Kreative Artikel zum Thema Quilten

Eine Kuh macht Muh, viele Kühe machen Mühe

Eine Kuh macht Muh, viele Kühe machen Mühe!

Ein nettes Wortspiel, doch harte Realität – wobei in Afghanistan niemand über viele Kühe klagen würde!

Eine gewisse Mühe in den kommenden Wochen sollte aber auch Euch nicht davon abhalten, am Wettbewerb und Ausstellungsprojekt COWandMORE teilzunehmen! Dazu möchte ich Euch hiermit noch einmal motivieren. Ihr habt nur noch bis zum 31. Januar Zeit, Eure Bewerbung abzuschicken.

Jetzt mitmachen bei COWandMore!

Vielleicht habt Ihr Euch Gedanken gemacht und schon eine gestickte Kuh angeschafft, gar eine Skizze angefertigt und erste Gestaltungsideen entwickelt. Vielleicht habt Ihr schon mit dem Nähen angefangen und es kam Wichtigeres dazwischen? Vielleicht ist aber gar nicht mehr so viel zu tun und Ihr seid durch das Liegenlassen der Arbeit zu neuen überzeugenden Ideen gekommen… Ihr merkt schon: Ich möchte Euch dafür gewinnen, das Projekt zu vollenden, es gegebenenfalls auch neu zu betrachten oder ganz neu anzupacken.

Ihr findet die Teilnahmebedingungen hier: Teilnahmebedingungen COWandMore als PDF

… und das Anmeldeformular hier: Anmeldung COWandMore 

Ich wünsche Euch viel Freude dabei und viel Erfolg!

Geschichten aus Afghanistan

 

Stickerei von Hanifa

Neben der wertvollen Milch, aus der vieles gewonnen werden kann, liefern die Kühe auch noch die patis. Sie sind ein wertvolles Nebenprodukt, das hierzulande keinen großen Stellenwert genießt. Es handelt sich nämlich um Kuhfladen! Sie werden in Afghanistan gesammelt und zu einer Scheibe geformt, dann in der Sonne getrocknet und dienen später als Brennmaterial zum Kochen. Es werden große Vorräte daraus angelegt, da Holz sehr rar und entsprechend teuer ist.

Stickerei von Shukria

Stickereien von Kühen, in denen auch patis dargestellt sind, sind extrem selten. Das Thema wird wohl nicht gern von den Stickerinnen behandelt. Meshgans Arbeiten dokumentieren jedoch, einem Comic gleich, wie es in fast allen Haushalten in den Dörfern auf dem Land zugeht: Kuhmist wird gesammelt, mit Trockengras vermengt, zum Fladen geformt und zum Trocknen in die Sonne gestellt. Große Vorräte werden davon angelegt.

Stickerei-Serie von Meshgan

 

Vom Feld zum Vorrat

Dazu kann ich eine kleine Geschichte erzählen, die viele Jahre zurückliegt. Wir waren zu Fuß zwischen afghanischen Dörfern unterwegs, als ich einen prächtigen Haufen patis bewunderte, der einem Mauerwerk glich. Meine ganze Aufmerksamkeit galt dem gewonnenen Brennmaterial und ich achtete nicht weiter auf die Kuh, die danebenstand, bis ich endlich merkte, woran diese Kuh sich labte: Neben den patis befand sich eine Trocknungsstelle für Trauben (angur). Sie lagerten direkt auf dem Boden in der Sonne, um zu Rosinen (keshmesh) zu werden. Es dauert seine Zeit, bis ich Khaled fragte, ob es in Ordnung sei, dass die Kuh die Rosinen esse? Die Kuh, die sich losgerissen hatte, wurde sofort weggezogen und weit entfernt festgebunden. Ade, Festessen!

Mit dem „Dreckmaterial“ kann sehr sauber und ordentlich umgegangen werden, aber es gibt auch Haufen von patis, die überall herumliegen. Weil es sehr selten regnet, ist auch das kein Problem. Sie werden sogar direkt in den dunklen Küchen gehortet, unmittelbar neben der Feuerstelle, was einem okzidentalen Hygienestandard widerspricht.

Wenn ich es richtig verstanden habe, werden patis ausschließlich für das Kochen verwendet, also nicht als Brennmaterial, um sich zu wärmen. In Kombination mit Reisig werden diese patis für das Kochen des Wassers und die Zubereitung der Mahlzeiten verwendet. Die Mühe mit dem Nebenprodukt der Kühe lohnt sich also, das lebenswichtige Kochen wird so ermöglicht. Auch hier wird der große Wert der Kühe sichtbar.

Das Heizen der Räume in den Wintermonaten ist eine andere Geschichte, die ich kurz erzählen möchte. Alle, die sich keine Heizmöglichkeit leisten können, genießen tagsüber die warmen Sonnenstrahlen und nachts dicke Decken, dazwischen, insbesondere in der Früh am Morgen, wenn die Frauen des Hauses als Erste aufstehen müssen, ist das Leben bitterkalt.

Die sonst zwei gängigen Arten zu heizen sind die mit dem bakhari und sandali.

Bakharis – Stickereien von Frishta, Hassina und Zarghuna (v.l.n.r.)

 

Ein bakhari ist ein Ofen, der im Ofenbauch mit Sägemehl zugestopft wird. Das Sägemehl brennt sehr langsam ab und gibt so seine Wärme sehr lange ab (über die ganze Nacht). Reichere verwenden einen Ofen, der mit Holz beheizt wird. Ganz modern sind die neu auf dem Markt angebotenen Öfen, die an einer Gasflasche angeschlossen werden. Solch ein Modell habe ich nur einmal gesehen.

Sandalis – Stickereien von Zarghuna, Frosan und Masuda (v.l.n.r.)

Sandalis wärmen nicht die Raumluft. Über ein Holzgestell, ähnlich einem niedrigen Tisch aus Holz, wird eine große, herabhängende Steppdecke gebreitet. Ein Metallbehälter mit Glut aus Holz wird darunter platziert und die Menschen setzen sich darum herum. Die Wärme strahlt von unten an die Füße und Beine, der Torso wird von der Decke warmgehalten. Was bleibt nun übrig? Der Rücken! Die Älteren lehnen sich an ein Kissen an. Man kämpft mit 4 bis 6 Grad im Raum. Nachts legen die Menschen sich ein Stück weiter unter den sandali, um „gemütlich“ zu schlafen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass der Kopf außerhalb bleibt, damit man nicht das CO² einatmet. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Kindern.

Roya, eine gute Stickerin aus dem Dorf Sufian bâlâ, die im Quartal zur Zeit 60 Stickereien liefern darf, sagte mir einmal „Mein Mann ist alt und blind, verdient kein Geld mehr. Von meinem Lohn als Stickerin kann ich ganz allein die Familie ernähren, auch ohne einen eigenen Gemüsegarten zu haben. Unser sandali ist jetzt kaputtgegangen, aber ich brauche nicht bei der Verwandtschaft um Geld zu betteln, um ihn zu ersetzen. Ich habe mein eigenes Geld und kann das gute Ding davon kaufen“.

Handgestickte Mäntel von Farsaneh, Zoya und Boshra (v.l.n.r.)

Doch nicht allen Stickerinnen geht es so gut wie Roya. Wir fangen einige auf, die es mit dem Sticken allein nicht schaffen, die kinderreiche Familie zu ernähren. Bis auf eine, deren Mann im Gefängnis sitzt, sind sie alle Witwen. Sie werden mit dem sogenannten Stick-Not-Hilfe-Programm unterstützt, dessen Topf durch Spenden aufgefüllt wird, also nicht aus dem Verkauf der Stickereien kommt. Hier erfahrt Ihr mehr mehr: Spendenmöglichkeiten bei Guldusi.

In diesem Winter haben wir eine neue Idee gehabt: gestickte Mäntel werden zum Verkauf angeboten, davon geht die Hälfte des von Euch bezahlten Preises als Spende an die DAI e.V. Hier sind die Mäntel zu erwerben: Winter-Spendenaktion von Guldusi.

Ferner unterstützen wir Studentinnen, die selbst Stickerinnen oder Töchter von Stickerinnen sind, sodass sie sich die benötigten Bücher kaufen sowie die Fahrten zur Universität bezahlen können.

Handgestickte Kuh von Zoya

Mit dieser liebevollen Stickerei von Zoya, die neulich im Newsletter vorgestellt wurde, möchte ich Euch darüber informieren, wie Ihr den Newsletter per Mail bekommen könnt, der 2 bis 3 Mal im Jahr erscheint. Darin erfahrt Ihr u.a. auch als Erste über die Wettbewerbe, die Jahr für Jahr angeboten werden. Hier geht es zum Kontakt: https://www.guldusi.com/kontakt.html

Euch allen wünsche ich alles Gute, ob mit oder ohne Kuh, mit oder auch ohne viel Mühe! Kommt gut durch das Jahr, bleibt gesund und habt viel Freude am kreativen Tun.

Herzlich Pascale

Ähnliche Inhalte, die dich interessieren könnten

Kommentare zu diesem Artikel

3 Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Erforderliche Felder sind mit * markiert

  • Petra BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

     

    Liebe Pascale,
    ich bewundere Dein Arrangement für die Frauen in Afghanistan sehr. Meine Hochachtung!

    Als ich das erste mal von dem Projekt mit den gestickten Kühen hörte, stand für mich fest, dass ich mich an der Ausschreibung beteiligen werde. Noch hatte ich weder vom Quilten noch von dem entbehrungsreichen Leben der Frauen in Afghanistan eine Ahnung.
    Genau zu dieser Zeit stieß ich auf die Mitmachaktion „Quilten ohne Konvention“ im Berninablog. Das Nähen gehörte von nun an zu meiner täglichen Beschäftigung. Ich lernte unter Anderem das Freie Schneiden, Quilten und Applizieren. Gleichzeitig informierte ich mich über das Leben der Frauen in Afghanistan.

    Mit der Teilnahme an dieser Ausschreibung verbinde ich ein Stück Solidarität mit den Frauen in diesem fernen Land, deren Lebensverhältnisse so schwierig sind.
    Liebe Grüße
    Petra

     

  • Helene Wolfgang BearbeitenDas Bearbeiten von Kommentaren im BERNINA Blog ist erst nach Anmeldung mit einem Blog-Benutzerkonto möglich. Melden Sie sich jetzt an oder erstellen Sie hier ein Benutzerkonto, wenn Sie noch keines besitzen.

    Hallo,

    danke für den Bericht. mit für unsere Verhältisse doch kleinem Spendenbetrag helfen, ist schon Klasse. Was wissen wir so wenig von den wirklich armen Menschen…. ob man nun nach Vietnam schaut, da war unser Sohn grad. Und hat mir einen Prospekt von einem sozialen Verein mitgebracht, die inzwischen 200 Frauen unterstützen, aus dem Verkauf von genähten Quilts.
    Toll, dass Du das hier immer wieder veröffentlichst .. hatte zu wenig Zeit beim letzten Mal in Karlsruhe, um noch jemanden an Eurem Stand anzutreffen. Tolle Aktion!

Liebe Leserin, lieber Leser des BERNINA Blogs,

um Bilder über die Kommentarfunktion zu veröffentlichen, melde Dich im Blog bitte an.Hier geht es zur Anmeldung.

Du hast dich noch nicht für den BERNINA Blog registriert?Hier geht es zur Registrierung.

Herzlichen Dank, Dein BERNINA Blog-Team