Kreative Artikel zum Thema Quilten

Wir trauern um Wiebke

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Sie müsse hundert werden, um all ihre Ideen zu verwirklichen, schrieb Wiebke in ihr Autorenprofil hier im Blog. Bei BERNINA waren wir uns sicher, dass sie mindestens dieses Alter erreichen würde – so lebensfroh und energiegeladen war sie. «Moin, moin», klang es aus dem Hörer, wenn Wiebke anrief, um von Beobachtungen und neuen Vorhaben zu erzählen. Von nachlassender Energie war nichts zu spüren. Gewisse Dinge fielen ihr mit der Zeit zwar schwer oder mussten ganz aufgegeben werden – die Arbeit in ihrem schönen Garten, die geliebten Segeltörns mit ihrem Mann auf der Ostsee. Umso mehr freute sie sich darauf, wieder mehr Zeit an der Nähmaschine zu verbringen. Das sagte sie in fast jedem Gespräch.

Leider ist es anders gekommen. 2023 war ein schwieriges Jahr für Wiebke. Sie erlitt gesundheitliche Rückschläge, von denen sie sich aber wieder aufrappelte. Im Herbst schien das Schlimmste überstanden. Wiebke war auf dem Weg der Genesung und konnte die Klinik verlassen, mit frischem Mut und vielen Plänen. In dieser Zeit eines frischen Aufbruchs ist Wiebke Anfang Oktober überraschend verstorben.

Wir sind bestürzt und unendlich traurig. Unsere Gedanken sind bei Wiebke und bei ihrer Familie.

Liebe Leserinnen, liebe Leser, auch Ihr habt Wiebke kennengelernt. Vielleicht habt ihr sie persönlich getroffen, z.B. anlässlich der Red & White-Ausstellung an der Nadelwelt in Karlsruhe. Vielleicht hattet ihr per Mail oder Telefon oder über die Blogkommentare mit Wiebke Kontakt. Vielleicht habt Ihr nach Anleitungen von ihr genäht, vielleicht auch nur ihre Artikel gelesen und Euch von ihren Bildern inspirieren lassen.

Wiebke präsentiert ihre Werke im Rahmen der Ausstellung “Segeln, Wind und Wellen” an der Nadelwelt. Foto: © Nadelwelt.

Wiebke war in ihren Anleitungen sehr präzise, hatte hohe Ansprüche an sich und durchaus auch an andere. Das Handwerk muss stimmen. Gleichzeitig wurde sie nicht müde, zur Improvisation aufzurufen. Indem man sich von Konventionen löst und frei arbeitet, kann man Neues entdecken und Eigenes schaffen. In diesem Geist sind Wiebkes Werke entstanden. Ihre Beiträge im Blog waren deshalb auch eine Anleitung zur Neugier.

Wiebke zeigt ihren grossartig strahlenden, doppelseitigen Seidenquilt, den sie zum 125-Jahre-Jubiläum von BERNINA genäht hatte. Foto: © Gudrun Heinz.

Anfänglich folgte Wiebke dem Blog als Leserin und lud Bilder ihrer Arbeiten in den Community-Bereich hoch. Diese gefielen uns so gut, dass wir sie fragten, ob sie zum Kreis der Blog-Autorinnen stossen und längere Beiträge publizieren wolle. Wiebke war dabei. Zunächst zweifelnd: «Was soll ich Omi unter all den Jungen?» Dann mit wachsendem Selbstbewusstsein – «das kann ich doch auch!», grossem Engagement und fast enzyklopädischem Ehrgeiz. Halbe Sachen gab es nicht. Schritt für Schritt führte sie die Leserinnen und Leser durch die Projekte, in einmalig ausführlichen Anleitungen, in die sie Stunden, Tage, Wochen investierte. Sie schöpfte aus einem reichen Wissens- und Erfahrungsfundus, wagte sich aber auch in neue Gebiete vor und setzte sich beispielsweise mit dem Thema Suchmaschinenoptimierung auseinander.

2013 publizierte sie ihre erste Anleitung als Blog-Autorin. Darin schrieb sie: «Mit meinen Beiträgen hier im Blog möchte ich Anregungen geben für eigene Ideen und den Spass und die Freude am Nähen weitergeben.» In der Folge erschienen hunderte von Artikeln aus ihrer Feder.

Erinnert Ihr Euch an die Red & White-Aktion und die von Wiebke kuratierte Ausstellung an der Nadelwelt?

Oder an die Teddys?

An die Waldorf-Puppen?

An die freien Muster nach Hundertwasser?

Wiebkes Patchwork-Anleitungen für Anfänger sind ein vollständiges Online-Nachschlagewerk für alle, die in dieses schöne Hobby einsteigen wollen.

Mit ihren Taschen und Täschchen aus Kaffeetüten und Schokoladeverpackungen leitete sie zu nachhaltigem Nähen an, bevor Upcycling zum Schlagwort wurde.

Mit dem dänischen Osterhuhn landete sie einen Hit. Auf Pinterest wurde das Federvieh mit den Spaghettibeinen inzwischen mehr als 2’000-mal geteilt.

Die folgenden Fotos stammen von Wiebke und zeigen eine kleine Auswahl ihres Werks:

Wiebke hat ihre Berichte für Euch geschrieben und Euch auf ihre textilen Streifzüge mitgenommen. Sie hat Euch aber auch losgeschickt auf eigene Erkundungen, indem sie im Blog Mitmachaktionen initiierte und Euch ermunterte, neue Techniken auszuprobieren. So sind durch Euch, liebe Leserinnen und Leser, tausende von Werken entstanden, in denen ein wenig von Wiebke steckt.

Wiebke an der Red-&-White-Ausstellung an der Nadelwelt in Karlsruhe. Mehr als 120 rotweisse Quilts wurden bei dieser von ihr initiierten Mitmachaktion eingereicht.

Ab 2022 hat Wiebke keine Artikel im Blog mehr publiziert. Sie blieb unserem Blog aber als aufmerksame Leserin erhalten. Ein Yin-und-Yang-Patchworkmotiv war ihr letztes Projekt im Blog, es stand für das lachende und weinende Auge beim Abschiednehmen.

Nun fällt Heiterkeit schwer. Die Trauer überwiegt.

Vielleicht kann dies ein kleiner Trost sein: Dass Wiebke durch das Nähen, Quilten und Schreiben so viel gegeben hat, was fortbesteht – in ihren Werken und in Euren Werken. Ich möchte glauben, dass Wiebke in Eurem Nähzimmer anwesend war, wenn Ihr nach Anleitungen von ihr genäht habt oder bei der Arbeit ein Bild oder einen Satz von ihr im Kopf hattet. Wer weiss, vielleicht ist sie das immer noch und begleitet Euch bei Euren kreativen Unterfangen, schüttelt manchmal skeptisch den Kopf, sagt dann «Trau Dich!» und «Weiter so!».

Wiebke zeigt den handgenähten Millefiori-Quilt – ihr Meisterwerk, an dem sie zwei Jahre gearbeitet hat.

Am 23. Oktober nahmen Freunde und Familie im Rahmen der kirchlichen Trauerfeier in Dänischenhagen Abschied von Wiebke. Wiebkes Tochter, die Sängerin ist, hatte für die Feier den Song Sailing von Rod Stewart aufgenommen – eines der Lieblingslieder von Wiebke. Unter folgendem Link könnt Ihr die Aufnahme als Audiodatei abspielen:

 

Am vergangenen Dienstag fand die Seebestattung statt. Nun ist Wiebke eins mit dem Meer, so wie sie es sich gewünscht hat.

Folgenden Text von Peter Streiff haben wir von Wiebkes Tochter erhalten:

Denk Dir ein Bild – weites Meer
ein Segelschiff setzt seine weissen Segel
und gleitet hinaus in die See.
Du siehst, wie es kleiner und kleiner wird.
Wo Wasser und Himmel sich treffen, verschwindet es.
Da sagt jemand: „Nun ist es gegangen!“
Ein anderer sagt: „Es kommt!“

Der Tod ist ein Horizont, und ein Horizont ist nichts
anderes als die Grenze unseres Sehens.
Wenn wir um einen Menschen trauern,
freuen sich andere,
die ihn hinter dieser Grenze wiedersehen.

Vielleicht mögt Ihr in den Kommentaren einen Gedanken an Wiebke hinterlassen, eine Erinnerung festhalten, einen Gruss an diesen Ort hinter dem Horizont senden, wo Wiebke jetzt segelt.

Lieber Gruss
Matthias

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