Warme Sonnenstrahlen, zauberhafte Blüten und gute Laune bringt der Frühling jedes Jahr aufs Neue. Für die ersten warmen Frühlingstage draußen habe ich für mich und meine Tochter ein romantisches Frühlings-Ensemble genäht. Und genau das möchte ich Euch in meinen nächsten vier Beiträgen hier auf dem BERNINA Blog vorstellen. Los geht’s mit meinem neuen Frühlingsrock, den ich – ganz ohne Schnittmuster – selbst konstruiert habe. Das ist gar nicht so schwer, wie es sich anhört. Und wie auch Ihr so einen Rock mit Bund nähen könnt, zeige ich Euch jetzt.
Das Material
Dieser Rock braucht kein Schnittmuster. Anhand der Taillenweite kann er für jede beliebige Größe konstruiert werden. In diesem Beitrag erfahrt ihr, wie ich den Schnitt für mich selbst erstellt und eine Variante des Rocks mit Eingrifftaschen und einem seitlich verdeckten Reißverschluss hinten genäht habe. Dafür habe ich verwendet:
- Baumwollstoff, 2,5 m
- Bügeleinlage (Gewebeeinlage, z.B. Vlieseline G710)
- Schrägband, ca. 4 m
- Etwas Futterseide für die Taschenbeutel
- Reißverschluss, 15 cm
- Hakenverschluss / Rockbundverschluss, z.B. von Prym
- Passendes Nähgarn
- Reißverschlussfuß für die Nähmaschine
Kleiner Hinweis: Ich habe für dieses Projekt 3,2 Meter Baumwollstoff gekauft. Der hat genau gereicht für meinen Rock in Größe M und den Rock meiner Tochter in Größe 104. Bei größeren oder kleineren Größen variiert die Stoffmenge natürlich.
Für die Konstruktion des Schnitts braucht Ihr:
- Geodreieck und ein langes Lineal
- Maßband
- Stoffmarker oder Schneiderkreide
- Schnur
- Optional: Schnittmuster-Papier
1. Schnitt für den Rock konstruieren
Ihr könnt den Schnitt entweder direkt auf dem Stoff konstruieren, oder ihn aus Papier ausschneiden. Letzeres hat den Vorteil, dass ihr ihn schnell und einfach immer wieder verwenden könnt.
Der Rock ist ein klassischer “Halbteller”. Das bedeutet, die Rockbahnen ergeben aneinander gelegt einen Halbkreis. Um den zu erhalten braucht ihr drei Zahlen:
- Taillenmaß = Eure Taillenweite
- Gewünschte Rocklänge = Bei mir von der Taille bis zum Knie
- Pi, die Kreiszahl (Ich rechne hier mit 3,14 – zwei Nachkommastellen reichen beim Nähen völlig aus)
Da es sich um einen Viertelkreis handelt, starten wir den Schnitt in einer Ecke, die einen Winkel von 90 Grad hat. Als erstes wird der Radius für den Bund berechnet.
Radius für den Bund = Taillenweite / Pi (3,14)
Um einen perfekten Viertelkreis zu zeichnen, habe ich mir mithilfe der Schnur und des Bleistifts einen Zirkel gebastelt. Dafür habe ich das eine Ende der Schnur in der oberen Ecke befestigt und das andere am Stift. Die Schnur habe ich dann solang um den Stift gewickelt, bis ihre Länge dem errechneten Radius entsprach. Damit habe ich den Bund auf dem Papier angezeichnet.
Den Radius für die Saumlinie erhaltet ihr nun, indem ihr die Rocklänge zum aktuellen Radius addiert.
Und schon ist der Schnitt für den Rockteil fertig.
Jetzt fehlt nur noch der Rockbund: Der Bund ist ein gerades Teil mit einer Breite von 6 cm. Er wird später längs zur Hälfte gefaltet und hat dann eine Breite von 3 cm . Die Länge ist der Taillenumfang + 4 cm Über- und Untertritt für den Haken/Knopf.
Bitte beachtet, dass ich in meiner Rechnung keine Nahtzugaben mitgerechnet habe. Ich füge diese beim Zuschnitt hinzu. Zeichnet ihr den Schnitt direkt auf den Stoff, müsst ihr die Nahtzugaben unbedingt mit einrechnen. Ich verwende hier eine Nahtzugabe von 1,5 cm für alle Nähte.
Falls Euch aber die Schnittkonstruktion gerade zu aufwendig ist und ihr mit Standard-Größen auch völlig zufrieden seid, hier noch ein Geheimtipp von mir: Einen ähnlichen Rock gibt es als “Vollteller” Variante auch hier als kostenloses Papierschnittmuster in den Größen 2-34 für Erwachsene zum Download. Um den Viertelteller zu erhalten, teilt den Kreis einfach durch 4 und ihr habt ein einfaches Tellerrockschnittmuster inklusive Nahtzugaben. 🙂
2. Den Rock zuschneiden
Es gibt tausende Anleitungen für einfache Tellerröcke im Internet. Was diese oft nicht enthalten, ist eine Angabe zum Fadenlauf. Damit so ein Rock aus Baumwolle später schön fällt und schwingt, muss er aber unbedingt im schrägen Fadenlauf zugeschnitten werden. Dafür falte ich den Stoff so, dass die eine Webkante im 90-Grad-Winkel zur anderen liegt und bügle ihn, um eine saubere Kante zu erhalten. An die wird dann das Schnittmuster angelegt.
Das Vorderteil schneide ich im Stoffbruch zu. Das Rückenteil in zwei Hälften. Die brauche ich, damit ich später hinten den Reißverschluss einsetzen kann. Dazu kommt dann noch der Bund. Hier seht ihr alle zugeschnittenen Teile des Rocks.
3. Rock mit Bund nähen
Nahtzugaben versäubern
Bevor es losgeht, habe ich die Zugaben der Seitennähte und der rückwärtigen Mittelnaht mit der Overlock versäubert. Habt Ihr keine Overlock, oder möchtet die Kanten anders versäubern, schaut mal hier vorbei. In diesem Beitrag habe ich 5 Varianten beschrieben, wie man Nahtkanten auch ohne Overlock-Maschine versäubern kann.
Seitennähte steppen
Bei dieser Variante des Rocks habe ich Nahttaschen eingesetzt. Ein kostenloses Schnittmuster für einen Taschenbeutel sowie eine Anleitung, wie man sie einnäht, findet ihr hier auf dem BERNINA Blog. Die Taschenbeutel werden als Erstes eingenäht.
Dann werden die Seitennähte gesteppt und die Nahtzugaben auseinander gebügelt.
Rückwärtige Mittelnaht steppen
Als nächstes markiert ihr Euch den Anfang des Reißverschlusses an der rückwärtigen Mitte. Dafür lege ich den Reißverschluss auf den Stoff und zeichne direkt am Ende, unter dem Stopper, eine Linie an. Achtung! Zeichnet diese Linie an und markiert sie NICHT mit einem Knips im Stoff. Das ist später für das Einnähen des Reißverschlusses wichtig.
Bis zu dieser Linie steppe ich nun die rückwärtige Mittelnaht und bügle die Zugaben auch NUR bis zu dieser Linie auseinander.
Reißverschluss einsetzen
Damit der Reißverschluss später vom Stoff verdeckt wird, bügle ich erst einmal die beiden Nahtkanten um.
- Auf der linken Seite bügle ich die Kante 1,5 cm um, genauso wie die Nahtzugabe der rückwärtigen Mittelnaht
- Auf der rechten Seite aber markiere ich mir eine Zugabe von 1,2 cm
Bügle ich die rechte Seite nun um, entsteht ganz unten am Ende des Reißverschlusses eine kleine Falte, genau dort, wo die Zugabe des Reißverschlusses in die der rückwärtigen Mittelnaht übergeht. Das liegt an den 3 mm Unterschied in der Weite und ist vollkommen beabsichtigt. Achtet unbedingt auf diese kleine Falte! Wenn ihr einen widerspenstigen Stoff habt, heftet sie fest. Diese Falte braucht es später, damit der Reißverschluss verdeckt wird und der überlappende Teil nicht absteht. Nun versteht ihr bestimmt, warum es einfacher ist, wenn sich an dieser Stelle kein Knips in der Nahtzugabe befindet. Der erschwert nämlich das saubere Bügeln dieser Minifalte am Reißverschluss-Ende.
Dann wird der Reißverschluss eingenäht. Dafür braucht ihr Euren Reißverschlussfuß. Als erstes stecke und nähe ich den geöffneten Reißverschluss auf der linken Seite ein. Das ist die, mit der “normalen” Nahtzugabe von 1,5 cm.
Dann steppe ich ihn fest und bügle die Kante.
Danach kommt die zweite Seite dran. Die erfordert etwas Geschick. Wenn Ihr das noch nie gemacht habt, empfehle ich, die Naht vorher mit ein paar Handstichen zu heften. Wenn ihr Euch vorher anschauen möchtet, wie das funktioniert, empfehle ich Euch dieses Youtube-Video meiner Lieblings-Schneiderin Gertie, in der sie ganz genau zeigt, wie es funktioniert:
Sie näht da übrigens auch mit BERNINA.❤️
Um den Reißverschluss einzustecken, legt ihr den Rock auf eine flache Oberfläche. Dann legt ihr den “Übertritt” über den Reißverschlussschlitz, so dass er genau die Naht der linken Seite verdeckt und steckt ihn auf der rechten Seite der Zähnchen ein. Damit ihr den vorderen Teil des Rocks nicht aus Versehen mitsteckt, hier ein kleiner “Profitipp” von mir:
Unter den Reißverschluss lege ich ein kleines Frühstücksbrettchen aus Kunststoff. So liegt der Reißverschluss beim Stecken schön flach und ich pinne nicht aus Versehen die Vorderseite mit fest.
Ist alles gesteckt, steppe ich den Reißverschluss auf der rechten Seite der Zähnchen fest bis zum Ende des Reißverschlusses. Wenn ich so dicht am Zipper bin, dass ich nicht mehr gerade weiter nähen kann, versenke ich die Nadel im Stoff und mache den Zipper zu. Dann nähe ich bis zum Ende des Reißverschlusses. Dort versenke ich die Nadel wieder in den Stoff und drehe den Rock um 90 Grad, um eine waagrechte Linie bis zum Anfang der linken Reißverschlussnaht zu nähen.
Zum Schluss bügle ich den Reißverschlussschlitz noch einmal und dann ist mein seitlich verdeckter Reißverschluss fertig.
3. Bund vorbereiten und annähen
Der Bund wird mit der Bügeleinlage verstärkt, damit er etwas Stand erhält. Dann markiere ich mir an den beiden Enden jeweils die 2 cm Über- bzw. Untertritt, die ich der Bundweite bei der Schnittkonstruktion dazugegeben habe.
Nun wir der Bund an den Rock gesteppt. Ihr beginnt dabei an der eingezeichneten Linie und endet am anderen Bundende auch wieder dort. Die Nahtzugaben werden dann zurückgeschnitten und erhalten kleine Einschnitte, damit sich der bogenförmige Rockteil gut in den geraden Bund einpasst.
Dann wird der Bund zur Hälfte gefaltet und zwar nach außen, mit der rechten Seite innen. Nun steppt Ihr die kurzen Kanten zu und das Stück Längskante, bis zur Ansatznaht am Rock. Das sind der Über- und Untertritt, an die später der Haken angenäht wird. Die Nahtzugaben werden kurz abgeschnitten und in den Ecken eingeschnitten.
Als nächstes wird der Bund gewendet und gebügelt. Die Ecken forme ich mit der Kante von meinem Geodreieck schön spitz aus. Beim Bügeln fasse ich direkt die komplette innere Unterkante des Bunds mit und bügle sie 1,5 cm nach innen um.
Die innere Bundkante stecke ich dann fest und steppe sie von der Außenseite in der Ansatznaht fest.
Ganz zum Schluss nähe ich dann oben am Bund noch den Haken an.
4. Saum mit Schrägband versäubern
Erstmal ne Runde abhängen! Bevor Ihr den Saum näht, hängt den Rock über Nacht auf einen Bügel oder eine Schneiderpuppe. Das ist wichtig, weil der Baumwollstoff durch den schrägen Fadenlauf und das Gewicht des Rocks nach unten gezogen werden kann. Dadurch verändert sich die Rocklänge stellenweise und ein vorher genähter Saum kann sich unschön verziehen.
Der Saum mit dem Schrägband ist hier nicht nur ein verspieltes Detail, er gibt dem Rocksaum auch zusätzlich noch etwas Gewicht, damit er schön schwingt.
Dafür legt Ihr das aufgefaltete Schrägband rechts auf rechts auf die Saumkante und steppt es in der Falzlinie rundum fest. Die beiden Enden des Bands überlappen sich wenn sie zusammentreffen.
Dann wird die andere Kante nach innen geklappt, das Band gewendet und um die Kante gebügelt. Danach habe ich es festgesteckt und schmal von der Außenseite abgesteppt.
Der rockt! Einen Rock mit Bund nähen ist so einfach!
Und fertig ist mein neuer Frühlingsrock! Wie ihr seht, ist das Nähen eines Rocks ohne Schnittmuster gar nicht so schwer. Und das Beste daran: Er kommt direkt “auf Maß” in Eurer Größe. Kein nerviges Größentabellen-Raten und Schnittmusterübergänge-Einzeichnen. Man kann ihn in allen möglichen Längen und aus den unterschiedlichsten Stoffen nähen. So ergeben sich tausende wundervolle Varianten.
In meinem nächsten Beitrag zeige ich Euch dann auch gleich eine solche: Für meine Tochter habe ich den Rock nach dem selben Prinzip in Größe 104 konstruiert. Da ich aber sowohl den seitlich verdeckten Reißverschluss als auch die Taschen bei so kleinen Kinder-Schnittteilen ziemlich kompliziert finde, habe ich die Anleitung für die Kinder-Variante etwas vereinfacht. Der vereinfachte Rock lässt sich natürlich auch für Erwachsene nähen und ist gerade für Anfänger super geeignet. Wie dieser Rock genäht wird, zeige ich Euch in der nächsten Folge meiner Reihe rund um mein frühlingshaftes“Mutter-Tochter-Outfit”.
Das Oberteil, das ich hier zu dem Rock trage ist übrigens auch selbst genäht nach einem Original Vintage Schnitt von 1956. Wie das entstanden ist, könnt Ihr Euch hier auf meinem Blog oder meinem Youtube-Kanal anschauen:
Bis dahin – genießt den Start in den Frühling!
Theresia
Tolles Muster, süsses Bild mit Tochter! Danke 🤩
Lieben Dank für Deinen Kommentar! Es freut mich sehr, dass Dir mein Rock gefällt. Ich liebe das Muster ebenfalls sehr, auch wenn es dank der changierenden Punkte schwer zu fotografieren war.
Liebe Grüße
Theresia aka Lasercat
Danke,Das liest sich doch sehr gut und scheint mir auch für meine Nähanfängerinnen geeignet. Und es dauert nicht zu lange. Also, vorgemerkt. Liebe Grüße, Nicole
Hallo Nicole,
es freut mich sehr, dass Dir meine Anleitung gefällt. Ich wünsche Dir ganz viel Spaß beim Nachnähen und noch mehr Freude beim Tragen.
Liebe Grüße
Theresia aka Lasercat