Im Rahmen von Wettbewerben zu verschiedenen Themen werden Textilschaffende dazu eingeladen, die gestickten Unikate aus Afghanistan in eigene Gestaltungen zu integrieren.
Unsere nächste Ausschreibung heißt COWandMORE. Hier findet Ihr alle Informationen zu diesem Wettbewerb.
Keep your Eye on the Planet
Zunächst steht aber die erste Präsentation unserer jetzigen Ausstellung „Keep Your Eye on the Planet“ an. Diese findet Mitte September im Rahmen des 22. Europäischen Patchworktreffens in Sainte Marie-aux-Mines (Elsass) statt. Für die Ausschreibung lautete die Herausforderung, mindestens ein gesticktes Auge oder ein Augenpaar in ein 60 × 60 cm großes Textilwerk zum Thema einzubeziehen.
Jeder Stickerin wird pro Quartal ein – meistens weißes – Stofftuch ausgehändigt, worauf sie eine ausgemachte Menge stickt. Die zugeteilte Menge hängt vom Alter der Stickerin, von der Qualität ihrer Arbeit (technisch und erfinderisch) sowie vom Kaufinteresse in Europa ab. Shabana stickte in diesem Quartal 20 Augen.
Diana stickte auch Augen. Hier sehen Sie eins meiner Lieblingsstücke. Genau solch eine Stickerei war Ausgangspunkt für den Wettbewerb, in dem das facettenreiche Thema interpretiert werden sollte. Eine Übersetzung von »Keep your Eye on the Planet« ins Deutsche ist nicht ganz leicht. Es geht dabei um eine bewusst beobachtende, engagierte sowie aktiv schützende Aktion, in unserem Fall dem Planeten gegenüber. Man könnte nun »Behalte den Planeten im Auge« sagen. Intensiver und treffender scheint uns jedoch die Übersetzung „Hüte den Planeten wie deinen Augapfel!“
Manche Stickerinnen kamen selbst darauf, zwei Augen in der vorgesehenen Fläche zu sticken, einem Gesicht gleich. Die Fläche entspricht der eines Quadrates von 8 x 8 cm, das unser „Rechenmaß“ darstellt.
Grundsätzlich ist es spannend, wenn Augenpaare produziert werden. Sie schauen uns an, es entsteht automatisch eine Beziehung. Die textilen Augen treffen einen Kern tief in uns. So ist es gedacht. Sie sollen inspirieren und so als Keimling für die entstehenden Textilgestaltungen wirken.
Eingereicht wurden 113 Bewerbungen aus 12 Ländern Europas. Die drei Jurymitglieder, Elsbeth Nusser-Lampe und Gaby Mett aus Deutschland mit Hilde van Schaardenburg aus den Niederlanden hatten die schwere Aufgabe 45 Textilwerke auszuwählen.
Ökologische Aspekte standen bei vielen dieser Arbeiten im Fokus, besonders das Meer, das zwei Drittel der Erdoberfläche ausmacht. Im Werk »Love your Planet« (Dolorès Alarçon – F) wird die Aufmerksamkeit auf die Tierwelt und das Artensterben gelenkt. Alarçon bittet uns, einen Blick durch ein Bullauge zu werfen, um unsere Aufmerksamkeit auf eine Spirale des Lebens, auf die Tier- und Pflanzenwelt zu lenken. Das gestickte „Ne pas perdre le Nord“, das so viel heißt wie „Den Norden im Blick behalten“, klingt wie der dringende Aufruf, auf dem richtigen Weg zu bleiben, oder vielmehr den richtigen Weg einzulenken, um nicht ganz verloren zu gehen. Sie hat ihre Arbeit meisterhaft, ja vollkommen, mit der Hand auf altes Leinen gestickt.
Die Titel sind schon Programm. Die Beiträge »Müll kann man nicht essen« (Gaby Heimann – D), „Versuche Müll zu vermeiden!“ (Adelheid Lau -D), „Where has all the plastic gone?“ (Lise Röhrl -D), „Look closely, think, act now!” (Maike Süberkrüb – D) und „Save the Planet“ (Bettina Jakob – D) sprechen den Betrachter direkt an und fordern ihn zum Nachdenken und Handeln auf. Diese kurze Auflistung zeigt dennoch: 25 der Beiträge kommen aus Deutschland, 11 aus Frankreich, 4 aus UK, jeweils 2 aus Schweden, Holland und Belgien sowie ein Werk aus der Schweiz.
Die Fürsorge für Mitmenschen kommt in einigen Arbeiten engagiert zum Ausdruck, zum Beispiel in „Wir sind alle Migranten auf unserer Erde“ (Michèle Hochard – F), „The Freedom Dreamers“ (Phuong Coulot – F) und „Give a face to the people“ (Charlotte Heuel – D), die das Thema Migration behandeln. Das sowohl feinfühlige als auch technisch sehr gekonnte Werk von Heuel hat uns so überzeugt, dass wir es für das Cover des Galerie-Buchs ausgewählt haben.
Mit dieser Ausstellung ist das 3. Galerie-Buch des Stickprogramms beim Maro Verlag aus Augsburg erschienen. Die 198 Seiten präsentieren nicht nur die Werke der Ausstellung (je mit Ganzbild + Detail), sondern auch weitere eingebettete Intermezzi, in denen Kurzgeschichten aus Afghanistan erzählt werden, die Tradition und Realität vor Ort veranschaulichen. Darüber hinaus wird mit Text und Bild über künstlerisch bereichernde Initiativen berichtet, die zum Thema des Wettbewerbs passen. Dieser besondere Teil des Galerie-Buchs wird das nächste Mal hier vorgestellt.
Im Dezember werde ich Euch in einem zweiten Blog-Post mehr von der Ausstellung „Keep Your Eye on the Planet“ berichten.
Weiterführende Links:
Das in Deutsch, Englisch und Französisch dreisprachig gestaltete Galeriebuch kann direkt beim Verlag bestellt werden. Es ist auch über den Buchhandel erhältlich; ISBN 978-3-87512-555-9.
Die Ausstellung Keep your Eye on the Planet wird zum ersten Mal Mitte September in Sainte Marie-aux-Mines präsentiert.
Die erste Präsentation in Deutschland ist bei der NADELWELT in Karlsruhe im Mai 2019 vorgesehen.
Gestickte Augen können immer noch erworben werden. Sie sind waschbar und eignen sich deshalb auch hervorragend als Blickfang auf einem Kleid oder Mantel, z.B. wenn sie im Rückenteil zwischen den Schultern aufappliziert werden. Als individuelles Gestaltungselement eignet sich ein Augenmotiv auch gut auf einem Rucksack.
Hier sind sie zu finden: www.guldusi.com
Vielen Dank für den wunderschönen Beitrag! Das Galeriebuch »Keep Your Eye on the Planet« ist auch auf unserer Galeriebuchseite zu finden: https://www.galeriebuch.de/galeriebuecher/keep-your-eye-on-the-planet/
Liebe Pascale, ich kann LEIDER nicht ins Elsass kommen, freue mich deshalb um so mehr auf das GalerieBuch. Das kann natürlich die Originale nicht ersetzen, ist aber ein hübsches Trostpflaster.
Viel Erfolg weiterhin mit den wunderschönen Stickereien! LG monika
halli hallo pascale,
was für ein schöner bericht! ich bin schon sehr gespannt auf die ausstellung in ste marie-aux-mines – das beste foto kann das original nicht ersetzen. starke themen, brillant interpretiert!
beste grüsse
gudrun