Ihr Lieben, wir sind schon bei Teil 8 der Blog-Serie “Nähen lernen für Anfänger”. Ich darf euch heute eine Einführung in das Thema Quilten geben. Darüber freue ich mich sehr, da ich sehr viel Freude am Quilten habe und ich schon einige Jahre damit arbeite.
Die Lagen des Quilts
Wer hier in Europa von „Quilten“ hört, denkt sicherlich an die großen Patchwork-Decken aus den USA, die auch in unseren Nähzimmern Einzug halten. Dabei hängen Patchwork und Quilten eng zusammen. Ersteres beschreibt die Art und Weise, wie man die Oberseite auf verschiedene Art zusammenstückelt, mit Quilten ist allerdings die Verbindung dieser Oberseite mit einem Vlies und einer Rückseite gemeint.
Die Rückseite besteht in den meisten Fällen aus einem Stück Stoff, sie kann genauso gut aber auch aus kleineren Stücken bestehen, die im Vorfeld zusammengenäht wurden.
Beim Vlies gibt es verschiedene Dicken und Materialien, die das typische Quiltergebnis liefern. Man kann zwischen Baumwoll-, Synthetik-, reine Woll- oder Seidenvliesen wählen. Je nachdem, für welches Projekt man sich entscheidet.
Es werden also in den meisten Fällen drei Lagen an Material miteinander verbunden, man spricht vom so genannten „Quiltsandwich“. Hierfür gibt es verschiedene Techniken, von denen ich euch heute vier vorstellen möchte. Selbstverständlich gibt es auch weitere Untergruppen, aber diese vier geben euch – wie ich finde – einen schönen Einblick in die Welt des Quiltens.
Patchwork
Patchwork ist schon für sich alleine ein riesiges Thema, weil es eine Vielzahl an Möglichkeiten gibt, Stoffstücke in allen Farben und Formen aneinander zu nähen, so dass eine individuelle Oberseite entsteht. Bei Formen und Farben sind dabei keine Grenzen gesetzt. Man verwendet für diese Oberseite am besten Baumwollstoffe, da diese (kaum) dehnbar sind und somit ein gleichmäßiges Ergebnis schaffen. Wer es von den Stoffen her harmonisch aufeinander abgestimmt mag, kann zu Stoffserien greifen, die es bereits in verschiedenen Größen zugeschnitten gibt (“Pre Cuts”).
Wichtige Helferlein beim Patchwork sind auf jeden Fall ein entsprechendes Lineal plus Rollschneider, ein Bügeleisen, sowie ein Trickmarker.
Ein gutes Anfängerstück sind diese Untersetzer in Apfel- oder Birnenform. Da kann man hervorragend das Aneinanderreihen von Stoffstreifen und -quadraten üben und hat relativ schnell ein schönes Ergebnis.
Erst die Quadrate aneinander nähen. Danach die aneinander genähten Quadrate zu Reihen nähen. Schließlich die Reihen aneinander nähen. Es entstehen dabei zahlreiche Nahtzugaben. Diese stets ordentlich auseinander bügeln! Patchworker verwenden als Maßangabe in der Regel Zoll bzw. Inch. Als Nahtzugabe wird meist 1/4 Inch gewählt.
Hier seht ihr zum Beispiel, wie man eine Stoffserie bis zum letzten Stück nutzen kann, …
… um eine schöne Patchworkdecke zu erstellen (Beitrag).
Wer sich gerne an einer Oberseite aus Hexagons wagen möchte, kann ich diesen Beitrag empfehlen.
Das Binding
Ein weiterer, wichtiger Bestandteil in der Thematik des Quiltens ist die Umrandung, das so genannte Binding des fertigen Projekts. Das liegt daran, dass man – wenn alle drei Lagen miteinander verbunden sind – offene Stoffkanten hat, die nicht sauber aussehen. Je nachdem, welchen Effekt man erzielen möchte, verwendet man hierfür einen Stoff aus der Oberseite oder aber auch einen Kontraststoff, um den Quilt besonders einzurahmen und hervorzuheben. Ihr seht also, beim Quilten hat man eine große Bandbreite an Entscheidungen zu treffen, die alle über das Aussehen und die Wirkung des Projektes entscheiden.
Empfehlungen
Außerdem möchte ich noch kurz erwähnen, dass es auch die Möglichkeit gibt, einen professionellen Quiltservice in Anspruch zu nehmen, der meist eine große Maschine, eine so genannten „Longarm-Maschine“, besitzt, damit man sich an seiner kleineren Haushaltsnähmaschine nicht mit so einer Masse an Stoffen plagen muss. Das macht vor allem bei größeren Projekten Sinn.
Wer gerne tiefer in die Thematik des Quiltens eintauchen möchte, dem kann ich das Standardwerk Nähen vom Frech-Verlag empfehlen. Dies ist ein schönes, bebildertes Nachschlagwerk rund um unser Hobby. Außerdem gibt es vom Frech-Verlag auch ein Ebook zum Thema Patchwork und Quilten, in dem nochmals genauer darauf eingegangen wird.
Schließlich bietet auch der BERNINA Blog einen reichen Fundus an Patchwork- und Quilt-Anleitungen – beispielsweise diese Beitragsreihe von Wiebke Maschitzki oder diesen Anfänger-Quilt-Along von Irene.
Man kann unterschiedliche Projekte quilten. Wie oben schon erwähnt, Decken, aber auch Kissen, Tischläufer, kleinere Untersetzer oder auch Taschen und Kleidung. Ich habe mir lange Gedanken dazu gemacht, an welchem Beispiel ich euch das Quilten näherbringen möchte, und habe mich schlussendlich für ein kleines Täschchen entschieden, da es auch nach diesem Blogpost seine Verwendung findet und euch sicherlich Freude bereitet. Anhand dieses Täschchens zeige ich euch vier verschiedene Quilt-Techniken.
So, nun habt ihr viel textlichen Input gekommen, jetzt wollen wir aktiv werden und uns anhand des Täschchens vier Quiltmethoden anschauen.
Materialübersicht
Ihr benötigt pro Täschchen:
- das Schnittteil (hier als PDF)
- Vorder-, sowie Vlies und Rückseite jeweils etwa 25cm x 12cm
- etwa 1m Schrägband
- (Kunst-) Lederstück 1,5cm x 8cm
- 1 Druckknopf
- je nach Innenausstattung kleine Reste von Folie, Endlosreißverschluss, Gummiband und/oder Mesh (da sage ich unten noch etwas mehr dazu)
- verwendetes Garn: Seralon von Amann Mettler
Das Befestigen der Lagen
Ihr könnt bei der Oberseite oder eurem “Quilttop” frei wählen, ob dieses ganz schlicht aus einem Stoff oder aus einzelnen Teilen bereits im Vorfeld zusammengenäht bestehen soll. Dafür seht ihr bei mir hier auch einige Beispiele. Hier habe ich aus einer Stoffserie kleine Hexagons von Hand aneinander genäht.
Um die drei Lagen miteinander zu befestigen, damit beim eigentlichen Quilten nichts mehr verrutscht, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Zum Einen könnt ihr diese Lagen – Vorder- und Rückseite bitte gut bügeln – mithilfe von Steck- oder geformten Quiltnadeln miteinander verbinden. Genauso gut könnt ihr von Hand mit Heftstichen für das Halten sorgen. Eine weitere Möglichkeit ist ein Sprühkleber (bitte nie in der Nähe der Nähmaschine sprühen). Ich habe für solch kleinen, feinen Projekte eine Empfehlung für euch und zwar das beliebte Stylevil von Vlieseline gibt es nun auch mit einer Klebeseite zum Bügeln.
Achtet darauf, dass die beiden linken Stoffseiten jeweils zum Vlies zeigen und wählt eure gewünschte Methode aus.
Quiltfüße
Je nachdem, welche Quilttechnik ihr wählt, könnt ihr einen passenden Nähfuß dafür aussuchen. Meine gängigsten Füße sind der Obertransportfuss # 50, den BERNINA Stichregulator (BSR), den Patchworkfuss # 97, sowie einen der Stickfüße. Wenn ihr einen Stich wählt, bei dem die Nadel auf Position 0 bleibt, empfehle ich außerdem die Geradstichplatte.
Quilten – die Techniken
1) Der Zierstich
Für mein erstes Täschchen mit den Hexagons verwende ich einen wellenförmigen Zierstich, um die drei Lagen miteinander zu verbinden.
Ich quälte diagonal entlang der Formen der Oberseite, wenn ich an einem Ende angekommen bin, hebe ich das Füßchen uns setze es an der nächsten Reihe wieder auf, so kann ich mir das ständige Fadenabschneiden sparen.
Der Zierstich macht auch auf der Rückseite ein schönes Bild, ich verwende ihn wirklich häufig.
2) Freihandquilten
Als nächste Technik möchte ich euch das Freihandquilten oder auch Free Motion Quilting zeigen. Auch hier habe ich bereits alle drei Stofflagen mittels Bügeln und Kleben miteinander fixiert.
Setzt die Geradstichplatte ein und senkt den Transporteur. Nun führt ihr mit beiden Händen den Stoff so, dass euer gewünschtes Muster entsteht. Ich habe mich für eine durchgehende Linie mit einzelnen Schleifen entschieden.
Je enger ihr diese setzt, desto mehr staucht ihr das Vlies zusammen. Es ist hierbei gar nicht tragisch, wenn die einzelnen Schleifen unterschiedlich groß und mit verschiedenen Abständen gequiltet werden. Das macht für mich den Reiz des Freihandquiltens aus.
3) Quilt as you go
Die dritte Technik mag ich sehr gerne, da sie ideal für die Stoffresteverwertung ist. Hierbei Quilten wir, während wir einzelne Stoffstreifen miteinander vernähen. Achtet also darauf, nur den Rückseitenstoff auf dem Vlies zu befestigen.
Näht dann immer einen Stoffstreifen rechts auf rechts auf den vorherigen, klappt ihn um und steppt diesen dann mit mehreren Stichen fest.
Hierfür verwende ich gerne einen langen Geradstich, so dass ich nicht zwischen den einzelnen Stichen wechseln muss.
Wiederholt dies so lange, bis das Vlies voll ist. Ich habe von der Höhe mehr Zentimeter einberechnet, so dass auch die kürzeren Streifen gereicht haben.
4) Das Quilten von Hand
Die letzte Methode, die ich euch vorstellen möchte, ist das Quilten von Hand. Ich bin ehrlich, das praktiziere ich äußerst selten, weil mir einfach die Zeit dazu fehlt. Aber auch hier macht Übung den Meister. Wer möchte und hat, kann einen kleinen Stickrahmen dafür verwenden, bei dem Stylevil als Vlies benötige ich das aber nicht. Wer möchte, kann gerne ein dickeres Sticktwist benutzen.
Ich habe hier einfach ein paar fortlaufende Stiche in Kreisform um das Äffchen herum , sowie eine gerade Linie entlang der späteren Bruchkante gequiltet.
Fertigstellung der Täschchen
Legt im Anschluss das Schnittteil im Stoffbruch auf euer fertiges Quiltsandwich und schneidet es zu. Dabei entsteht eine solche Form.
Bevor wir an die Innenausstattung des Täschchens gehen, wird jetzt die Lasche mit dem Druckknopf angebracht. Verwendet dafür das empfohlene Werkzeug, sowie eine Lochzange. Das gerade Ende befestige ich dank der beiden Löcher mit einigen Stichen von Hand, vorne bringe ich dann im gewünschten Abstand den Druckknopf an.
Je nachdem, für was das Täschchen zum Einsatz kommen soll, könnt ihr noch Innenfächer (aus Folie mit Reißverschluss und Schrägband) oder aus Mesh mit Schrägband oder einfach ein breites Gummiband anfertigen.
Positioniert diese auf der Innenseite eures Täschens und schneidet sie zu.
Wer möchte, kann sie auch mit ein paar Stichen innerhalb der Nahtzugabe befestigen, damit nichts verrutscht.
Quilten – Das Binding
Wie auch bei einem Quilt, also einer Decke, benötigen auch unsere Täschchen eine Umrandung, ein Binding. Bei solch kleinen Projekten verwende ich gerne ein fertiges Schrägband. Bei großen Decken schneide ich mir die Stoffstreifen im schrägen Fadenverlauf zu. Ihr könnt das Binding auf zwei verschiedene Arten annähen, zum Einen komplett mit der Maschine, zum anderen einen Teil von Hand für eine nahezu unsichtbare Naht.
1) Mit der Maschine
Wenn ihr euch rein für die Nähmaschine entscheidet, legt ihr euer Schrägband rechts auf rechts auf die Innenseite der Tasche (Rückseite des Quilts) auf und näht dieses entlang der ersten Bügelkante fest.
Lasst dabei am Anfang und Ende ein Stück Stoff stehen.
Im folgenden Bild seht ihr nochmals genauer, wie die beiden Enden miteinander vernäht werden. Wenn dies schräg geschieht, sieht man den Übergang später kaum. Anfängern empfehle ich hier, sich ein Anleitungsvideo im Web anzuschauen, da es doch etwas Handling erfordert. Schneidet danach das Dreieck bis kurz vor die Naht zurück …
… und klappt das Schrägband um die offenen Stoffkanten herum nach außen auf die Vorderseite.
Steppt dies rundherum mithilfe des Schmalkantfuss # 10 knappkantig fest.
2) Mit der Maschine und von Hand
Wer den zweiten Teil von Hand annähen möchte, steppt das Schrägband rechts auf rechts auf der Vorderseite eures Täschchens fest.
Die Enden werden wie oben gezeigt vernäht und auch dieses Schrägband wird um die offenen Kanten, allerdings nach innen geklappt.
Dann näht ihr es dort von Hand mit dem Matratzenstich fest.
Herzlichen Glückwunsch, fertig ist euer kleines, feines Quiltprojekt.
Da ich vier Täschchen genäht und gequiltet habe, kommen diese nun unterschiedlich zum Einsatz.
Hier ein paar Beispiele: für die Hexagons zum Nähen per Hand, für das Kamerazubehör, für unser Baby oder auch für Schmuck. Ihr könnt es natürlich auch wunderbar verschenken.
Ihr seht, Quilten ist ein komplexes Thema, da ich hier sicherlich nicht ausgeschöpft habe. Aber ich hoffe, dass ich euch einen schönen Einblick geben und euch inspiriert habe, es einfach mal selbst auszuprobieren. Egal, ob an einem kleinen Projekt oder an einer großen Decke, es macht einfach riesigen Spaß!
Beachtet auch die weiteren Beiträge in der Blogserie “Nähen lernen für Anfänger”!
Herzlichste Grüße,
Sara
0 Antworten