Mit Fadenziehern hatte ich in der Maßschneiderinnen-Ausbildung regelmäßig zu kämpfen. Eine liebe Kundin brachte uns immer ihre Schätze von Dior und Chanel zum Ändern. Die Stoffe waren sehr hochwertig, aber auch unheimlich empfindlich.
Trotz vorsichtiger Behandlung konnten wir es nicht vermeiden, dass sich manchmal Fadenzieher gebildet haben.
Habt ihr auch schon mal bemerkt, dass ein Faden eines Gewebes als Schlinge heraussteht? Besonders schnell passiert das bei feinen, glatten Fasern wie Seide und locker gewebten Stoffen wie Bouclé oder Crepe.
Im Bild oben seht ihr so einen Fadenzieher: Einer der verwebten Fäden steht als Schlinge ab.
Wenn es doof läuft, ist auch im Gewebe sichtbar, dass einer der Fäden nicht an der Stelle liegt, an der er sollte. Es können sich Stellen im Print verschieben.
Fadenzieher: Ursachen
Ursachen dafür können vielfältig sein. Eine stumpfe, verbogene oder eine Nadel mit “Zacken” löst oft Fadenzieher aus. Die Fäden bleiben hängen und lösen sich ein Stück weit aus dem Gewebe.
Auch herumliegende Stecknadeln, Splitter im Arbeitstisch und andere Gefahren, an denen der Stoff hängen bleiben kann, können zu Fadenziehern führen.
Eventuell könnt ihr aber gar nichts dafür und es handelt sich um einen Garn- oder Webfehler des Produzenten. Im Bild oben hatte ich neben dem kleinen Fadenzieher zum Beispiel ein Knötchen, das sich durch einen Fehler im verwebten Garn gebildet hat. Zwar fällt dieses Knötchen nicht sehr auf, aber unsichtbar wäre es natürlich schöner. Außerdem besteht die Gefahr, dass man an solchen Fehlern im Stoff hängen bleibt, sich etwas verzieht und der Fehler deutlicher in den Vordergrund tritt oder sich sogar Löcher im Gewebe bilden.
Wenn ein Fadenzieher aufgetreten ist, ist es schwierig, das Malheur wieder zu beheben. Auf jeden Fall solltet ihr aber darauf achten, dass der Faden sich nicht noch weiter verabschiedet und das Gewebe dadurch Schaden nimmt.
Fadenzieher ade – mit diesem Trick lasst ihr sie verschwinden
Die Methode ist ganz einfach, ihr braucht dafür nur eine feinere Nähnadel und normales Nähgarn.
Fädelt die Nähnadel ein. Die Enden des Garns braucht ihr nicht zu verknoten. Besonders lang muss es auch nicht sein, 15 cm reichen schon.
Stecht von der linken Seite des Stoffs mit dem Nadelöhr voran (!) durch den Stoff. Wichtig ist, dass ihr möglichst an der Stelle “auftaucht”, an der sich der Fadenzieher befindet.
Lasst die Nadel im Stoff stecken und zieht am eingefädelten Garn, bis ihr eine schöne Schlinge bilden könnt.Wichtig ist, dass das Garn nicht aus dem Öhr rutscht.
Legt die Garnschlinge um den Fadenzieher oder Webfehler. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Wenn ihr Schwierigkeiten habt, könnt ihr auch eine Pinzette zu Hilfe nehmen.
Jetzt könnt ihr langsam von der linken Stoffseite aus an der Nadel ziehen und sie wieder im Stoff versenken. Die Garnschlinge schließt sich um den Fadenzieher. Hier müsst ihr auch vorsichtig sein, dass der Fadenzieher nicht aus der Schlinge rutscht.
Eine gute Methode ist es, den Fadenzieher mit der Pinzette fest zu halten, während ihr die Schlinge zu zieht. Erst bevor das Garn komplett auf die linke Seite gezogen werden würde, könnt ihr den Fadenzieher los lassen.
Er wird zusammen mit dem Garn auf die linke Seite des Stoffes gezogen. Im besten Fall ist von rechts gar nichts mehr von einer Unregelmäßigkeit zu sehen, zumindest beugt ihr aber vor, dass das Gewebe noch weiter beschädigt wird, weil ihr an dem abstehenden Faden hängen bleibt.
Eine Nadel mit dem stumpfen Ende voraus durch den Stoff zu stechen ist ziemlich brutal. Besser nimmt man die Nadel eine Nähmaschine. Die hat die Öse an der Spitze.
Super Anleitung, hat das Jackett gerettet.
Hallo! Ich habe aktuell so einen Fadenzieher. Meine Frage ist nun, wie bekomme ich den Schaden an der Hose wieder weg? Die Naht hat sich dort zusammengezogen. Ich hoffe du weißt, was ich damit meine. liebe Grüße! Sarah
Vielen Dank für den Tipp! Habe damit meinen neuen 100% Wollschal von Louis Vuitton gerettet! Ohne deine Hilfe wären nun 350 € zerstört gewesen 😮
Weil der letzte Kommentar hierzu schon vier Jahre zurück liegt, möchte ich mich heute herzlich für diesen Tipp bedanken. Irgendwie ziehe ich mir öfter Fäden. Bisher fummelte ich die in das Nadelöhr der von links durchgesteckten Nadel, um sie dann nach links verschwinden zu lassen. So war mir das nach 60 Jahren immer noch von meiner Mutter her in Erinnerung. 🙁 Hätte ich den Trick hier nur eher gekannt, wieviel Zeit und Flucherei hätte ich mir und meinen Kindern gespart 🙂 Danke!
Hm, ich würd bei einem Fadenzieher, den faden wieder ins Gewebe einziehen, und zwar gut verteilt, und nicht einfach auf die nichtsichtbare Seite tauschen. Oder hab ichs falsch verstanden?
Oft klappt das nicht. Auf der linken Seite wird zumindest verhindert, dass man dran hängen bleibt und den Faden ganz raus zieht.
Deine Tutorials “von der Maßschneiderin erklärt” sind wirklich immer Gold wert! Danke!
Danke, das freut mich!
Super Idee Dankeschön
Gern!
Gute Idee. Werde das beim nächsten Fadenzieher ausprobieren.
Bisher habe ich eine Minihäkelnadel benützt, die ich von meiner Mutter habe. Früher hat man mit solchen Häkelnadel die Laufmaschen in Seidenstrümpfen repariert.
So ähnlich ist ja auch diese Methode. 🙂 Viel Erfolg beim Ausprobieren – hoffentlich wird das nicht so bald der Fall sein. 😉
auf eine solche idee muss man erstmal kommen! danke sehr, dass du sie hier so toll erklärst.
Gerne, liebe Gudrun! 🙂
Danke, super gut erklärt.
Gruß Mariel
Liebe Mariel,
danke, das freut mich! 🙂