Französische Nähte scheinen im Zeitalter der erschwinglichen Overlock-Maschinen etwas in Vergessenheit geraten zu sein. Dabei sind sie eine tolle Methode, um leichte und/oder transparente Webware zu versäubern, ganz ohne Overlock-Maschine oder -Stich. Ihr braucht nur einen Geradstich und ein Bügeleisen.
Ich mag diese Verarbeitungsform von Nähten sehr gerne für luftige Viskosestoffe, mit denen ich sehr häufig arbeite. Sie sichert die Kanten einerseits vorm Ausfransen und ist gleichzeitig sehr hochwertig – euer Kleidungsstück ist also auch von innen hübsch.
Französische Nähte bieten sich vor allem für transparente Stoffe wie beispielsweise Organza an. Eine durchscheinende Overlocknaht, die von außen sichtbar ist, wäre nicht so schön. Darum “versteckt” man die unversäuberten Kanten in einer französischen Naht.
Außerdem ist bei manchen Stoffen eine Versäuberung mit der Overlock-Maschine nicht ratsam, weil die Stoffe zu fein sind oder zu stark zum Ausfransen neigen.
Von innen sieht diese französische Naht so aus:
In diesem abgenähten Teil verbergen sich die offenen Kanten.
Von außen sieht man nur eine normale Naht:
Wenn ihr jetzt erst mal ein großes Fragezeichen im Gesicht habt, keine Sorge! Die Verarbeitung ist super einfach.
Anleitung: Französische Nähte ganz leicht nähen
Generell eignen sich französische Nähte für gerade und kurvige Nähte. Wenn ihr diese Verarbeitungsart das erste Mal ausprobiert solltet ihr mit einer geraden Strecke starten.
Legt eure Schnittteile links auf links aufeinander.
Ja, richtig gelesen: die rechte Seite des Stoffes, bei mir eindeutig durch das Muster zu erkennen, zeigt bei beiden Teilen nach außen.
Das widerspricht der “normalen” Verarbeitung, bei der man den Stoff immer rechts auf rechts legt, damit sich die Nahtzugaben auf der Innenseite befinden. Wenn ihr die Anleitung bis zum Ende lest, versteht ihr aber, warum hier anders vorgegangen wird.
Zieht von eurer Nahtzugabe 0,5 cm ab und schließt die Naht auf der rechten Seite, also außen, in diesem Abstand.
Bügelt die Nahtzugaben. Ich bügle sie am liebsten auseinander, ihr könnt sie auch zusammen auf eine Seite bügeln.
Generell solltet ihr Bügeln bei dieser Verarbeitung nicht überspringen. Meiner Meinung nach ist es hier (und sowieso beim Nähen) unerlässlich. Auch wenn ihr vielleicht eine Abneigung gegen ständiges Bügeln beim Nähen habt, solltet ihr hier über euren Schatten springen, denn die Verarbeitung steht und fällt mit dem Bügeln.
Legt die Lagen jetzt rechts auf rechts aufeinander. Bügelt die Naht so, dass ein Bruch bzw. eine Kante entsteht.
Dreht die Schichten wieder auf rechts. Die Nahtzugabe zeigt nach außen – die wird jetzt auf ca. 0.3 cm zurück geschnitten. Auf jeden Fall sollte die restliche Nahtzugabe geringer als 0.5 cm ausfallen. Benutzt dafür am besten eine kleine Schere, mit der ihr mehr Kontrolle habt. Manchmal benutze ich auch einen Rollschneider dafür. Seid aber vorsichtig, dass ihr nicht aus Versehen in den Stoff neben der Nahtzugabe schneidet.
Nach dem zurückschneiden werden die Lagen wieder rechts auf rechts gelegt. Die gebügelte Naht sollte eine klare Kante bilden.
Näht auf der linken Seite an dieser Kante im Abstand von 0,5 cm entlang.
Ich habe mich dafür an meinem Standard-Nähfüßchen der bernette 38 orientiert: Ich habe die gebügelte Nahtkante am klaren Plastikteil des Füßchens entlang laufen lassen, das sind genau 0,5 cm. Auf dem Bild seht ihr, dass der Stoff an der Grenze zwischen Plastik und Metall entlang läuft.
Bügelt die französische Naht im Anschluss auf eine Seite. So ist die Naht von rechts bzw. außen auch schön definiert.
Dadurch, dass wir bei der ersten Naht auf der rechten Seite 0,5 cm Nahtzugabe weniger verwendet haben, geht die Rechnung jetzt wieder auf, da beim Einschließen der Stoffkanten nochmal 0,5 cm wegkommen.
Habt ihr die Nahtzugaben nicht genug zurück geschnitten? Dann werdet ihr jetzt auf der rechten Seite Teile der offenen Kante aus der Naht hervorblitzen sehen. Deswegen ist es wichtig, auf jeden Fall weniger als 0,5 cm Breite stehen zu lassen – ohne so viel wegzuschneiden, dass ihr Gefahr lauft, dass die offene Kante sich aufribbelt, die erste Naht aufgeht und die Kanten nicht mehr eingeschlossen sind.
Entweder trennt ihr die zweite Naht – die auf der linken Seite – nochmal an der entsprechenden Stelle auf und schneidet die Nahtzugaben zurück, oder ihr schneidet die auf der rechten Seite hervor schauenden offenen Kanten so weit es geht an die Naht zurück.
Noch ein letzter Tipp: Setzt französische Nähte bei Kleidungsstücken ein, bei denen ihr wisst, dass sie passen – weil ihr sie schon mal genäht oder ein Probeteil gemacht und den Schnitt entsprechend angepasst habt. Französische Nähte lassen Änderungen zwar zu, allerdings machen sie diese auch aufwändiger.
Habt ihr diese Verarbeitungsart schon einmal bei einem Kleidungsstück bemerkt oder vielleicht sogar selbst eingesetzt?
Hallo,
ich hab eine kleine Frage zur Vorgehensweise bei der franz. Naht: Nähe ich zuerst alle Nähte eines z.B. Hemdes links auf links und dann alle rechts auf rechts oder nähe ich nahtweise die franz.Naht ferig?
Ingrid Dez.18
Kann ich diese franz. Naht auch für das zusammennähen von feinen Gardinen nutzen?
Ich finde diese Art von Naht sehr toll. Habe es eben mal an einem Probierstück genäht. Meine Frage ist allerdings, muss ich mehr Stoff einkalkulieren wenn ich mit dieser Art versäubere? Das ist mir nicht so ganz klar.
Hallo Elke,
vielen Dank für das Feedback!
Nein, du verteilst die vorhandene Nahtzugabe nur auf zwei Nähte. Sagen wir, dass bei dem Schnittteil eine Nahtzugabe von 1,5 cm vorgegeben ist. Ich ziehe immer erst 0,5 cm NZG ab (mit der ich später die finale Naht nähe) und schließe in dem Abstand die erste Naht. Hier wären das 1 cm NZG. Nach dem Bügeln schließt du die finale Naht dann mit 0,5 cm Abstand – so kommst du insgesamt wieder auf 1,5 cm, die du “weggenommen” hast. Ich hoffe, so ist es etwas klarer geworden. Du kannst die NZG natürlich auch anders aufteilen, ich mag nur die schmalen französischen Nähte lieber. Du könntest z.B. auch beide Nähte mit 0,7 cm nähen, so würdest du am Ende ja auch wieder auf die ~1,5 cm kommen.
Lieber Gruß, Jenny
Ich nähe häufig Einkaufstaschen, die ich besticke (Diese normalen Stoffbeutel in verschiedenen Größen) Dafür nutze ich grundsätzlich französische Nähte, die sind einfach sauberer.
Ganz genau, eine sehr saubere Sache. Und strapazierfähig noch dazu!
Lieber Gruß, Jenny
Danke für diese wunderbare Anleitung!
Wenn ich diese Naht bei Kleidungsstücken einsetzen will, ist die letzte Naht (rechts auf rechts) die endgültige, richtig? Wegen der Passform… Sorry, hab gerade ein Problem, mir das richtig vorzustellen…
Liebe Grüße, Katrin
Hallo Katrin,
danke, gern geschehen!
Ganz genau, die letzte Naht, mit der du die offenen Kanten einschließt, ist die endgültige Naht. Am besten nimmst du dir mal ein kleines Reststück, da kannst du das auch ganz schnell ohne bügeln ausprobieren. Dann verstehst du vermutlich ganz schnell, wie das Ganze nachher aussieht. 😉
Lieber Gruß, Jenny
Oh ja, die nehme ich auch gerne!
Ein zusätzlicher Tip: Bei sehr locker gewebten oder anderweitig stark ausfransenden Stoffen sind 3mm etwas wenig. Man kann aber die gesamten Französische Naht breiter machen, dann kann man innen auch 5mm stehen lassen und die letzte Naht dann mit 7mm Abstand abnähen. Oder mit einem Zentimeter. Man muß nur vorher eine passende Nahtzugabe stehen lassen.
Bei Kurven wird es mit breiten Nähten allerdings schwierig… Mit schmalen habe ich aber auch schon Ärmel eingesetzt.
Danke für deinen Kommentar!
Ich nehme auch bei locker gewebten Stoffen nur 3 mm. Hat bisher immer gut geklappt, ich stelle den Stich dann etwas dichter ein. Breitere französische Nähte als 5 mm finde ich persönlich nicht schön.
Ärmel einnähen geht bei schmalen Nähten gut, aber bei breiteren würde ich davon abraten. Da ist die Gefahr für den Schrägzug einfach zu groß.