Vor einigen Jahren zählten klassische Herrenwesten zu meinen Lieblingsdisziplinen. Entsprechend warten noch heute einige Stoffe in meinem Lager darauf verarbeitet zu werden 😉 Ich habe das Glück ein Männerexemplar zu haben, das freiwillig und gerne Anzüge und Hemden trägt. So war der potentielle Träger und zugleich das Maßmodell für die klassische Herrenweste schnell gefunden. In zwei Blog-Beiträgen werde ich beschreiben, wie man für eine Herrenweste auf Maß den Schnitt erstellt und wie diese anschließend verarbeitet wird.
Zunächst müssen also einmal die folgenden Maße genommen werden:
- Körperhöhe
- Brustumfang
- Taillenumfang
- Hüftumfang
- gewünschte Länge im Vorderteil
- gewünschte Länge im Rückteil
Hier hilft es, die Maße gleich in eine Tabelle zu notieren und von den Hauptmaßen 1/2; 1/4 und 1/8 zu berechnen und diese zu notieren. So hat man diese Maße später schneller für weitere Berechnungen parat.
Sind alle Maße berechnet und die Kontrollrechnung durchgeführt, kann es auch schon mit der Schnitterstellung losgehen. Folgende Beschreibung für den Grundschnitt einer klassischen Herrenweste ist selbstredend.
Nachtrag vom 17.08.2018:
Wem sich die oben angehängte Zeichnung nicht erschließt, kann folgende ausführliche Anleitung befolgen:
In den Grundschnitt können dann schon die gewünschten Verläufe des Halsausschnitts und der Saumverlauf eingezeichnet werden.
Wie es bei Maßkleidung üblich ist, sollte nach Erstellung des Grundschnitts eine erste Anprobe eines sogenannten “Vorläufers” erfolgen. Hierfür wird der Grundschnitt mit Nahtzugaben an Seitennaht und Schultern, sowie der hinteren Mitte herauskopiert. Auch der Übertritt an der vorderen Mitte für die Knopfleiste wird angesetzt. Mit buntem Kopierpapier können die Abnäher detailliert auf den Stoff übertragen werden. alle weiteren Schnittkanten (Saum, Arm- und Halsausschnitt) benötigen keine Zugaben. Aus einem möglichst günstigen Stoff (z.B. Baumwoll-Nessel) wird dann der Grundschnitt zur Anprobe abgenäht. In meinem Fall mussten die Saumlängen, Arm- und Halsausschnitt, die Schulterverläufe, sowie die Seitennähte verändert werden.
In die Kopie des Grunschnitts werden entsprechend die Änderungen am Vorläufer übertragen. Ebenso können nun gewünschte weitere Modifikationen wie z.B. die Lage der Leistentasche, die Größe des Taschenbeutels und die Futterbelege eingezeichnet werden.
Aus dieser Modifikation werden nun die einzelnen Schnittteile mit Nahtzugaben erstellt.
Im zweiten Beitrag (Anfang März) beschreibe ich die Vorgehensweise und Nähtechniken bei der Fertigung der Weste.
Bis dahin, frohes Schnitterstellen!
Hallo Bernina-TeamIm Massblatt steht oben rechts “Größe 46″…..ist eine Konfektionsgröße bei der Konstruktiondas für direkt in cm angegebene Maße wichtig ?? Ich trage eher Größe 56, bin aber etwas klein dafür….da wäre eine Konstruktion mit meinen tatsächlichen Maßen natürlich eine tolle Sache… ich habe für die Weste aber keine weiteren Hinweise gefunden….bin nur von der Größenangabe etwas irritiert….
Hallo Martin,
Du kannst die Weste auch nach deinen Körpermaßen konstruieren. Auf dem Maßblatt stehen alle Formeln hierfür. Als Grundlage dienen die Hauptmaße, die am Körper gemessen werden. Die Hilfsmaße werden dann aus diesen heraus, auch z.T. aus der Körpergröße berechnet. Ich hoffe das hilft Dir weiter 🙂
LG eva
Sehr geehrte Damen und Herren,haben Sie auch Grundschnitte für Herrenwesten Doppelereiher hochgeschlossen ?Beste Dank mit freundlichen GrüßenAnton Platter
Grüezi Herr Platter, vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihre Frage. Unter folgendem Link finden Sie alle Gratis-Schnittmuster im BERNINA Blog: https://blog.bernina.com/de/tag/gratis-schnittmuster/
Grundschnitte für Doppelreiher-Herrenwesten sind leider nicht dabei.
Lieber Gruss
Matthias Fluri
Muss ich etwas besonderes beachten, wenn ich diese Weste für einen sehr trainierten Mann erstelle? Also der Brustumfang ist erheblich größer als die Taille!
Hallo Franzi,
da viele Maße vom Brustumfang aus berechnet werden, sollte sich die Schnitterstellung durch die Maßberechnung ergeben. D.h. die vordere Naht wird weniger steil, die Seitennaht verjüngt sich stärker nach unten und am Rücken wird sich beim Anpassen voraussichtlich auch ein größerer Ausfall nach unten hin ergeben. Alles weitere wird dann wieder beim Vorläufer abgesteckt, wie z.B. der Verlauf der Schulter oder die Wegnahme von Weite am Ausschnitt bei starken Brustmuskeln und dann nachträglich eingezeichnet.
Viel Spass beim Schnitt erstellen! 🙂
Liebe Grüße, eva
Ist es sinnvoll, die Weste vorn und hinten mit Teilungsnähten statt mit Abnähern zu nähen, wenn man ein Bäuchlein einplanen muss?
Hallo Kay, da die Bauchweite ja im Schnitt zugegeben wird und die Größe eines Abnähers sich daraus berechnet, würde ich auch hier bis zum Vorläufer das beschriebene Vorgehen befolgen und dann sehen, ob das Verhältnis Bauch-Brust so stark voneinander abweicht, dass im Brustbereich Weite weggenommen werden muss. Das wird vermutlich am Besten über den Ausschnitt im Brustbereich und am Armloch ausgeglichen und in den Schnitt übertragen. Sollte durch die Wegnahme von Weite in der Verlängerung des Abnähers (also vertikal) der Schnitt noch besser angepasst werden können, dann ist eine Teilungsnaht auf jeden Fall die elegantere Lösung. Die Bauchweite kann im Rückteil nur bedingt durch Wegnahme von Rückweite ausgeglichen werden. Das lässt sich aber ja am Vorläufer auch alles gut testen. Aber auch hier gilt, wenn der Abnäher sehr lang wird und im Brustbereich der Abnäherinhalt zunimmt, dann ist die Teilnungsnaht wohl schöner. Ich hoffe das hilft Dir weiter!
Hallo liebe Jacqueline, ich selbst habe noch keine Weste für Bauchfiguren ersellt, daher kann ich nur theoretisch berichten. Der Schnitt berechnet sich ja aus gemessenen Körpermaßen, also kann der Taillenumfang auch größer sein, als der Brustumfang. Die Passform wird ja dann mit dem “Vorläufer” angepasst und nochmal auf den Schnitt übertragen. Da im ersten Foto nicht Gegenteiliges zu den Bauchfiguren steht, würde ich jedenfalls ganz normal dem Vorgehen folgen 🙂 Ich hoffe das hilft Dir weiter! Lg. eva
Hallo, das ist ja ein interessanter Beitrag! Muss ich etwas spezielles beachten, wenn ich die Weste für jemanden mit „Bauchfigur“ nähe, oder trifft die Anleitung nach wie vor so zu? Viele Grüße, Jacqueline