Akris: St.Gallen, selbstverständlich
Ab dem 6. Oktober 2023 zeigt das Textilmuseum St.Gallen eine neue fulminante Ausstellung, die dem renommierten Schweizer Designer und Modehaus ‘Akris’ gewidmet ist – zugleich eine Hommage an die St.Galler Stickerei.
Wenn es ein Modehaus gibt, in dem Stoff und Stadt verwurzelt sind, dann bei Akris in St.Gallen, der Stadt der Stickerei. Seit 100 Jahren pflegt das einzige Schweizer Modeunternehmen mit Mitgliedschaft in der Fédération de la Haute Couture et de la Mode seinen geografischen Ursprung.
Die Ausstellung ‘Akris: St.Gallen, selbstverständlich’ verortet eben darin die eigene Handschrift des Hauses, gibt Einblick in die enge Zusammenarbeit zwischen dem Modehaus und der St.Galler Textilindustrie und präsentiert jene Kollektionen, in denen das Lokale zur Referenz wird.
Als weltweite Lockdowns die Schauen in Paris pausieren lassen und das Nahe in den Blick rückt, feiert Akris seine Heimatstadt mit Kollektionen, in denen Designer Albert Kriemler St.Gallens kulturelles Erbe überraschend übersetzt: mit St.Galler Stickerei, in der die Grafik des Daches der Kirche St. Laurenzen aufscheint. Oder mit modernen Patchwork-Kleidern, zusammengesetzt aus wiederverwendeten Archiv-Stickereien des Hauses. Insbesondere die Kollektion ‘A woman on a walk’ (Herbst/Winter 2021), inspiriert von Robert Walser Erzählung ‘Der Spaziergang’ (1917), wird hier zur Referenz in der Ausstellung.
Im Spazieren verbinden sich Momente der Reflexion und der Muse, der Freiheit und der Flucht vor der Fülle. Nur beim Gehen denken, dichten und entwerfen wir; so auch die Auffassung des grossen Schriftstellers der Schweizer Literatur.
Die Szenografie der Ausstellung spielt mit dem Leitmotiv des Spaziergangs und jenen Entdeckungen und Sinnesreizen, die für Albert Kriemler eine immer wiederkehrende Quelle der Inspiration sind: die Natur, die Architektur und die Auseinandersetzung mit der Kunst – sie alle sind Teil seiner Handschrift geworden.
Anhand dieser Inspirationswelten inszeniert ‘Akris: St.Gallen, selbstverständlich’ unterschiedlichste Stickerei-Looks; konkret beispielsweise Entwürfe, welche Honigwaben-Strukturen auf federleichte Guipure-Parkas übersetzen oder deren bestickte Amulette auf nudefarbenem Tüll die zarte Lichtstimmung des italienischen Malers Giorgio Morandi hervorrufen.
Grosses Handwerk und kompromisslose Avantgarde, klare Linie und feiner Stoff schliessen sich bei Akris oft nicht aus. Das zeigen vor allem jene Looks, in denen die enge Zusammenarbeit zwischen dem Schweizer Modehaus und dem renommierten St.Galler Textil-Cluster sichtbar wird. Wie lässt sich ein Sternenhimmel-Effekt durch eine LED-Stickerei erzeugen? Welche Verfahren braucht es, damit ein Stickerei-Stoff wie Asphalt wirkt? Auch diesen Fragen geht die Ausstellung anhand von Einblicken in textile Innovationen und ihr handwerkliches Know-how nach. Das ist Stickerei!
Erstmals gewährt ‘Akris: St.Gallen, selbstverständlich’ ausserdem Einsicht in das Stickerei-Archiv des Hauses, begründet von Alice Kriemler-Schoch reicht es bis in die 1940er Jahre zurück. Überraschende Farben, fragile Materialen und unendlich reiche, dreidimensionale Muster – noch heute ist das Archiv Ausgangspunkt für Kreation und immer wieder neuen Verarbeitungs- und Handwerkstechniken, ein kollektives Stoff-Gedächtnis des Hauses und ein Indikator dafür, wie ganz selbstverständlich St.Galler Stickerei ein wesentliches Element im verfeinerten Minimalismus von Akris ist. Ein textiles Erbe als Innovationsspielwiese!
Kuration: Albert Kriemler, Creative Director Akris
Szenografie: Atelier Oï / Patrick Reymond, La Neuveville
Auch interessant:
Bericht über die Ausstellung ‘Akris. Mode. selbstverständlich’ im Museum für Gestaltung Zürich (Mai – September 2023), zu finden in den Ausstellungstipps Mai 2023 hier im Blog.
Info:
6. Oktober 2023 – 25. Februar 2024
Akris: St.Gallen, selbstverständlich
Textilmuseum St. Gallen
Vadianstrasse 2
9000 St. Gallen
Schweiz
Vernissage:
Fr, 6. Oktober 2023, 17 – 20.30 Uhr
Anmeldung erforderlich
Ein vielfältiges Rahmenprogramm wurde zusammengestellt, dass das facettenreiche Akris-Universum eröffnen wird:
In den ‘Akris: Talks’ gibt Albert Kriemler Einblicke in Themen und Traditionen, die ihn zu seinen Kollektionen inspirieren.
Bei den Führungen wird deutlich, warum Akris, Spitze und St.Gallen untrennbar miteinander verbunden sind.
Im begleitenden Workshop ‘Blaue Landschaften’ können Sie Sticktechniken erlernen und erleben wie aus einem Stück Stoff eine ganze Landschaft entstehen kann.
***
Hand in Hand & Faces to Faces
Zwei Ausstellungen des Stickprogramms Guldusi
Zum zweiten Mal gastiert das von der Deutsch-Afghanischen Initiative (DAI e.V.) ins Leben gerufene Stickprogramm Guldusi in der Textilsammlung Max Berk in Heidelberg-Ziegelhausen. Der 2002 von Deutschen und Afghanen in Freiburg gegründete Verein verwirklicht in erster Linie Schulprojekte in Afghanistan, fördert aber auch seit 2004 durch Stickprojekte in Laghmani (nördlich von Kabul) und bei Herat (Westafghanistan) die finanzielle Lage afghanischer Frauen und damit auch ihrer Familien.
Die von Hand gestickten Unikate werden von der DAI in Europa verkauft und dienen dort z.T. als ‘Keimling’ für künstlerisch-kreative Arbeiten, denn im Rahmen von Wettbewerben zu verschiedenen Themen werden Textilschaffende dazu eingeladen, die gestickten Unikate in eigene Gestaltungen zu integrieren.
Zu diesem Procedere passt der Titel des Wettbewerbs ‘Hand in Hand’ besonders gut; aber auch im Sinne von ‘etwas zusammen angehen, ein Ziel gemeinsam anstreben’ kann Hand in Hand verstanden werden. In beeindruckender Vielfalt interpretieren 46 Objekte aus sieben europäischen Nationen dieses Sujet.
In dem zweiten Ausstellungsprojekt ‘Faces to Faces’ präsentieren zehn Künstler*innen aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz Textilarbeiten, die auf der Basis von fotografischen Portraits afghanischer Stickerinnen entstanden sind.
Frauen in Afghanistan zu fotografieren ist nicht einfach. Die Stickerinnen von Laghmani leben auf dem Land, verlassen den Hof nicht ohne Begleitung und verhalten sich im Rahmen konservativer Traditionen.
Die Initiatorin von Guldusi, Pascale Goldenberg, trifft die Frauen in den Dörfern regelmässig seit 19 Jahren, jedoch nur eine kleine Minderheit von ihnen liess sich bislang von ihr fotografieren. Aus diesen Portraits entstanden unter Einbeziehung der ganzen Bandbreite textiler Möglichkeiten neue, interessante Kreationen.
Auch interessant:
Bitte beachten Sie auch die Ausschreibung der Textilsammlung Max Berk zur 9. Europäischen Quilt-Triennale – ganz unten zu finden.
Info:
8. Oktober 2023 – 28. Januar 2024
Hand in Hand & Faces to Faces
Zwei Ausstellungen des Stickprogramms Guldusi
Textilsammlung Max Berk
Brahmsstrasse 8
69118 Heidelberg-Ziegelhausen
Deutschland
Vernissage:
So, 8. Oktober 2023, 11 Uhr
***
Art Jacquard-Inspirationen 2: Klassisch – Kitsch und Kunst
Die vom Textil- und Rennsportmuseum (TRM) in Hohenstein-Ernstthal organisierte Ausstellung ‘Kitsch & Kunst’ ist weitergewandert in die Partnerstadt Burghausen, in Bayern an der Grenze zu Österreich gelegen, und wird dort in der Rathaus-Galerie am 6. Oktober 2023 eröffnet.
Zugrunde liegt die Ausstellung ‘Art Jacquard-Inspirationen 2: Klassisch – Kitsch und Kunst’, die vom TRM initiiert und inzwischen – trotz coronabedingten Hindernissen – schon an einigen Stationen präsentiert wurde, allerdings können aus Platzgründen in Burghausen nicht alle Arbeiten gezeigt werden.
Hervorgegangen sind die Arbeiten aus einem Wettbebwerb, den das TRM 2019 ausgeschrieben und organisiert hatte. Dem lag die Idee zugrunde, dass das TRM in seiner Sammlung auch Bildteppiche bewahrt, die sich, in Jacquardtechnik gewebt, seit dem beginnenden 20. Jahrhundert bis in die 1950er und 60er Jahre hinein grosser Beliebtheit erfreuten und bis heute noch auf den historischen, aber voll funktionsfähigen Jacquard-Webstühlen des Hauses hergestellt werden können.
Es ging um den ‘Röhrenden Hirsch’ in einer idyllischen Landschaft, einst beliebtes Sujet, heute der Inbegriff von Kitsch oder um ein Märchenmotiv à la ‘Hänsel und Gretel’ oder floral gemusterte Stoffe aus der ehemaligen Produktion, die zur Verfügung standen und wahlweise zur Teilnahme am Wettbewerb ganz oder teilweise in die nach eigenem Entwurf zu schaffenden textilen Arbeiten zu integrieren waren. Es war eine künstlerische Auseinandersetzung zum Thema ‘Kitsch und Kunst’ gefragt und es sollte etwas Einmaliges, Individuelles aus der ehemaligen Massenware entstehen, etwas, das uns heute überzeugt. Gleich, ob wandhängendes oder dreidimensionales Objekt, entstanden sind wunderbare Arbeiten!
Alle Juroren und Jurorinnen waren eingeladen, sich mit einer Arbeit ausser Konkurrenz an der Ausstellung zu beteiligen. Bei meiner Arbeit ‘verhext – vernetzt. Bedrohung einst und jetzt’ leitete mich der Gedanke an die Bedrohungen, denen Kinder zu allen Zeiten ausgesetzt waren und sind. Das Fenster gewährt einen Blick durch ein Spinnennetz in vergangene Zeiten, in Zeiten von ‘Es war einmal …’, als die Hexe Hänsel und Gretel durch ihr Knusperhäuschen anlockt und in ihre Gewalt bringt. Heutzutage kann Kindern ernsthaftes Unheil drohen, das durch das Internet vermittelt wird.
Zur Ausstellung sind ein Begleitheft und eine CD erhältlich.
Nach der Ausstellung in Burghausen wird die Ausstellung beendet.
Info:
9. – 31. Oktober 2023
Art Jacquard-Inspirationen 2: Klassisch – Kitsch und Kunst
Städt. Rathausgalerie
2. Stock
Stadtplatz 112
84489 Burghausen
Deutschland
Eröffnung:
Fr, 6. Oktober 2023, 18 Uhr
***
Is it alive?
Das TextielMuseum im niederländischen Tilburg zeigt ab dem 14. Oktober 2023 die vielversprechende und spannende Ausstellung ‘Is it alive?`(dt. ‘Ist es lebendig?’).
Es vibriert, schimmert, raschelt, knistert, atmet und Gras scheint sich hin und her zu wiegen in dieser Erlebnisausstellung. ‘Is it alive?` zeigt räumliche Textilinstallationen, die dank Technologie zum Leben erwachen. Sie alle entspringen der Faszination für natürliche Prozesse, denn wie entsteht Leben? Und wann erleben wir etwas als ‘lebendig’?
In ‘Is it alive?` kommt alles zusammen: Innovation, Textilien, Technologie und vom Leben selbst inspirierte Kunst. Das Herzstück ist ‘I am Storm’ des Künstlerduos DRIFT (Lonneke Gordijn und Ralph Nauta). Die neue und erstmals zu sehende Installation besteht aus etwa 20 überlebensgrossen Grashalmen, die im imaginären Wind wehen. Weitere Exponate sind die einzigartige ‘lebende Architektur’ des kanadischen Künstlers und Architekten Philip Beesley/Living Architecture Systems Group (LASG) und ein aktivierter Look der niederländischen Modedesignerin Iris van Herpen.
Die Ausstellung führt uns durch den Herstellungsprozess und zeigt, dass Künstler manchmal Forscher und Erfinder sind und Innovationen vorantreiben können. Die typischen Eigenschaften von Textilien wie Weichheit, spezielle Strukturen und Flexibilität werden genutzt, um in innovativen Installationen angewendet werden zu können.
In jedem Raum können sich die Besuchenden von einer anderen räumlichen Arbeit faszinieren lassen.
‘I am Storm’ ist das Ergebnis eines umfangreichen Forschungs- und Entwicklungsprojekts, das im 2021 gegründeten museumseigenen Textillabor ‘TextielLab’ stattfand. Der Forschungsschwerpunkt lag auf der Schaffung selbsttragender gewebter Strukturen. Bald wurden Experimente nicht mit Stoffen, sondern mit verschiedenen Arten von Metallfäden auf computergesteuerten Webmaschinen durchgeführt. Die Ergebnisse sind vielversprechend und die Forschung zum Weben mit Metall ist noch nicht abgeschlossen. ‘I am Storm’ ist eine erste einzigartige Anwendung dieser neuen Technik.
‘I am Storm’ besteht aus über 20 grossen Gräsern. Wenn Besucher durch die Halme hindurchgehen, sind sie in Bewegung, als wären die Besucher selbst der Wind, der das Gras hin und her wiegt. DRIFT ist bekannt für seine ästhetischen und poetischen Arbeiten, die stark von natürlichen Formen und Verhaltensweisen inspiriert sind.
Im nächsten Raum ist die Co-Produktion des kanadischen und niederländischen Teams Philip Beesley/LASG und Iris van Herpen zu sehen: Die Arbeit ist eine Kombination aus Lichtprojektion und Bewegung, die das Ensemble von Van Herpen zum Leben erweckt.
‘Poietic Veil Tilburg’ ist ein zweites Projekt von Beesley, diesmal zusammen mit Studenten von der Technischen Universität Delft. Die futuristische Installation schwebt im Raum und ist das Ergebnis einer eingehenden Untersuchung von hochmoderner Architektur, die selbst Eigenschaften des Lebens aufweist.
Die Installation verfügt über eine spitzenartige Struktur und vibriert, knistert und kommuniziert mit Besuchern.
In den folgenden Räumen werden Tanja Smeets ‘Nebula and the Soft Machine’ aus dem Jahr 2016 – speziell für diese Ausstellung erweitert und aktiviert –
zusammen mit zwei interaktiven Arbeiten von Bart Hess aus der Serie ‘STIMULUS Cord Reflexes’ (2016) gezeigt. Diese Arbeiten beginnen sich zu bewegen, wenn sich Besucher nähern.
‘Wenn man wirklich alles um uns herum sehr genau betrachtet, wie die Dinge in der Natur konstruiert sind, ist es so kompliziert und so gut gemacht und auch so logisch, dass man sich fragen muss, ob die Natur nicht der High-Tech-Teil in unserer Welt ist.’ – Lonneke Gordijn, DRIFT.
Mit Unterstützung der Provinz Noord-Brabant, der Stadt Tilburg und des Ministeriums für Bildung, Kultur und Wissenschaft, von Fund 21, vom Prince Bernard Culture Fund, der Zabawas Foundation und der TU Delft.
Nicht verpassen:
Kurzer Video-Trailer auf der Ausstellungsseite des Museums
Info:
14. Oktober 2023 – 7. April 2024
Is it alive?
TextielMuseum
Goirkestraat 96
5046 GN Tilburg
Niederlande
***
Quinery – Interlaced in diversity
Vor einem Jahrzehnt schlossen sich Künstlerinnen nach ihrem gemeinsamen ‘Embroidery’-Studium an der Universität Middlesex in London zur Gruppe ‘Quinary’ zusammen. Bestehend aus vier Engländerinnen und zwei Deutschen, haben sie ihre Talente zu einem harmonischen Mix aus Kulturen und Erzählungen verwoben. Ihre jährlichen Präsentationen finden in England und Deutschland in Galerien, Kapellen sowie Kirchen statt. Die Gegenüberstellung zeitgenössischer Kunst mit historischen Hintergründen fügt Bedeutungsebenen hinzu und fördert Verbindungen über Zeit und Raum hinweg.
Mit ‘Interlaced in diversity’ präsentiert Quinary im ATELIER rothpauser in Sankt Martin noch bis zum 29. Oktober 2023 Arbeiten, die Vielfalt und Gemeinschaft, unsere westeuropäische Geschichte, kulturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten, Reisen, die Diversität der Völker Westeuropas und gemeinsame Traditionen thematisieren.
In ihrer Zusammenarbeit hauchen sie den Fäden der Geschichte, Kultur und persönlichen Erzählung Leben ein und schaffen eine Verbindung durch die Kunst der ‘Verwobenen Vielfalt’. In einer Welt, die nach Verbindungen sucht, steht ihre künstlerische Reise als Zeugnis für die Kraft der Kreativität, Grenzen zu überwinden und Geschichten zu weben, die über Nationen hinweg mitschwingen.
Vielen Dank an Monika Brückner für diesen Tipp!
Info:
6. September – 29. Oktober 2023
Quinery – Interlaced in diversity
KUNSTPFADE e.V.
im ATELIER|rothpauser
Kirchstrasse 5
67487 Sankt Martin
Deutschland
www.kunstpfade.de
www.instagram.com
Öffnungszeiten:
Fr, Sa, So: 15 – 17 Uhr
***
Hut & Nadel. Chic & Charme.
Historische Hüte und Hutnadeln aus den Sammlungen Schill und Weinhold
Noch bis 29. Oktober 2023 präsentiert das Museum für Angewandte Kunst in Gera eine vielfältige Sonderausstellung mit eleganten Hüten und filigranen Hutnadeln.
Die schnelllebige Mode Ende des 19. Jahrhunderts beeinflusste nicht nur die Kleidung, sondern auch deren Accessoires. Um die immer grösser werdenden Hüte an den Köpfen der Damen festzuhalten, kamen Hutnadeln in Gebrauch. Zwischen 1880 und 1920 erfasste der Modetrend, eine Hutnadel zu tragen, ganz Westeuropa, Amerika und Kanada.
Anfangs nur wenige Zentimeter lang und mit einem einfachen Knopf als Endstück, variierten die Nadeln aus Eisen oder Stahl bald in einer Länge von 20 bis 40 Zentimetern. Ihr Ende bekam oft eine Verzierung aus verschiedenen Materialien. Ein neuer Zweig der kunsthandwerklichen Gestaltung erschuf verschiedenste Formen der Nadelenden und neu entstandene Fabrikationszentren wie Gablonz widmeten sich diesem Modeaccessoire.
Als in den Jahren des Ersten Weltkrieges die Hüte kleiner wurden und in den 1920er Jahren die neuen ‘Topfhüte’ fest auf den modernen Bubiköpfen sassen, verloren die Hutnadeln ihre Bestimmung und gerieten aus dem Blickfeld der Mode.
Heute fast vergessen, zeigen über 600 Hutnadeln aus der Sammlung Weinhold die Vielfalt ihrer kreativen Ausgestaltung. Sie werden ergänzt durch passende Kopfbedeckungen aus dem Bestand der Hutsammlung Schill, des Museum für Angewandte Kunst sowie um Mode, Accessoires und Illustrationen, welche die Epoche der Moderne zwischen viktorianischem Zeitalter und den Goldenen Zwanzigern lebendig werden lassen.
Dass Hutnadeln auch Geschichte schrieben und als Mordwaffe in Krimis vorkommen, ist ebenfalls in der Ausstellung zu entdecken.
Ein Projekt des Fördervereins ‘Freunde des Ferberschen Hauses e .V.’ mit dem Museum für Angewandte Kunst Gera.
Info:
9. August – 29. Oktober 2023
Hut & Nadel. Chic & Charme.
Historische Hüte und Hutnadeln aus den Sammlungen Schill und Weinhold
Museum für Angewandte Kunst
Greizer Strasse 37-39
07545 Gera
Deutschland
***
Tod und Teufel
Faszination des Horrors
Nichts für Zartbesaitete ist die grosse Herbstausstellung am Düsseldorfer Kunstpalast, die noch bis 21. Januar 2024 zu sehen ist: Hier verbreiten Tod und Teufel Angst und Schrecken. Dem Unbehagen, das einige der Ausstellungsstücke auszulösen vermögen, steht jedoch eine lustvolle Faszination, manchmal gar ein humorvoller Zugang gegenüber. Das häufig als seicht abgewertete Genre des Horrors wird in dieser Schau reevaluiert, die historischen Ursprünge ebenso beleuchtet, wie der zeitgenössische Gebrauch seiner Symbole in Mode, Musik, Film und bildender Kunst.
Horror und Grauen beschäftigen die Menschheit seit eh und je. Erstmals geht mit Tod und Teufel eine epochen- und spartenübergreifende Ausstellung dieser ungebrochenen Anziehungskraft nach. Das Spektrum der gezeigten 120 Werke reicht von klassischer Malerei und Skulptur bis zu aufwendigen Installationen.
Ein Prolog zu Beginn der Präsentation veranschaulicht, wie die Kunst- und Kulturgeschichte von Tod und Schrecken geprägt ist. Dabei spannt sich der Bogen von den fantastischen Dämonen der Renaissance, die sündiges Verhalten anmahnen, über die Landschaften der Romantik, die von Ruinen und Schatten durchdrungen sind, bis hin zu den spannungsgeladenen Figuren, die in frühen Horrorfilmen des 20. Jahrhunderts lauern. Als Teil eines ‘kannibalischen’ Genres, das seine eigenen Symbole, Charaktere und Themen immer wieder neu aufgreift, dienen diese historischen Beispiele zur Kontextualisierung der zeitgenössischen Interpretationen des Grauens.
Im Hauptteil der Schau bringt die Ausstellung Werke aus den letzten zwei Jahrzehnten zusammen und lässt vielfältige Adaptionen von Strategien und Protagonisten des Horrors erkennen. Wie keine andere Subkultur war ab dem späten 20. Jahrhundert die Goth-Szene für einen ästhetischen Kanon prägend. Aufgegriffen von Designerinnen und Designern wie Rei Kawakubo, Rick Owens oder Viktor & Rolf fanden Facetten der Goth-Mode zunächst Eingang in die High Fashion, um später fast zum Mainstream zu werden. Musikgenres des Metal und Rock, die am engsten thematisch und symbolisch mit Tod und Teufel verbunden sind, haben sich auf globaler Ebene weiterentwickelt und neue politische Kontexte und musikalische Einflüsse integriert. Auch im Horrorfilm ist die Auflösung der Grenzen spürbar – in Bezug auf Genres ebenso, wie hinsichtlich der Frage, wo die wahre Quelle des Horrors liegt und wer eigentlich gut und wer böse ist.
In der bildenden Kunst schliesslich beschäftigen die Themen Tod, Unheil, groteske Körper und grenzüberschreitende Mischwesen zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler weiterhin. Sie bedienen sich eines breiten und widersprüchlichen Spektrums an Ansätzen und ihre Werke können von Angst über Ekel bis hin zu Humor und Romantik unterschiedlichste Emotionen und Assoziationen bei den Betrachtenden hervorrufen.
Die Ausstellung im Kunstpalast vereint Exponate aus Mode, Kunst, Musik und Film. Präsentiert werden Arbeiten von so verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern wie Rei Kawakubo, den Chapman Brothers, Billie Eilish, Lars von Trier, Berlinde de Bruyckere, Mary Sibande und vielen anderen. Death Metal und die blutgefüllten Turnschuhe von MSCHF treffen auf Beiträge von Andres Serrano und Eliza Douglas. Gemeinsam ist diesen Werken ein kanonisierter Regelbruch, der die Grenzen der Gesellschaft überschreitet, unter die Haut geht und die Fantasie beflügelt.
Info:
14. September 2023 – 21. Januar 2024
Tod und Teufel
Faszination des Horrors
Kunstpalast
Ehrenhof 4-5
40479 Düsseldorf
Deutschland
***
Auf Abwegen – Gerät + Schmuck am Rande der Vernunft in der zeitgenössischen Gold- und Silberschmiedekunst
Ab dem 6. Oktober 2023 zeigt das Schmuckmuseum Pforzheim die Ausstellung ‘Auf Abwegen – Schmuck und Gerät am Rande der Vernunft’, kuratiert von Ellen Maurer Zilioli.
Die Kuratorin schreibt über die Ausstellung:
‘Gold- und Silberschmiedekunst stützen sich seit Jahrhunderten auf eiserne Grundsätze, die den Vertretern der Zunft in Fleisch und Blut übergehen und das ästhetische Handeln regulieren. Entsprechend sieht das Panorama aus: moderate Innovationen, leise Andeutungen formaler Abweichungen, zuweilen frechere Ausbrüche, vereinzelte meisterhafte künstlerische Einzelgänge.
Die Ausstellung ‘Auf Abwegen’ führt dagegen in ein Neuland jenseits bekannter Pfade und kunsthandwerklicher Vernunft. Sie beleuchtet die provokativen und wagemutigen Äusserungen einer experimentierfreudigen Szene, die mit klassischen Konzepten von Gefäss, Gerät und Schmuck aufräumt – tiefsinnig und vieldeutig.’
Wo hört der Nutzen auf, und wo beginnt das Spiel jenseits der Funktion? Es ist längst nichts Neues mehr, dass einige Vertreterinnen und Vertreter der zeitgenössischen Silber- und Goldschmiedekunst den klassischen Kanon ihrer eigenen Disziplin, ihrer historischen Wurzeln und Traditionen hinterfragen. Da entstehen wilde Dinge, die gold- und silberschmiedische Tabus verletzen, die von Ungehorsam, von Regelverletzung zeugen. ‘Da geraten goldene Regeln ins Wanken, ästhetische Normen werden diskutiert oder persifliert. Das Gerät, der Schmuck, das Objekt verwandeln sich in Paraphrasen ihrer jeweiligen Materie’, erläutert Kuratorin Ellen Maurer Zilioli. Gesellschaftliche, kulturelle, politische Kritik begleiten diese Tendenzen.
Die Schau zeigt Schmuck, Gerät und Objekte, die übliche Sichtweisen in Frage stellen. Beteiligt sind insgesamt 28 Künstlerinnen und Künstler, darunter Karen Pontoppidan und David Clarke, Myra Mimlitsch-Gray, Beatrice Brovia oder Nicolas Cheng.
Sie alle bewegen sich in einem Zwischenraum, der kulturelle Verkoppelungen erlaubt. Ihre Objekte, ihre Formfindungen lassen sich auf diesem feinen Grat ansiedeln, wo Definitionen und herkömmliche Vorstellungen das Fundament eines höchst intelligenten und vielschichtigen Nachdenkens zum Gerät, Gefäss und zum Schmuck überhaupt bilden, aber gleichzeitig immer verlassen oder modifiziert werden.
Kuratiert von Ellen Maurer Zilioli
Katalog erhältlich
Vom 19. Mai bis zum 22. September 2024 wird die Ausstellung im CODA Museum in Apeldoorn zu sehen sein.
Auch interessant:
Bitte beachten Sie auch die virtuelle Ausstellung Herta Gebhart – ‘Coco Chanel aus Westfalen’ des Schmuckmuseums Pforzheim, weiter unten zu finden.
Info:
6. Oktober 2023 – 11. Februar 2024
Auf Abwegen – Gerät + Schmuck am Rande der Vernunft in der zeitgenössischen Gold- und Silberschmiedekunst
Schmuckmuseum Pforzheim
Jahnstrasse 42
75173 Pforzheim
Deutschland
Eröffnung:
Do, 5. Oktober 2023, 19 Uhr
***
Yggdrasil, der Weltenbaum
Friedensstickereien 2023
Ab dem 22. Oktober 2023 präsentiert Zürcher Stalder an seinem Kulturort Garnlager in Lyssach die neue Auflage der Ausstellungsreihe ‘Friedenssticken’, diesmal unter dem Thema ‘Yggdrasil, der Weltenbaum’.
Die Künstlerin Ingrid Eggimann-Jonsson, die jährlich das Thema fürs Friedenssticken vorbereitet, ist fasziniert vom Weltenbaum, der alles umfasst. Yggdrasil wird auch Weltenesche genannt und verkörpert in der nordischen Mythologie den ganzen Kosmos. Er ist der Sage nach, der erste Baum der Welt und seine Äste ragen über alles. Seine Wurzeln verbinden die ‘Oberwelt’, die ‘Unterwelt’ und die ‘Erde’ miteinander.
Viele alte Geschichten und Mythen erwähnen den Weltenbaum. Für Ingrid Eggimann-Jonsson symbolisiert er die Zusammenhänge zwischen allem, ob Gut oder Böse. Sie möchte mit diesem fantasievollen Thema den Anstoss geben aus dem Vollen zu schöpfen und sich in der Stickerei auszuleben.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am diesjährigen Friedenssticken wurden dazu aufgefordert, sich zu überlegen, was sie fasziniert und dies in Form ihrer ganz persönlichen Weltenbaum-Stickerei festzuhalten.
Die Aktion Friedenssticken findet in der Schweiz schon zum 9. Mal statt und geht auf die Initiative einer schwedischen Stickgruppe zurück.
Die langsame Tätigkeit der Herstellung einer Handstickerei steht im starken Kontrast zur heutigen ‘schnellen’ Gesellschaft und insbesondere auch zur Produktion der sogenannten ‘Fast Fashion’, welche eine beispiellose Ressourcenverschwendung und Ausbeutung von Menschen mit sich bringt. Die Stickerinnen und Sticker setzen mit ihren Arbeiten ein Zeichen für mehr Achtsamkeit und Entschleunigung und sie solidarisieren sich mit anderen Stickerinnen und Stickern auf der ganzen Welt.
Auch interessant:
Die vorhergehende Ausstellung ‘Die Wayuu’ wurde bis zum 6. Oktober 2023 verlängert.
Nähere Info ist auf der Website zu finden.
Info:
22. Oktober – 12. November 2023
Yggdrasil, der Weltenbaum
Friedensstickereien 2023
Kulturort Garnlager
Gewerbestrasse 9
4321 Lyssach
Schweiz
Vernissage:
So, 22. Oktober 2023, 14 Uhr
Öffnungszeiten:
Mo – So: 13.30 – 17 Uhr
Während der Öffnungszeiten der Ausstellung ist auch der Lagerladen von Zürcher Stalder AG geöffnet.
***
Moki Cherry – A Journey Eternal
Noch bis zum 3. März 2024 zeigt das Moderna Museet Malmö die Ausstellung ‘Moki Cherry – A Journey Eternal’ und widmet der schwedischen Künstlerin damit die bislang grösste Präsentation ihrer Werke. Moki Cherrys (1943–2009) farbenfrohe Kunst vereint Malerei, Skulptur, Textilien, Mode und Bühnenbild. Alltag und Kunst werden miteinander verknüpft: Ein Musikinstrumentenkoffer dient als Träger für ein Gemälde, Reisetaschen werden zu textilen Collagen umgearbeitet und Zeichnungen formulieren ein Weltbild, bei dem die Natur im Mittelpunkt steht. Moki Cherry charakterisierte dieses grenzüberschreitende Werk mit der Beschreibung: ‘Die Bühne ist ein Zuhause, und das Zuhause ist eine Bühne.’
Moki Cherrys facettenreiche Kunst fasziniert durch ihre farbenfrohe Ausdrucksweise, ihr Engagement für ihre Umgebung, wie sie zur Teilnahme ermutigte und nach Wegen suchte, gleichzeitig Mutter und Künstlerin zu sein. Ihre Kunst könnte als Bestandteil von Konzerten in Paris, Kopenhagen oder auf dem Land Schonens präsentiert werden. Durch die Präsentation ihrer Kunst ausserhalb von Kunstgalerien und Theaterbühnen, beispielsweise an Orten wie ihrem eigenen Zuhause, löste Moki Cherry Hierarchien zwischen öffentlich und privat sowie zwischen Gestalter und Betrachter auf. Kinder, ihre eigenen und die anderer, machten mit und waren gleichzeitig auch Publikum.
Moki Cherry war in den 1970er Jahren praktizierende Buddhistin und die buddhistische Philosophie hatte einen lebenslangen Einfluss auf sie. Ihre Arbeit wurde von Kunst- und Kulturgeschichte sowie spirituellen Bewegungen westlicher und östlicher Traditionen beeinflusst. Auch ihre ausgedehnten Reisen und internationalen Kooperationen inspirierten ihre Arbeit. Das Ergebnis ist ein vielschichtiges Idiom, das von menschlichen und nichtmenschlichen Lebewesen bewohnt wird. Spätere Werke weisen Spuren des Kubismus und abstraktere Formen auf.
Monika Marianne Karlsson (1943–2009), besser bekannt unter dem Namen Moki Cherry, wurde im Norden Schwedens geboren, wuchs in Schonen, im Süden des Landes gelegen, auf und zog 1962 nach Stockholm, um Mode zu studieren. 1970 baute sie eine ehemalige Schule in Tågarp in ein Heim für die Familie sowie einen Treffpunkt für Musik, Theater, Kinderaktivitäten und Kunst um.
Zusammen mit ihrem Mann, dem Musiker Don Cherry, gründete sie die Organic Music Society (1966–77), die sie in einem Brief schwärmerisch als das grösste Ereignis der Kunstszene seit dem Russischen Ballett (1909–1929) beschreibt, ein Vergleich, der ihr Ziel einer integrierten, interdisziplinären Kunst (Gesamtkunstwerk) und einer Verschmelzung künstlerischer Genres unterstreicht. Ab den späten 1970er Jahren verbrachte sie ihre Zeit zwischen Tågarp und New York.
Moki Cherry verbindet eine lange Geschichte mit dem Moderna Museet. 1971 nahmen sie und Don Cherry an der Ausstellung ‘Utopias and Visions 1871-1981’ teil und erhielten dort die Gelegenheit, eine Gesamtinstallation zu schaffen – eine dynamische, lebendige Umgebung, in der Musik, Kunst und Alltag gleichzeitig stattfanden. Der Ausstellungstitel des Moderna Museet Malmö, ‘A Journey Eternal’, ist der 1971 erschienenen Publikation entnommen. Dies sind die letzten Worte eines mäandrierenden Textes von Moki Cherry, in dem sie ihrer ganzheitlichen Weltanschauung Worte verleiht. Das Moderna Museet in Stockholm zeigte 2016 eine Ausstellung mit Werken von Moki Cherry. Daneben hatte sie eine Reihe von nationalen und internationalen Ausstellungen. Die derzeitige Ausstellung im Moderna Museet Malmö präsentiert ein umfassendes Bild ihrer Arbeit.
Kuratoren: Elisabeth Millqvist und Andreas Nilsson
Info:
23. September 2023 – 3. März 2024
Moki Cherry – A Journey Eternal
Moderna Museet Malmö
Ola Billgrens plats 2-4
211 29 Malmö
Schweden
***
re:pair FESTIVAL Wien
Wie bereits in den Ausstellungstipps September 2023 kurz angekündigt, findet nach dem grossen Erfolg des letztjährigen re:pair FESTIVAL ab dem 13. Oktober 2023 eine zweite Ausgabe an drei Stationen in Wien mit einem reichhaltigen Programm statt. Ziel ist es, die Kultur der Reparatur aufzuwerten und wiederzubeleben. Dazu passend liegt ein Schwerpunkt des Programms auf dem Thema Fashion mit den Maximen: Weniger konsumieren, Second Hand kaufen, Kleider tauschen und vor allem reparieren und ändern.
Fast Fashion ist für einen hohen Ressourcenverbrauch, massiven CO2-Ausstoss, ausbeuterische Arbeitsbedingungen und extreme Umweltverschmutzungen verantwortlich – vor allem in Asien, aber auch in Afrika. Daher: Buy less – repair more! Denn je weniger und qualitativ hochwertigere Kleidung wir konsumieren, desto besser ist es für unsere Umwelt. Denn Fast Fashion heizt die Klimakrise an!
Reparatur ist ein mächtiges Instrument, um der Klimakrise entgegenzutreten und einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft zu leisten. Reparatur ermöglicht die effizientere Nutzung von Produkten und einen achtsameren Umgang mit unseren Ressourcen. Und sie lässt sich hervorragend in den eigenen Alltag integrieren. Deshalb wird den Besucherinnen und Besuchern des Festivals sowohl theoretisches Wissen als auch praktisches Können vermittelt – denn händische Fertigkeiten und Reparaturtechniken sind Grundlage der Selbstermächtigung.
Um möglichst viele Interessierte zum Mitmachen zu inspirieren, wird das re:pair FESTIVAL an drei Kulturorten in Wien Station machen. Zum Volkskundemuseum, wo die Festivalzentrale 2022 war, kommen zwei der kulturellen Ankerzentren der Stadt hinzu. Drei Wochen – drei Spielorte: Das Festival startet am 13. Oktober 2023 im Kulturhaus Brotfabrik. Ab 21. Oktober, dem International Repair Day, gastiert es im Volkskundemuseum. Zum Abschluss läuft in den Soho Studios ein vielfältiges Programm, das mit einem Tanz-Workshop am 5. November 2023 endet. Das Programm ist für jeden Standort massgeschneidert.
Tina Zickler, die Initiatorin und Kuratorin des re:pair FESTIVALS Wien, hat insgesamt ein reichhaltiges und interessantes Programm erabeitet, ersichtlich auf der Website und im Flyer.
Info:
13. Oktober – 5. November 2023
re:pair FESTIVAL Wien
Wien
Österreich
Auch interessant:
In Berlin geht es ebenfalls um das Thema ‘Reparatur’, aber mit einem anderen Ansatz:
Die Ausstellung ‘The Great Repair’ präsentiert vor dem Hintergrund der gegenwärtigen ökologischen und sozialen Krisen über 40 Positionen aus Kunst und Architektur sowie Raumpraktiken, in denen Reparatur als neues Gestaltungsparadigma greifbar wird. Die Ausstellung wird am 13. Oktober 2023 in der Akademie der Künste eröffnet; sie setzt beim Gebäude am Hanseatenweg an und macht mit einem ungewöhnlichen Rundgang Prozesse und Räume der Instandhaltung und Pflege sichtbar.
Weitere Info:
***
Webermarkt
Zauberhafte Muster und individuelle Accessoires – Zum Forum für hochwertige Handwerkskunst wird das Museum Tuch + Technik in Neumünster am Samstag und Sonntag, 14. und 15. Oktober 2023: Beim Webermarkt gibt es individuelle und meist handgefertigte Kreationen aus feiner Seide, flauschigen Wollstoffen und rustikalen Leinen- und Baumwollgeweben – aber auch aus Leder, Filz oder Papier.
Mit dabei sind in diesem Jahr gut 30 Aussteller*innen aus ganz Deutschland, eine Weberin kommt aus Dänemark, eine weitere Textilkünstlerin aus Schweden. Eine Fach-Jury hat die Teilnehmer*innen nach handwerklicher Qualität und künstlerischer Handschrift ausgewählt.
Im Rahmenprogramm sind Spinn- und Webvorführungen geplant – die Handwerkerinnen und Handwerker lassen sich dabei gerne über die Schulter schauen und beantworten Fragen der Besucherinnen und Besucher rund um das alte Handwerk.
Bereits am Eröffnungsabend kann man an den Ständen stöbern und vielleicht schon das erste Lieblingsstück ergattern. Der Eintritt am Eröffnungsabend ist frei. Die Eintrittskarten am Samstag sind gültig für zwei Tage.
Info:
14. – 15. Oktober 2023
Webermarkt
Museum Tuch + Technik
Kleinflecken 1
24534 Neumünster
Deutschland
Eröffnung:
Fr, 13. Oktober 2023, 19 Uhr
Öffnungszeiten:
Sa/So: jeweils 10 – 18 Uhr
***
GRASSIMESSE
Die vom 20. – 22. Oktober 2023 im Leipziger GRASSI Museum stattfindende GRASSIMESSE gilt als eine der führenden internationalen Verkaufsmessen für angewandte Kunst und Design, als Treff für Kreative, Galerien, Fachleute, Besucherinnen und Besucher aus ganz Europa.
Die Grassimesse lädt zum Schauen, Kaufen und Informieren ein und zeigt Neuestes aus den Bereichen Schmuck und Accessoires, Keramik, Porzellan, Mode und Textil, Möbel und Holz, Metall, Glas und Papier.
140 Ausstellerinnen und Aussteller aus acht europäischen Ländern sowie aus Südkorea, Taiwan, Japan, Südafrika und Israel sind diesmal ausgewählt worden. Darüber hinaus präsentieren sieben Hochschulen aus Italien und Deutschland hochinteressante Semesterprojekte. Etwa ein Drittel der Ausstellenden sind Newcomer.
Info:
20. – 22. Oktober 2023
GRASSIMESSE
GRASSI Museum für Angewandte Kunst
Johannisplatz 5–11
04103 Leipzig
Deutschland
www.grassimesse.de
www.grassimak.de
Öffnungszeiten:
Do, 19. Oktober: 19 – 21.30 Uhr, freier Rundgang
Fr + Sa: 10 – 19 Uhr
So: 10 – 18 Uhr
***
The Knitting & Stitching Show
Ein ganz umfassendes Angebote an Materialien aus fast allen Handarbeitsbereichen zeichnet die Knitting & Stitching Shows aus – eine Gelegenheit, um auch selten Angebotenes zu finden.
Aber auch die Ausstellungen sind einen Besuch wert. So sind beispielsweise die beiden britischen Textilkünstlerinnen Jan Beaney und Jean Littlejohn vertreten, die auch international ein grosses Renommée geniessen. Es gibt die Gemeinschaftsausstellung ‘Rhythms & Reflections’ und sie sind am Do, 5. Oktober 2023 um 14 Uhr im Creative Living Theatre zu erleben.
Auch Ausstellungen wie ‘Illuminate’ der Gruppe ‘Art Textiles: Made in Britain‘ schaut sehr vielversprechend aus. Die Mitglieder lesen sich wie ein Who’s Who: Bethan Ash, Louise Baldwin, Jessica Grady, Cas Holmes, Rosie James, Edwina Mackinnon, Sandra Meech, Sylvia Paul, Stephanie Redfern, Christine Restall und Sarah Waters. Bilder sind auf der Website des Veranstalters zu bewundern. Und hier kann man weiter stöbern und schöne Entdeckungen machen!
Info:
5. – 8. Oktober 2023
The Knitting & Stitching Show
Alexandra Palace
Alexandra Palace Way
Wood Green, London
N22 7AY
England
www.theknittingandstitchingshow.com
***
Quilt Fest 2023
Der Höhepunkt im Jahr ist für die Patchwork Gilde Austria das Quilt Fest, das – jedes Jahr an einem anderen Ort stattfindend – umfassende Ausstellungen mit Werken der Mitglieder, Workshops und Möglichkeiten zum Einkaufen und zum persönlichen Austausch bietet. 2023 ist das Bundesland Kärnten an der Reihe. Man freut sich sehr auf das Wochenende 7. – 8. Oktober 2023 in Gmünd.
Info:
7. – 8. Oktober 2023
Quilt Fest 2023
Patchwork Gilde Austria
9853 Gmünd, Kärnten
Österreich
***
Herta Gebhart – ‘Coco Chanel aus Westfalen’
Das Schmuckmuseum Pforzheim präsentiert die Online-Fotoausstellung
Über Herta Gebhart (1919-2017), die ‘Coco Chanel aus Westfalen’, hat das Schmuckmuseum Pforzheim eine virtuelle Fotoausstellung konzipiert – eine Empehlung!
In unterschiedlichen virtuellen Räumen können sich Besucherinnen und Besucher in aufregenden zehn Minuten durch die multimedial inszenierte Schau bewegen, die sich von Raum zu Raum steigert. Die Kreationen der Modeschöpferin lassen sich eingehend betrachten. Raffiniert geschnittene Kleider sind passgenau mit Accessoires wie Taschen, Schirmen oder Hüten bis hin zu Perücken kombiniert, stets akzentuiert mit extravagantem Schmuck von Friedrich Gebhart, ihrem Lebens- und Arbeitspartner.
‘Als wir von der Familie umfangreiches Informationsmaterial über Herta Gebhart aus deren Nachlass erhielten, waren wir sofort Feuer und Flamme, es der Öffentlichkeit über eine Online-Fotoausstellung zugänglich zu machen’, erläutert die Leiterin des Schmuckmuseums, Cornelie Holzach. Was Besucher des Schmuckmuseums vor Ort analog vorfinden, ist in diesem Projekt erstmals vollkommen digital – der Ort, die Exponate, die Präsentation und die Ausstellung als solche. Konzipiert haben die Schau, unter der Leitung von Cornelie Holzach, Katja Poljanac vom Schmuckmuseum und der Designer Kay Prühs, der die virtuellen Räume gestaltet hat.
Über Herta Gebhart
Herta Gebhart war ein Multitalent. Ursprünglich Metallografin, gab sie diesen Beruf als junge Frau auf, um auf die Modeschule in Frankfurt zu gehen. Ihren Eltern gegenüber verschwieg sie diesen Schritt und finanzierte sich mit nächtlichen Näharbeiten. Nach dem Abschluss machte sie sich in Frankfurt zusammen mit ihrem Mann Friedrich Gebhart, einem Goldschmied, selbständig. Nach Jahren in Münster erlernte sie von ihrem Mann sogar noch das Goldschmieden.
Das Künstlerpaar überzeugte mit anspruchsvollen Schmuckschauen und bei Ausstellungen im In- und Ausland. Es entstanden die formvollendeten Schmuck-Kleid-Kombinationen, ohne kommerzielle Zwänge, die Herta Gebhart sich auf den Leib schneiderte und für die sie später prämiert wurde. Sogar Taschen und Schirme entstanden in ihrem Atelier und sie erhielt auch dafür Auszeichnungen.
Zu den virtuellen Ausstellungsräumen
Die virtuelle Ausstellung in futuristischer Anmutung atmet den Geist der 1960er und 70er Jahre. Sie besteht aus sechs polygonalen Räumen, einem Smaragdschliff nachempfunden und aneinandergereiht wie an einer Perlenkette, die die Betrachter über trapezförmige Gänge einen nach dem anderen durchschreiten können. Diese sechs Räume spiegeln sechs entscheidende Lebensphasen von Herta Gebhart wider, vom ersten Kontakt mit der Modewelt über den Besuch einer Modenschau in Paris, ihr Leben in Frankfurt, die Beziehung zu ihrem Mann und ihre Erfolge bis zu ihrer eigenen Einstellung zu Leben und Arbeit als Frau in der Modewelt.
Eigenheiten der Animation
Der Film hat keine sichtbaren Schnitte. Um das Leben Herta Gebharts auch stilistisch widerzuspiegeln, wird es im ersten Raum langsam hell, um Licht auf das Leben der Protagonistin zu werfen, das im letzten Raum unter einem leuchtenden Sternenhimmel, der eines Modestars würdig ist, wieder abdunkelt.
Herta Gebhart als Stimme aus dem Off
Auf ihrem Rundgang durch die Ausstellung werden die Besucherinnen und Besucher von Herta Gebhart selbst geführt. Ihre Stimme aus dem Off, die einem WDR-Interview aus dem Jahr 2010 entstammt, wurde mit Hintergrundgeräuschen unterlegt, um einen auditiven Raum zu schaffen. So entstand beispielsweise durch das Geklapper einer mechanischen Schreibmaschine im ersten Raum ein Büro zu Kriegsende, im zweiten Raum mit dem Ankommen eines Zuges und einer französischen Durchsage ein Besuch in Paris etc. Die Geräusche im Hintergrund verleihen den Worten der Sprecherin ein imaginäres Bühnenbild und stellen ein Bindeglied zwischen ihren Erzählungen und den virtuellen Exponaten dar.
Info:
Die Fotoausstellung ist über das Onlineportal des Schmuckmuseums zugänglich:
***
… und dann gibt’s noch:
Ausschreibung:
9. EUROPÄISCHE QUILT-TRIENNALE
Die Textilsammlung Max Berk • Kurpfälzisches Museum der Stadt Heidelberg schreibt die 9. Europäische Quilt-Triennale europaweit aus.
Es werden insgesamt drei Preise vergeben:
▪ Doris Winter Gedächtnis-Preis für Innovation im Bereich Material, Technik und Entwurf in Höhe von € 5.000, gestiftet von der Unternehmensgruppe Betty Barclay
▪ Preis für Nachwuchsquilter*innen und Einsteiger*innen unter 40 Jahren, dotiert mit € 1.000
▪ Preis für Innovation im grossen Format (mind. 3 m², höchstens 4 m²), dotiert mit € 1.000
Die Preisträger*innen werden von der internationalen Jury bestimmt, der Nanna Aspholm-Flik, Deutschland/Finnland, Jette Clover, Belgien, Paulina Sadrak, Polen, Dr. Kristine Scherer, Kuratorin Textilsammlung Max Berk, Deutschland und Dr. Sabine Wilp, Deutschland angehören werden.
Ein Katalog wird erstellt.
Die Ausstellung wird voraussichtlich vom 23. Februar – 18. Mai 2025 in Heidelberg präsentiert und wird im Anschluss im Kreismuseum Zons (Deutschland) und im Textilmuseum St. Gallen (Schweiz) zu sehen sein; weitere Ausstellungen im In- und Ausland sind in Planung, so z.B. in Finnland.
Die Ausschreibungsunterlagen sind im Folgenden zu finden, auch Online-Anmeldungen sind möglich.
Ausschreibung in deutscher Sprache
Conditions Concours en francais
Deadline/Einsendeschluss der Bewerbungsunterlagen: 1. Juli 2024
Info:
Textilsammlung Max Berk • Kurpfälzisches Museum
www.museum.heidelberg.de
E-Mail: kmh-textilsammlung-max-berk(at)heidelberg.de – bitte (at) durch @ ersetzen
Bitte informieren Sie sich vor einem Ausstellungsbesuch auf der jeweiligen Website besonders über die tagesaktuellen Besuchsregelungen und die Öffnungszeiten – es kann sich immer etwas ändern.
Weitere Ausstellungen finden Sie auf meiner Website in der Rubrik AUSSTELLUNGSKALENDER.
Den verschiedenen Beteiligten herzlichen Dank für das Zur-Verfügung-Stellen von Informationen und Bildmaterial!
liebe gudrun, stück für stück arbeite ich mich durch deinen super-tollen oktober-blog: alles ein genuß, ALLLES möchte man sehen! vielen dank für deine viele mühe, die du hier wieder investiert hast!
und mitmachen würde ich ja am liebsten bei diesem projekt:
https://www.smb.museum/nachrichten/detail/culturalxcollabs-partizipatives-projekt-des-museums-fuer-islamische-kunst-startet-am-23-september-2023/
aber du weißt schon: alles zu seiner zeit!
dir wünsche ich sehr herzlich eine gute ebensolche – liebe grüße – von uschi
halli hallo uschi,
wie schön, von dir zu lesen, danke vielmals, das freut mich sehr.
und dein link, der ist klasse. den hatte ich – leider – noch nicht auf dem schirm. habe nur die temporäre schliessung wegen der baumassnahmen am pergamon-museum mitgekriegt 🙁
lass’ es dir weiterhin gut gehen!
beste grüsse
gudrun
Liebe Gudrun,kannst du die Frage beantworten ,warum man Wiebke nicht mehr sieht?Liebe GrüßeErika
Was für umwerfende Ausstellungstipps! Wie immer finden sich zudem viele spannende Querverweise/ recherchen. Auch wenn ich die meisten Ausstellungen nicht vor Ort besuchen kann, sind Ihre Beschreibungen plus Internetrecherche unglaublich inspirierend.vielen lieben Dank Frau Heinz und herzliche Grüße
halli hallo frau bechtel-fey,
ich freue mich sehr über ihren kommentar – vielen herzlichen dank dafür! was sie schreiben, sind genau meine beweggründe für die ausstellungstipps: informationen und inspirationen – vielleicht für eigene werke, mit einem geweiteten blick über das übliche hinaus ? und dann natürlich noch mein motiv, die textile kunst weiter in die öffentlichkeit zu tragen, bekannter zu machen und ihr vielleicht doch noch zu mehr anerkennung zu verhelfen …
ihnen nochmals vielen dank und
beste grüsse
gudrun heinz
Hallo Gudrun,wieder eine bunte Vielfalt an Ausstellungstipps. Friedensstickereien, wichtiger denn je. Ach, wie gerne würde ich nach Wien fahren zum Repair Festival, aber es ist doch etwas weit. Davon abgesehen, ist Wien ja ohnehin immer eine Reise wert…Viele GrüßeBirgit
halli hallo birgit,
ich danke dir sehr herzlich für deine lieben zeilen. du hast wie immer recht, leider nichts in deiner nähe. aber gerade das reparatur-thema ist derzeit sehr beliebt, vielleicht wird es noch für dich erreichbarer. ich drück mal die daumen.
beste grüsse
gudrun
Liebe Gudrun,herzlichen Dank für die wieder einmal üppigen Ausstellungstipps. Und ich kann nur sagen : Daumen hoch für Frau Goldenberg, die in Afghanistan trotz der Probleme nicht aufgibt mit ihrer Arbeit für die stickenden Frauen.Herbstliche GrüßeErika
halli hallo erika,
ganz herzlichen dank zurück! freut mich sehr, dass dir die tipps wieder mal gefallen – daumen hoch für dich und natürlich auch für pascale goldenberg 🙂
beste grüsse
gudrun