Heute wollen wir mal schauen, wie sich mit der Overlock der Rollsaum nähen lässt. Diese Naht, die ja in den meisten Fällen als Abschluß dient, soll genau deswegen natürlich besonders hübsch sein. Ich zeige euch, mit welchen Einstellungen und welchen Trick perfekte Ecken gelingen.
Rollsaum nähen – die Einstellungen der Overlock
Der meistgenutzte Rollsaum ist, glaube ich, der mit 3 Fäden. Das bedeutet, ein Garn steht auf der rechten Nadel, eins im Obergreifer und eins im Untergreifer. In dieser Naht wird die Untergreiferspannung sehr stark erhöht, denn der Untergreifer zieht den Obergreifer um die Kante. Damit sich der Stoff schön umlegen kann (ganz korrekt heisst das “umgelegter Rollsaum”), muss die Stichbreitenzunge vorn an der Maschine zurück gezogen werden.
Diese dient in einer ” normalen” Overlocknaht als Stabilisator. Sie stabilisiert quasi die Naht und zwingt die Maschine, genügend Garn abzugeben, weil sie mit-umschlungen werden möchte. Im Rollsaum ist sie zurück gezogen. Somit kann, in Verbindung mit erhöhter Untergreiferspannung, der Stoff um die Kante gelegt werden. Das impliziert schon, dass das Garn, dass man im umgelegten 3-Faden-Rollsaum maßgeblich sehen möchte, auf dem Obergreifer stehen muss. Damit dieser gut herumgezogen werden kann, muss dieser immer eine niedrigere Spannung haben als der Untergreifer (willkommen in der Technik ;o)).
Ich habe hier in meiner Naht in diesem traumhaften Jacquardjersey, der ein Herbsttuch werden will, ein dickes Madeira-Decorgarn auf den Obergreifer genommen. An der Druckluft habe ich wie hier in diesem Video vorbei gefädelt, um nicht zuviel auf dem Obergreifer Spannung zu haben.
Meine Spannungen an der Maschine sind auf 5 auf der rechten Nadel, 0 im Obergreifer und 7 auf dem Untergreifer:
Stichlänge und Garnstärke müssen aufeinander abgestimmt werden
Meine weiteren Einstellungen sind in der Stichlänge 2,5 und das Differential ein wenig runter:
Warum genau Stichlänge 2,5? Weil das Garn so dick ist! Würde ich eine geringere Stichlänge wählen als diese, hätte der einzelne Faden gar nicht genügend Platz, um zum Liegen zu kommen. Die Maschine hätte dann noch nicht die erforderliche Länge weiter transportiert, um einen neuen Stich legen zu können (siehe auch “Der Rollsaum auf der Overlock“). Ein wenig enger würde es vielleicht noch gehen, aber in diesem Fall mag ich den Rollsaum genau so, wie er dann wird
Differential an der Overlock
Und warum das Differential runter? Weil dann der Saum ein bisschen in die Länge gezogen wird und sich dann hinterher ganz leicht wellt, ohne dass ich maßgeblich ziehen muss.
Meine Stichbreite mache ich breit, denn auch hier möchte ich die Breite des Saumes an die Griffigkeit des Tuches und die Stärke des Garnes anpassen. In einem dicken Jacquardjersey brauche ich keinen zarten Rollsaum – der Saum muss zum Tuch und vor allem zum Wetter passen. Aber noch mehr zum Garn.
Exklusiv bei BERNINA: die mtc-Regulierung
Bei BERNINA gibt es auch das tolle mtc. Die Buchstabenfolge mtc steht für Micro Thread Control. Man kann damit in ganz feinem Rahmen die Greiferfäden regulieren, ohne die Spannung anzufassen. Konkret sieht das so aus:
Geht man in den Plus-Bereich, gibt die Maschine mehr Greifergarn ab, geht man in den Minusbereich, gibt sie weniger Greifergarn ab. Da ich sehr dickes Garn habe, bin ich direkt in +1 gestartet (der Stoffrest ist aus meinem letzten Projekt, (gleicher Stoff, andere Farbe), denn von meinem lila Jacquard möchte ich nichts abschneiden für Probenähte).
Nun habe ich 2 Möglichkeiten: entweder den Nadelfaden verstärken, damit laufe ich aber Gefahr, dass es zuviel wird und kräuselt, oder im mtc auf +2
Natürlich ist die mtc-Wahl hier perfekt.
Außenecken mit Rollsaum nähen
Vorbereitungen
Nachdem die Frage der Einstellungen geklärt ist, wenden wir uns mal einem Thema zu, dass uns alle immer wieder beschäftigt bei Tüchern: das leidige Thema “Außenecken”.
Dabei ist das eigentlich ganz einfach zu lösen. Es gibt ja zwei Möglichkeiten: Absetzen oder um die Ecke nähen. Ich zeige heute mal, wie man sauber um die Ecke näht ohne abzusetzen.
Benötigt wird dafür eine Verstärkung, entweder Avalon Film oder Soluvlies. Beides sind wasserlösliche Vliese, und darauf muss auch unbedingt geachtet werden, sonst bekommt man den Stabilisator am Ende nicht raus. Da wir hier einen eher stärkeren Stoff haben, entscheide ich mich für Soluvlies. Avalon Film ist super für leichtere Stoffe, Musselin und Co.
Benötigt werden 4 Quadrate, ca 5 x 5 cm oder etwas mehr. Das muss aber nicht abgemessen werden – Quadrate halt.
Das Um-die-Ecke-Nähen
Nähert man sich nun mit der Naht einer Ecke, ist es sehr wichtig, die um die Ecke liegende Kante einzuschneiden. Warum? Wir wollen ja unseren Rollsaum bis zur Ecke haben, und wenn wir dann drehen, steht das Messer 3 cm tief in der neuen Länge drin. Also muss das, was das Messer nicht abschneiden kann, manuell abgeschnitten werden. Ausserdem ist wichtig, dass das Soluvlies rechtzeitig unter die Stoffecke gelegt und mitgenäht wird und dann auch mit eingeschnitten wird.
An der Ecke sieht das dann so aus:
Hier sieht man deutlich, wo das Messer ist, während die Maschine noch mit der Ecke beschäftigt ist.
Nach dem letzten Stich hebt man den Fuß, zieht den Stoff leicht raus, dreht alles und – ganz wichtig! – zieht die Fäden mit gehobenem Nähfuß ein wenig durch die Spannungen zurück, um die zum Drehen benötigte Mehrlänge an Garn wieder aus dem nächsten Stich raus zubekommen.
Danach sieht es vor der Nadel so aus. Man sieht genau, beim welchem Stück das Messer keine Chance hatte zu schneiden.
Hätte man jetzt die Ecke nicht eingeschnitten UND die Fäden zurück gezogen, müsste man konsequenterweise innen vom Messer nähen UND hätte eine kleine Schlaufe in seiner Spitze vom “Dreh-Garn”. Ich finde aber die Nähte immer sauberer, gerade beim Rollsaum, wenn geschnitten wird.
Und nach wenigen Stichen erscheint hinter unserem Füsschen diese Ecke:
Oder diese…
Das saubere Rollsaum-Ende
Natürlich geht mit einem ähnlich einfachen Trick auch ein sehr sauberes Ende des Rollsaumes, ohne auslaufenden Schlaufen oder Gefummel.
Das allerdings ist wirklich sehr tricky zu beschreiben. Ich schau mal, wie ich es sauber in Worte bekomme.
Wer es sich anschauen möchte und wer das vielleicht nicht ganz so sauber mit den Ecken hinbekommt, findet sowohl die Ecken, als auch das Ende, aber auch noch einige weitere kniffelige Overlocktechniken im Video “Besser nähen mit der Overlock“.
Am Ende muss das Soluvlies noch ausgewaschen werden. Ich tauche dafür die Ecken einfach in lauwarmes Wasser. Das Vlies beginnt sofort, sich zu lösen. Natürlich kann man alles auch einfach in die Waschmaschine legen. Wichtig ist nur, dass Vlies nicht rauszureissen, damit man sich den Saum nicht zerstört.
Im nächsten Beitrag bleiben wir nochmal beim Rollsaum nähen. Da schauen wir, wie man den Rollsaum in leichten Stoffen super stabil bekommt, natürlich auch für den Herbst ;o).
In diesem Sinne, viel Spaß beim Nähen
Eure Manu
Der Trick, die Ecke abzuschneiden, ist genial! Danke für den Hinweis!
Toll erklärt. Vielen Dank! Was mache ich mit der Fadenraupe? Ich finde es immer schwierig die in der Naht unterzubringen. Vielleicht entwirren und die Fäden einzeln vernähen?
Die Fadenraupe entwirre ich, und ziehe die Fäden einzelnd rein, das ist einfach am saubersten. Hängt natürlich auch an der Garnstärke, mitunter mache ich auch einfach mal einen feinen Knoten….
Liebe Manuela,
vielen Dank für deine immer wieder praktischen und sehr gut erklärten Beiträge.
Liebe Grüße
Erika
Vielen Dank, liebe Erika