dinge und metaphorische Bilder. Zusammen gesehen – wie in unserer Ausstellung – zeigt sich schliesslich, wie Glas unseren Alltag nicht nur funktional durchdringt, sondern zugleich auch poetisch zu reflektieren vermag.’

Ritchie Riediger: The chromatic circle of Johannes Itten
© 2019 Internationaler Marianne Brandt Wettbewerb
Foto freundlicherweise vom Veranstalter Kunstverein VILLA ARTE e.V. zur Verfügung gestellt

Auf der ganzen Welt sind die Arbeiten der Bauhäuslerin, Gestalterin und Künstlerin Marianne Brandt heute in bedeutenden Museen und Sammlungen zu finden. Doch Marianne Brandts Erbe ist längst nicht nur ein Stück Designgeschichte — in ihrer Heimatstadt Chemnitz kommen heute alle drei Jahre junge, internationale Gestalter*innen und Künstler*innen zusammen, um zu zeigen, wie sie gegenwärtig im Spannungsfeld von Design und Kunst arbeiten. Der 2001 begründete und seitdem vom Villa Arte e.V. Chemnitz ausgerichtete Internationale Marianne Brandt Wettbewerb kürt dabei nicht nur Produktentwürfe, sondern auch Fotografien und andere künstlerische Formate. Unter dem Motto ‘Die Poesie des Funktionalen’ geht der Preis weltweit der Frage nach, wo und wie in Marianne Brandts einstigen Wirkungsfeldern heute Projekte entstehen, die zugleich nützlich und inspirierend sind.

Michael Lapper: mirbaun
Nominierung zum 7. Internationalen Marianne Brandt Wettbewerb
Foto: Michael Lapper
Sonderausstellung ‘Ich bin ganz von Glas’
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Von insgesamt 354 Teilnehmenden aus 37 Ländern hat das internationale Kuratorium in diesem Jahr 60 Bewerber*innen nominiert, deren Arbeiten in den Kategorien Produktgestaltung, Fotografie und Versuchsanordnung zu sehen sind. Dabei korrespondieren die Arbeiten auch mit fotografischen, gestalterischen und künstlerischen Arbeiten der Chemnitzerin Marianne Brandt. In einem eigenen Bereich innerhalb der Ausstellung sind neben Fotografien, Leuchten, Textdokumenten und Entwurfszeichnungen aus ihrer Zeit am Bauhaus auch Mobiliar aus ihrer Wohnung und bislang kaum ausgestellte Entwürfe aus den 1950er Jahren zu sehen. Dabei handelt es sich um Leihgaben aus den Sammlungen von Bernd Freese und der Marianne Brandt-Gesellschaft sowie um Bestände des Industriemuseums Chemnitz.

Stephane Dupont: Alphabet – Brandt – eine Hommage
Nominierung zum 7. Internationalen Marianne Brandt Wettbewerb
Foto: Stephane Dupont
Sonderausstellung ‘Ich bin ganz von Glas’
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Zudem waren Chemnitzer Bürger*innen aufgerufen, sich mit persönlichen gläsernen Erinnerungsstücken und deren Geschichten an der Ausstellung zu beteiligen. Der Kunstverein Villa Arte und der Klub Solitaer haben in mehrmonatiger Arbeit diese Glasschätze zusammengetragen und ausgewählt.

Die Ausstellung wird von einem umfangreichen museumspädagogischen Programm mit Workshops, Führungen, Abendveranstaltungen für alle Altersgruppen und Ferienangeboten für Kinder und Jugendliche begleitet.

Ein Katalog ist erhältlich.

Info:

28. September – 1. Dezember 2019

ICH BIN GANZ VON GLAS. Marianne Brandt und die gläserne Kunst von heute

Sächsisches Industriemuseum
Zwickauer Strasse 119
09112 Chemnitz
Deutschland

www.web.saechsisches-industriemuseum.com
www.marianne-brandt-wettbewerb.de

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Bauhaus-Stoffe als Inspiration – Vom Muster zur Kollektion

Das vor 100 Jahren gegründete Bauhaus setzte entscheidende Impulse für die Entwicklung und Professionalisierung des Textildesigns. Die Weberei war die am längsten existierende und erfolgreichste Bauhaus-Werkstatt. Gunta Stölzl (1897–1983), die am Bauhaus in Weimar studierte und von 1927 bis 1931 als erste Meisterin die Webereiwerkstatt in Dessau leitete, hat eine umfangreiche Sammlung von Entwürfen, Zeichnungen und Arbeitsproben hinterlassen. Davon inspiriert haben Studierende der Universität Osnabrück, begleitet von der Textildesignerin Lucia Schwalenberg, eine exklusive Kollektion von Wolldecken geschaffen, die auf dem 100 Jahre alten Jacquardwebstuhl im Museum gewebt werden.

Bauhaus-Stoffe als Inspiration – Vom Muster zur Kollektion
Ausstellung bis Sonntag, 3.11.2019 im Tuchmacher Museum Bramsche
Foto: TMB, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Die Präsentation ‘Bauhaus-Stoffe als Inspiration – vom Muster zur Kollektion’ ist bis Sonntag, 3. November 2019 verlängert worden. Bis dahin kann noch der gesamte Prozess der Herstellung von Wolldecken – vom Entwurf, über die Bemusterung, die Patronenzeichnung und das Schlagen der Lochkarten bis zum-Weben – in der Kornmühle und im authentischen Maschinensaal des Museums mitverfolgt werden.

Die Präsentation war Teil der umfassenderen Ausstellung ‘Auf den zweiten Blick’, die am 8. September 2019 endete. Hier geht’s zu meinem ausführlichen Bericht.

Weitere Infomationen zu Gunta Stölzl findet man in den Ausstellungstipps August 2019 im Beitrag über die Ausstellung ‘Gunta Stölzl – 100 Jahre Bauhaus-Stoffe’ im Groninger Museum.

Info:

bis zum 3. November 2019

Bauhaus-Stoffe als Inspiration – Vom Muster zur Kollektion

Tuchmacher Museum Bramsche
Mühlenort 6
49565 Bramsche
Deutschland

www.tuchmachermuseum.de

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original bauhaus
Die Jubiläumsausstellung in Berlin

Das Bauhaus bestand in Deutschland nur 14 Jahre, seine Ideen werden jedoch seit 100 Jahren weitergetra­gen, seine Produkte neu aufgelegt, imitiert oder weiter­entwickelt. Anlässlich des 100. Gründungsjubiläums des Bauhauses zeigt die Ausstellung des Bauhaus­Archiv / Museum für Gestaltung in der Berlinischen Galerie noch bis zum 27. Januar 2020 über 1.000 berühmte, bekannte und vergessene Bauhaus­-Originale und erzählt die Geschichte hinter den Objekten. Zu sehen sind Kunst und Design aus den Beständen des Bauhaus­Archivs, besondere Leihgaben aus interna­tionalen Sammlungen und künstlerische Positionen, die das Bauhaus­Erbe neu betrachten.

Sitzende mit Bühnenmaske von Oskar Schlemmer im Stahlrohrsessel von Marcel Breuer, um 1926
Foto: Erich Consemüller, Bauhaus-Archiv Berlin / © Dr. Stephan Consemüller
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Ausgehend von 14 Schlüsselobjekten entfaltet die Ausstellung 14 Fallgeschichten: Wie wurde die Sitzende im Stahlrohrsessel zur berühmtesten Unbekannten des Bauhauses? Hat das ‘Haus Am Horn’ in Weimar einen heimlichen Zwilling? Wieso blieb Marianne Brandts Tee­-Extraktkännchen, als Prototyp für die Industrie geschaffen, immer Unikat?

‘original bauhaus’ beleuchtet, wie Unikat und Serie, Remake und Original in der Geschichte des Bauhauses unzertrennlich verbunden sind. Denn für die Bauhaus-­Künstler*innen waren Kunst und Technik keine Gegensätze. Vielmehr haben sie technische Innovationen genutzt, um einzigartige Kunst­werke zu schaffen, und die serielle Fertigung bei ihren Gestaltungsentwürfen von Anfang an mitgedacht.

Uli Aigner: aus der Serie One Million
Edition original bauhaus, 2019
Porzellan
© Uli Aigner
Foto: Catrin Schmitt, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

14 Jahren Bauhaus­-Produktion stehen heute fast 100 Jahre Bauhaus-­Rezeption gegenüber: Reproduk­tionen, Re-­Editionen und Remakes haben das Bauhaus zur einflussreichsten Schule für Architektur, Design und Kunst im 20. Jahrhundert gemacht.

Ausstellungsansicht ‘original bauhaus’ mit
Oskar Schlemmer: massidentische Werkzeichnung für das Gemälde ‘Bauhaustreppe’, 1932
Carl (Casca) Schlemmer: Bauhaustreppe, 1958
Delia Keller: Die Bauhaustreppe, 2000
Brian O’Leary: Study for Senta Clinic Mural, 2015
Foto: Catrin Schmitt, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Inklusive Ausstellungsstationen ermöglichen es allen Besucher*innen, die haptischen Qualitäten von Bauhaus­-Objekten zu erfahren. In Kooperation mit dem ‘Bauhaus Agenten Programm’ lädt die Ausstellung die Besucher*innen ein, Übungen aus dem Vorkurs­-Unterricht des Bauhauses selbst zu erproben. Darüber hinaus bieten internationale Expert*innen aus den Bereichen Tanz, Fotografie, Papierkunst, Architektur oder Atemtechnik jeden Sonntag Workshops zum Thema ‘Vorkurs’ an.

Begleitend zur Ausstellung finden ein internationales Symposium, Künstlergespräche und Bauhaus-­Film­abende statt. Es erscheinen ein Katalog und das ‘original bauhaus’ Übungsbuch, das die wichtigsten Vorkurs­-Übungen erstmals in einer Publikation versammelt.

Info:

6. September 2019 – 27. Januar 2020

original bauhaus
Die Jubiläumsausstellung des Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung in Kooperation mit der Berlinischen Galerie

Berlinische Galerie
Alte Jakobstrasse 124 – 128
10969 Berlin
Deutschland

www.berlinischegalerie.de

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Frauen am Bauhaus 
Galerieausstellung

Das 1919 gegründete Bauhaus war für viele Studierende ein Versprechen. Es zog auch zahlreiche Studentinnen an, die – ebenso wie ihre männlichen Kommilitonen – zunächst den Vorkurs durchliefen, bevor sie ihre Ausbildung in den Werkstätten für Reklame, Metall und Keramik, in der Wandmalerei und Architektur oder in der Möbel- und Ausbauwerkstatt und bekanntermassen in der Weberei fortsetzten. Zahlreiche von ihnen waren hervorragende Fotografinnen. Auch wenn nicht jeder berufliche Traum in Erfüllung ging, so haben die Studentinnen von den innovativen Unterrichtsmethoden profitiert und diese auch teilweise in ihrer eigenen Lehre fortgeführt; sie haben am Bauhaus (und darüber hinaus) einzigartige Werke geschaffen, die bis heute unser Bild von der Moderne prägen.

In der Galerieausstellung im temporary stellt das bauhaus-archiv / museum für gestaltung rund 60 Bauhäuslerinnen in Bildern vor.

Info:

bis 31. Oktober 2019

Frauen am Bauhaus 
Galerieausstellung

the temporary bauhaus-archiv / museum für gestaltung
Knesebeckstrasse 1-2
10623 Berlin-Charlottenburg
Deutschland

www.bauhaus.de

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Bauhaus& | Modern Textiel in Nederland
Bauhaus& | Modern Textiles in The Netherlands

2019 jährt sich die Gründung des Bauhauses in Deutschland zum 100. Mal und die Ideen und Unterrichtsmethoden der Schule finden noch immer auf der ganzen Welt Anklang. Die moderne und idealistische Designphilosophie prägte auch die niederländischen Textilien. Die noch bis zum 3. November 2019 laufende Ausstellung ‘Bauhaus& | Modern Textiel in Nederland’ im TextielMuseum Tilburg unterstreicht den Einfluss des Bauhauses auf das niederländische Textildesign und zeichnet dessen Geschichte von der Vergangenheit bis in die Gegenwart nach.

Key Visual (2018)
Collection TextielMuseum: Stoff Otti Berger, ‘Carré’, 1930 [1974]
Ausführung: Storck Van Besouw (Goirle) for Cassina, Milan
Foto: KLUNDERBIE i.o.v. TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Eine Handvoll Bauhäusler, wie die Student*innen genannt wurden, absolvierte die Ausbildung in der Weberei-Werkstatt des Bauhauses in Dessau und kam in die Niederlande, um dort zu arbeiten. Sie inspirierten nachfolgende Generationen von Textildesigner*innen und Künstler*innen. Die Ausstellung ‘Bauhaus& | Modern Textiel in Nederland’ konzentriert sich auch auf vier zeitgenössische Künstler*innen, die das TextielMuseum Tilburg mit neuen Arbeiten beauftragt hat, die das Erbe der berühmten Schule reflektieren.

Ausstellungsansicht
Foto: Josefina Eikenaar/TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Das Bauhaus formulierte eine radikal andere Auffassung von Design als die vorherrschenden Ideen des 19. Jahrhunderts. In der Weberei hatten Funktionalität, (kostengünstige) Massenproduktion und Gebrauchsstoffe einen hohen Stellenwert. Die Besucher tauchen in der Ausstellung in die Welt der Bauhaus-Weberei ein.

Studentinnen der Weberei-Werkstatt in Dessau
Fotografiert für das Album ‘9 Jahre Bauhaus’, 1928
Foto: unbekannt [Nachlass Gunta Stölzl], freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Gezeigt wird die Vielfalt der Textil-, Farb- und Materialexperimente von Gunta Stölzl …

Gunta Stölzl: Polster-Stoff ‘Allegro’, 1925/1974
Ausführung: Storck Van Besouw (Goirle) for Cassina, Milan
H: 100,5 x B: 68 cm
Collection TextielMuseum: 04493
Foto: Josefina Eikenaar/TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

… Anni Albers, Otti Berger und den später in den Niederlanden arbeitenden Studentinnen.

Greten [Neter-] Kähler: Farbstudien, hergestellt am Bauhaus, ca. 1929-1932
Collection TextielMuseum: 18379f
Foto: Josefina Eikenaar/TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Mit den Augen von Kitty van der Mijll Dekker, Greten Neter-Kähler, Lisbeth Oestreicher und Otti Berger sehen wir, was die Bauhausprinzipien für sie bedeuteten und wie diese ihre eigene Praxis prägten.

Bauhaus Dessau, Unterrichts-Material von Lisbeth Oestreicher
Webmuster: u.a. von Gunta Stölzl, Margarete Leischner, ca. 1926-1930
Collection TextielMuseum: 08756e
Foto: Josefina Eikenaar/TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Einzigartige Lehrmaterialien aus der Sammlung des TextielMuseums aus ihrer Studienzeit beleuchten ihren Ansatz: Design mit hohem technischem Können unter Verwendung neuer Materialien wie Cellophan und Eisengarn.

Cellophan-Stoffe, im Bauhaus gewebt
Designer: Kitty van der Mijll Dekker, 1931-1932
Collection TextielMuseum
Foto: Joep Vogels/TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Die Bauhaus-Weberinnen standen lange Zeit im Schatten ihrer männlichen Kollegen wie Paul Klee, Johannes Itten und Wassily Kandinsky, obwohl ihre Stoffe voll und ganz dem Bauhausideal entsprachen und sich grosser Beliebtheit erfreuten. Diese Frauen haben sich langsam einen Namen gemacht, auch in bedeutenden Museen wie dem MoMA und der Tate.

Cellophan- und Kupfer-Stoffe, im Bauhaus gewebt
Designer: Kitty van der Mijll Dekker, 1931-1932
Collection TextielMuseum
Foto: Joep Vogels/TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Die Ausstellung ‘Bauhaus& | Modern Textiel in Nederland’ dient dazu, niederländischen Weber*innen ihren verdienten Platz in der Textilgeschichte einzuräumen.

Kitty van der Mijll Dekker: Bauhaus Diplomarbeit, farbiger Stoff für Decken, 1932
21 x 28 cm
Collection TextielMuseum
Foto: Joep Vogels/TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Auch Kitty van der Mijll Dekker und Greten Neter-Kähler haben ihre Spuren in den Kunstlehrplänen hinterlassen. Jahrzehntelang waren sie Dozentinnen am Institut für angewandte Kunst, heute Gerrit Rietveld Academy in Amsterdam.

Kitty van der Mijll Dekker in ihrem Web-Studio in Nunspeet, ca. 1935
Collection TextielMuseum
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Ihre Ideen, die den Bauhaus-Prinzipien zu verdanken waren, fanden einen fruchtbaren Boden in der Arbeit neuer Generationen von Designer*innen und Künstler*innen wie Herman Scholten, Margot Rolf und Maria Blaisse und trugen dazu bei, dass Textilien ein ‘modernes’ Aussehen erhielten.

Herman Scholten: Tapisserie ‘Mirror’ [Spiegel], 1967
H: 223 x B: 254 cm
Collection TextielMuseum: BK0597
Foto: Joep Vogels/TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Die in den Niederlanden schon lange beliebten ‘schweren’ und dekorativen Textilien des Jugendstils und der Amsterdamer Schule wurden durch leichte, luftige Stoffe mit abstrakten Mustern ersetzt. Die Entwicklung zu einer autonomen Textilkunst erfolgte ebenfalls ab den 1970er Jahren

Ausstellungsansicht, Tapisserien und Hocker: Marijn van Kreij
Foto: Josefina Eikenaar/TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Das TextielMuseum nutzte das 100-jährige Jubiläum des Bauhauses, um vier Künstler*innen dazu einzuladen, neue Stücke für die Sammlung des Museums im TextielLab zu produzieren.

Marijn van Kreij bei der Arbeit im TextielLab, 2018
Drei Werke ohne Titel (Gunta Stölzl, 5 Chöre, 1928, 3 Jacquard-Webereien)
Collection TextielMuseum
Foto: Josefina Eikenaar/TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Saskia Noor van Imhoff, Krijn de Koning …

Krijn de Koning im TextielLab mit seinen Tuftingteppichen, standortspezifische Installation, 2018
Collection TextielMuseum
Foto: Josefina Eikenaar/TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

… Marijn van Kreij und Koen Taselaar …

Koen Taselaar: A slightly inaccurate but nonetheless lightly entertaining story of the Bauhaus, 2018
H: 170 x B: 870 cm
Collection TextielMuseum
Foto: Josefina Eikenaar/TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

… nutzten die High- und Low-Tech-Möglichkeiten im TextielLab, um ihre vom Bauhaus inspirierten Ideen Gestalt annehmen zu lassen.

Saskia Noor van Imhoff: Work in progress, 2019
Collection TextielMuseum
Foto: Josefina Eikenaar/TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

 

Ausstellungsansicht von Saskia Noor van Imhoffs Installation ‘#+38.00’, 2019
Foto: Diewke van den Heuvel commissioned by TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Im Rahmen der Ausstellung brachte das Label ‘by TextielMuseum’ ein Unikat aus der Sammlung des TextielMuseums wieder heraus: ein spezielles Gewebe, das Kitty van der Mijll für die Damast- und Leinenweberei E.J.F. van Dissel & Zn. in Eindhoven entwickelte. Das damals sehr moderne und innovative Design wurde im TextielLab nachgebildet.

Ausstellungsansicht
Foto: Josefina Eikenaar/TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Zu einer Zeit, in der Geschirrtücher normalerweise rot oder blau kariert waren, erregte dieses Design sofort Aufmerksamkeit. Es blieb jahrzehntelang ein Bestseller. Das Tuch war eine raffinierte Kombination aus roten und blauen Streifen mit Farbabstufungen, bei denen sich die Streifen kreuzten. Die Asymmetrie galt auch 1935 als wegweisend. Das Tuch ist während der Ausstellung im TextielShop in limitierter Auflage erhältlich.

Kitty van der Mijll Dekker: Geschirrtuch mit abgestuftem Rand in Rot und Blau, 1935/2018
Ausführung: TextielLab for byTextielMuseum
70 x 70 cm
Collection TextielMuseum
Foto: Josefina Eikenaar/TextielMuseum, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Info:

25. Mai – 3. November 2019

Bauhaus& | Modern Textiel in Nederland
Bauhaus& | Modern Textiles in The Netherlands

TextielMuseum / TextielLab
Goirkestraat 96
5046 GN Tilburg
Niederlande

www.textielmuseum.nl

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Die ganze Welt ein Bauhaus

Zum Jubiläum des Bauhauses reflektiert die ifa-Tourneeausstellung ‘Die ganze Welt ein Bauhaus’ am ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe die Bewegung und Heimstätte der Avantgarde der klassischen Moderne, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem Umbruch auf allen Gebieten der freien und angewandten Kunst und Architektur führte.

Meyer, Hannes (Hrsg.): ‘studiert am bauhaus!’
bauhaus. zeitschrift für gestaltung, 2/3, 1928
© ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe
Foto: A. Körner, bildhübsche Fotografie, Institut für Auslandsbeziehungen
Foto freundlicherweise vom ZKM zur Verfügung gestellt

Das Staatliche Bauhaus wurde 1919 in Weimar gegründet. Zwischen dem Aufbruchsgeist der Weimarer Republik und der Dämmerung des Nationalsozialismus avancierte die Schule in nur 14 Jahren zum Symbol moderner Gestaltung und avantgardistischer Lebensführung. Wie gelang es dem Bauhaus, zum Inbegriff einer sozialen, gestalterischen und didaktischen Radikalerneuerung zu werden? Die Ausstellung ‘Die ganze Welt ein Bauhaus’ widmet sich diesem Thema in zwei Teilen.

Ahlfeld-Heymann, Marianne (zugeschrieben): Übung aus dem Unterricht ‘bildnerische Formenlehre’ von Paul Klee, 1923–1924
Zeichnung auf Papier
© ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe
Foto: A. Körner, bildhübsche Fotografie, Institut für Auslandsbeziehungen  
Foto freundlicherweise vom ZKM zur Verfügung gestellt

Der Titel ist programmatisch. ‘Die ganze Welt ein Bauhaus’ ist ein Zitat des Bauhausschülers und -lehrers Fritz Kuhr (1928). Es spielt auf die Auflösung der Grenzen zwischen Kunst, Handwerk und Technik, wie sie der Bauhaus-Gründer Walter Gropius proklamiert, an. Alles ist Design – und die Schaffung einer modernen Umgebung kreiert auch den modernen Menschen.

Unbekannt: Gleichtgewichtsstudie aus dem Vorkurs von László Moholy-Nagy, 1934
Holz, Plexiglas, Rekonstruktion 1967
© ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe
Foto: A. Körner, bildhübsche Fotografie, Institut für Auslandsbeziehungen  
Foto freundlicherweise vom ZKM zur Verfügung gestellt

Im ersten Teil konzentriert sich die Ausstellung auf die Jahre 1919 bis 1933 in Weimar, Dessau und Berlin und beleuchtet das Bauhaus in acht Kapiteln:

‘Das Schwebende’ zeigt nicht nur, wie sich die Bauhäusler*innen motivisch mit der Schwerelosigkeit beschäftigten, sondern wie Glas und Skelettbau die Architektur entmaterialisierten und der Stuhl als Luftsäule zum visionären Entwurfsziel wurde. Das Kapitel ‘Experiment’ stellt Objekte vor, welche sowohl das Ergebnis einer Material- und Raumforschung waren, die auf Mass, Proportion und Befragung der Materialgrenzen, aber auch auf Vervielfältigung und Serialität angelegt waren. Das ‘Gesamtkunstwerk’ nimmt die Synthese aller Künste, aber auch von Kunst und Wissenschaft sowie von Kunst und Gebrauchsgegenstand in den Blick.

Breuer, Marcel_ Stuhl B5, 1926
© ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe
Foto: A. Körner, bildhübsche Fotografie, Institut für Auslandsbeziehungen  
Foto freundlicherweise vom ZKM zur Verfügung gestellt

Unter der Überschrift ‘Gemeinschaft’ zeigen zentrale historische Objekte die Feste und das Leben am Bauhaus. Dass das Bauhaus nicht nur linksutopisch ausgerichtet war, wird im Kapitel ‘Der neue Mensch’ deutlich. Hier werden Menschenbilder präsentiert, die sich auch in politisch-radikalen, weltanschaulichen Ausrichtungen bewegten. Während ‘Kunst, Handwerk, Technik’ die Werkstätten und ihre Produkte präsentiert, zeigt ‘Radikale Pädagogik’ Aufbau und Lehre am Bauhaus. Transkulturelle Bezüge werden in der Sektion ‘Begegnungen’ deutlich, die am Bauhaus durch Vorträge, zahlreiche Besucher aus aller Welt, völkerkundliche Bestände in der Bauhaus-Bibliothek in Weimar, aber auch in der Suche nach neuen Formen erkundet wurden.

Tapetenfabrik Emil Rasch: bauhaus-behangsels
Werbeblatt für die Niederlande, 1932
© ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe
Foto: A. Körner, bildhübsche Fotografie, Institut für Auslandsbeziehungen  
Foto freundlicherweise vom ZKM zur Verfügung gestellt

Im zweiten Teil werden diese Themen aufgenommen und ihre Rezeption in einem globalen Kontext dargestellt. Hier fungierte der Titel als Forschungsauftrag an Kurator*innen und Wissenschaftler*innen. ‘Die ganze Welt ein Bauhaus’ zeigt Fallstudien aus Mexiko-Stadt, Buenos Aires, Casablanca, Santiago de Chile, Moskau, Stuttgart und den USA. Nicht die Migrationsgeschichte nach der Schliessung des Bauhauses 1933 steht hier im Vordergrund, sondern die Aneignung und transkulturellen Bezüge während der 1920er Jahre. So erforscht diese Abteilung globale Verbindungen innerhalb der Moderne, durch die das Bauhaus an Bedeutung gewann. Dadurch wird deutlich, dass es keine exklusive Unternehmung war, sondern es in vielen Gegenden der Welt Avantgarden gab, die sich als Motoren einer gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Neuentwicklung verstanden und das Bauhaus aus der jeweils eigenen Perspektive betrachteten und in seine Diskurse integrierten.

Im Juni 2018 feierte die Schau ihre Premiere in Buenos Aires und ging anschliessend auf Tournee durch Argentinien und Mexiko, ehe sie ab dem 25. Oktober 2019 am ZKM in Karlsruhe erstmalig in Deutschland zu sehen ist.

Info:

26. Oktober 2019 – 16. Februar 2020

Die ganze Welt ein Bauhaus

ZKM | Zentrum für Kunst und Medien
Lorenzstrasse 19
76135 Karlsruhe
Deutschland

www.zkm.de

Eröffnung:
Fr, 25. Oktober 2019, 19 Uhr

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Amateurfotografie
Vom Bauhaus zu Instagram

In der Ausstellung ‘Amateurfotografie. Vom Bauhaus zu Instagram’ widmet sich das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) noch bis zum 12. Januar 2020 der Amateurfotografie und ihrer Innovationskraft.

Plakat

Das kreative Potential von Amateur*innen spielt seit der Erfindung der Fotografie eine wichtige Rolle und interessierte vor allem die Künstler*innen des Bauhaus, die im unbekümmerten Umgang mit der Fotokamera eine grosse schöpferische Kraft sahen.

László Moholy-Nagy (1895–1946): Oskar Schlemmer in Ascona, 1926/27
Silbergelatinepapier, 23,5 x 17,5 cm
Berlinische Galerie – Museum für Moderne Kunst, Public Domain
Foto: Anja Elisabeth Witte, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Auch das demokratische und politische Potential der Amateurfotografie wurde in den 1920er Jahren entdeckt. Beides ist auch heute noch von grosser Bedeutung für unseren Umgang mit Bildern.

Unbekannt: Vier Studierende auf dem Dach des Bauhauses in Dessau, 1927/28
Silbergelatinepapier, 6 x 10,5 cm
Galerie Kicken Berlin
© unbekannt
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Die Amateurfotografie Anfang des 20. Jahrhunderts war der Beginn eines Massenphänomens, das heute mit der digitalen Bilderflut immer wieder beschworen wird.

Lotte Beese (1903–1988): Albert Braun mit Spiegel, um 1928
Silbergelatinepapier
14 x 10 cm
Galerie Kicken Berlin
© Rudolf Kicken Galerie, Cologne 1985 (Bauhaus Portfolio I)
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Täglich halten Milliarden Smartphone-Besitzende weltweit ihr Leben in Schnappschüssen fest. Sie teilen ihre Bilder in unzähligen Social-Media-Kanälen, allen voran Instagram, mit ihren Freund*innen und mit Menschen, die sie nie persönlich getroffen haben.

Ausstellungsansicht
Ausstellungsarchitektur von Nagy und Jehle Architektur, Wien
Foto: Henning Rogge, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Fotografien sind zu einem zentralen Kommunikationsmedium geworden. Die Amateurfotografie scheint damit heute aktueller denn je.

Eva Charlotte Pennink-Boelen (1911‒2008): Tennis en zwemmen, 1929–1930
aus: Fotoalbum von Eva Pennink mit Aufnahmen aus den Jahren 1934–1936
Silbergelatinepapier, 34,6 x 23,7 cm
Rijksmuseum, Amsterdam
© Erben Eva Pennink-Boelen
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Die Ausstellung vergleicht die Bildwelten der historischen und zeitgenössischen Amateurfotograf*innen, beleuchtet ihre Motivation und Ziele und fragt, ob und wie sich die digitale, massenhaft praktizierte Amateurfotografie von der historischen unterscheidet.

Alice Hirsekorn (1900‒1964): Vier Köpfe in Draufsicht, 1927
Silbergelatinepapier, 14,5 x 21 cm
Berlinische Galerie – Museum für Moderne Kunst
© unbekannt
Foto: Anja Elisabeth Witte, freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Zu sehen sind über 200 Exponate von zahlreichen Amateurfotograf*innen, von Künstler*innen der klassischen Avantgarde und von zeitgenössischen Künstler*innen sowie Zeitschriften, Bücher und digitale Dokumente.

Hannah Sahling (*2001): Handybilder 2015–2019
© Hannah Sahling
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Katalog erhältlich.

Zum vielfältigen Rahmenprogramm siehe bitte den Ausstellungsflyer.

Info:

3. Oktober 2019 – 12. Januar 2020

Amateurfotografie
Vom Bauhaus zu Instagram

Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
Steintorplatz
20099 Hamburg
Deutschland

www.mkg-hamburg.de

Ausstellungsflyer

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Pausa – Jede Menge Stoff drin

‘100 Jahre Pausa – 100 Jahre Bauhaus’ – unter diesem Motto präsentiert das Museum Mössingen (zwischen Tübingen und Balingen gelegen) in der einzigartigen Architektur der Pausa Tonnenhalle noch bis zum 24. November 2019 eine bunte und formenreiche Ausstellung zur Firmen- und Designgeschichte der ehemaligen Textildruckfirma Pausa. Aus der umfassenden Sammlung von 86.000 Stoffmustern aus 9 Jahrzehnten präsentiert sich der Ausstellungsraum, in dem früher die Stoffe bedruckt wurden, in aussergewöhnlicher Gestalt. ‘Zeit-Räume’ aus Stoffbahnen bilden die farblichen und sinnlichen Einheiten, in denen sich die einzelnen Epochen der erfolgreichen Pausa-Firmengeschichte darstellen. Von den Anfängen der 1920er und 1930er Jahre, in denen die Firma eng mit dem Bauhaus kooperierte, über die Nachkriegszeit, in denen die Pausa mit der neuen Firmenarchitektur von Manfred Lehmbruck (1951-1961) und dem besonderen Pausa-Stil die Tradition des Werkbund und Bauhaus weiterführte und den Schlüssel zum jahrzehntelangen Erfolg fand.

Info:

3. Mai – 24. November 2019

Pausa – Jede Menge Stoff drin

Tonnenhalle im Pausa-Quartier
Löwensteinplatz 1
72116 Mössingen
Deutschland

www.moessingen.de

Öffnungszeiten:
Mi, Sa, So: 14 – 18 Uhr

Eintritt frei

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bauhaustapete – neu aufgerollt

Tapeten und Bauhaus? Was nicht passt, wird passend gemacht! So oder so ähnlich hat Emil Rasch von der Hannoverschen Tapetenfabrik Gebr. Rasch & Co vielleicht gedacht, als er 1929 nach Dessau reiste, um den Bauhaus-Direktor Hannes Meyer von seiner Idee zu überzeugen – mit Erfolg!

Key Visual
Fotografie: Originalanzeige 1931, Ullstein-Werbe-Beratung – U
Screenshot Museums-Website

Im Jahr 1929 gemeinsam mit Studierenden und Lehrenden des Bauhauses in Dessau entwickelt, wurde die in Bramsche bei Osnabrück produzierte Bauhaustapete ein die Bauhaus-Ära überdauernder Erfolg. Die Ausstellung im Museumsquartier Osnabrück spannt den Bogen von der Geschichte des Projektes, ihren Akteur*innen und der Werbekampagne über die aktuelle Neuauflage der Bauhaustapete bis hin zu der Frage nach Spuren des Bauhauses in unserem heutigen Alltag. Ziel ist ein zeitgemässer Blick auf ein besonderes Bauhaus-Produkt, anhand dessen die Widersprüchlichkeiten der Wirkungsgeschichte des Bauhauses genauso aufgezeigt werden sollen wie dessen Utopien und Ideen für gemeinschaftliches, interdisziplinäres Gestalten.

bauhaus 1931
Bauhaus-Musterkarte, 1930/31
Rasch-Archiv, Bramsche
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Die Konzeption der Ausstellung versteht die Bauhaustapete explizit als Projekt, bei dem unterschiedliche Akteur*innen aus Kunst, Kultur, Wissenschaft, Handwerk, Industrie und Wirtschaft trotz anfänglich konträr erscheinender Grundsätze erfolgreich kooperiert haben. Diesen Kooperationsgedanken spiegelt auch die Ausstellung wider: Sie entstand in enger Zusammenarbeit mit Studierenden und Lehrenden des Kunsthistorischen Instituts der Universität Osnabrück, mit der Tapetenfabrik Rasch in Bramsche, zeitgenössischen Künstlern und unter Beteiligung von Osnabrücker Bürger*innen.

bauhaustapeten 1930, Muster der ersten Bauhaus-Kollektion
oben: b4 b5 b8 b1, unten b6 b7 b2 b3
Rasch-Archiv, Bramsche
Foto freundlicherweise vom Museum zur Verfügung gestellt

Die Besucher*innen erwartet ein Gang entlang der 90-jährigen Geschichte der Bauhaustapete. Sie erfahren etwas über ihren ursprünglichen Bestimmungsort, die sogenannte ‘Volkswohnung’, und lernen die Macher der Tapete kennen. Zudem erfahren sie etwas über die umfassende, zeitweise vom Bauhaus übernommene Werbekampagne sowie über die Geschichte der Bauhaustapete nach Ende des Bauhauses bis hin zur aktuellen Kollektion 2019. Aus eben dieser gestaltet der zeitgenössische, international bekannte Künstler Tobias Rehberger eigens für die Ausstellung im Museumsquartier Osnabrück eine grossformatige Wandarbeit.

Zum Ende des Rundgangs der Ausstellung trifft man auf einen Bereich, in dem die Frage nach dem Einfluss des Bauhauses und der dort (weiter)entwickelten, vielfältigen Formensprache auf unseren heutigen Alltag gestellt wird. Diesen Raum haben zum einen Studierende des Kunsthistorischen Instituts der Universität Osnabrück mit Leben gefüllt. Sie haben designhistorische Antworten auf die Frage erarbeitet, inwiefern in unserem unmittelbaren Lebensraum und Alltag Bezüge zum Bauhaus (re)konstruierbar sind. Zum anderen waren Osnabrücker Bürger*innen unter dem Motto ‘Was schläft denn da in Omas Keller’ dazu aufgerufen, Objekte mit tatsächlichem oder vermeintlichem Bauhaus-Bezug beizusteuern.

Begleitet wird die Ausstellung durch einen Katalog und ein umfassendes Vortrags-, Veranstaltungs- und Vermittlungsangebot.

Info:

17. August – 8. Dezember 2019

bauhaustapete – neu aufgerollt

Kulturgeschichtliches Museum
Museumsquartier Osnabrück
Lotter Strasse 2
49078 Osnabrück
Deutschland

www.museumsquartier-osnabrueck.de

***

Und dann noch Folgendes:

Neues Bauhaus Museum in Dessau

Das Bauhaus Museum Dessau ist anlässlich des 100. Gründungsjubiläums des Bauhauses am 8. September 2019 im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet worden. Es ist ein Haus im Haus – ein schwebender schwarzer Riegel aus Beton in einer gläsernen Hülle. Der Entwurf des jungen spanischen Architektenteams Addenda Architects in der Dessauer Innenstadt bietet erstmals die Möglichkeit, die Sammlung der Stiftung Bauhaus Dessau umfassend zu präsentieren, während im Erdgeschoss des neuen Museums ein neuer kultureller Bauhaus-Ort entstand, der – als offene Bühne konzipiert – auch bespielt wird.

In der Black Box im Obergeschoss erwartet die Besucher auf 1.500 Quadratmetern die Ausstellung mit dem Titel ‘Versuchsstätte Bauhaus. Die Sammlung.’ Architekturen, Möbel, Leuchten, Textilien, Tapeten oder Schrifttypen – in Dessau entstand in den 1920er Jahren die für uns heute selbstverständlich gewordene Alltagskultur der Moderne. Die Bauhäusler*innen suchten nach dem Ersten Weltkrieg an der Hochschule für Gestaltung Ansätze, um das Leben neu und modern zu formen und zu gestalten. ‘Versuchsstätte Bauhaus. Die Sammlung.’ erzählt vom Lernen und Lehren, dem freien Entwerfen und der Entwicklung industrieller Prototypen, dem künstlerischen Experiment und dem Umgang mit dem Markt.

Die Sammlung der Stiftung Bauhaus Dessau umfasst rund 49.000 katalogisierte Exponate und ist die zweitgrösste Sammlung zum Thema Bauhaus weltweit. 145 000 Mark für 148 Arbeiten von Bauhäusler*innen stellte die damalige Galerie am Sachsenplatz in Leipzig der Stadt Dessau am 1.11.1976 in Rechnung. Von Keramik bis Möbel, es war eine bunte Mischung. Der Ankauf bildete das Fundament der heutigen Sammlung der Stiftung Bauhaus Dessau. Zum 100. Gründungsjubiläum des Bauhauses empfängt dieses erste Konvolut die Besucher*innen des Bauhaus Museums Dessau.

Info:

www.bauhaus-dessau.de

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Ein sehr guter Überblick sowohl über die geschichtlichen Hintergründe der Institution ‘bauhaus’ als auch über wichtige Aktivitäten im Jubiläumsjahr 2019 und einige Buchtipps ist im Künstlerportal von boesner (Grosshandel für Künstlermaterialien) hier zu finden.

Noch ausführlichere Informationen stehen auf der Website des bauhaus-archiv / museum für gestaltung hier zur Verfügung

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Wer sich filmisch an die Bauhaus-Thematik annähern möchte, dem sei die 6-teilige Serie ‘Die Neue Zeit’ empfohlen, die im September 2019 auf ARTE und im ZDF zu sehen war, dort aber noch immer in der Mediathek abrufbar ist.

Der alte Walter Gropius blickt auf die turbulenten Gründerjahre der Bauhaus-Schule in Weimar zurück. Im Mittelpunkt steht die Studentin Dorothea (Dörte) Helm, die tatsächlich dort studierte, aber im Vergleich zu anderen Bauhäusler*innen bis dato weitgehend unbekannt geblieben ist. Es entrollt sich ein spannendes Stück Zeitgeschichte.

Info: ZDF-Mediathek

Auch interessant ist der Themenabend ‘Frauen am Bauhaus’ in der Mediathek der ARD: www.daserste.de

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Im Rahmen des Jubiläumsjahres fand und findet immer noch ein umfangreiches Programm mit einer Vielzahl von Veranstaltungen zu Architektur und Gestaltung, Kunst und Kulturgeschichte, Bildung und Forschung statt. Dies und und viele weitere Informationen sind hier zu finden: www.bauhaus100.de

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Bitte informieren Sie sich vor einem Ausstellungsbesuch auf der jeweiligen Website besonders über die genauen Öffnungszeiten – es kann sich immer etwas ändern.

Weitere Ausstellungen finden Sie auf meiner Website in der Rubrik AUSSTELLUNGSKALENDER.

Den verschiedenen Beteiligten herzlichen Dank für das Zur-Verfügung-Stellen von Informationen und Bildmaterial!

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