Kreative Artikel zum Thema Nähen

Fadenlatein – Teil 1: Nähgarne

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Wer näht, der braucht Garne. Ich beispielsweise besitze eine riesige Schublade voller Rollen, und es werden immer mehr… Doch Faden ist nicht gleich Faden. Hier soll es dieses Mal um Nähgarne gehen. Bevor ich in die Details gehe, hier ein paar grundsätzliche Gedanken:

Es gibt Dinge, die man guten Gewissens im Discounter oder im Dutzend billiger auf einem Markt kaufen kann. Nähgarne gehören aber definitiv nicht dazu. Ein Qualitätsgarn hat zwar seinen Preis, dafür ist es aber gleichmässig gesponnen, seine Oberfläche ist relativ glatt. Der Faden kann so kontinuierlich durch die Führungen gleiten, das Stichbild bleibt ebenmässig. Billiggarne sind hingegen ungleichmässiger aufgebaut, da sie mit minderwertigeren Ausgangsmaterialien und/oder weniger Produktionsschritten hergestellt wurden. Man kann oft schon mit dem blossen Auge dünnere und dickere Stellen erkennen. Sobald sich die kleinen Knötchen in der Führung verhaken, schwankt die Fadenspannung. Im schlimmsten Fall reisst der Faden. Ein weiterer Befund: Low-Budget-Garne fusseln auffällig stark. Das ist nicht nur nervig, sondern kann auch die Mechanik der Maschine stören.

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Gute Garne gibt es vor allem im Fachhandel. Im deutschsprachigen Raum sind die Sortimente von Mettler (Schweiz), Madeira und Gütermann (beide Deutschland) prominent vertreten. Im englischsprachigen Raum findet man ausserdem häufig Produkte von Coats (Grossbritannien). Je nach Herkunft sind die Garnspulen eher gedrungen oder länglich. Trotz der Unterschiede: Meist finden sich alle wichtigen Angaben bezüglich des Grundmaterials, der Fadenstärke und so weiter auf dem Rand. Ausserdem – und das schreibe ich, weil manche Näherinnen das nicht wissen – hat jede Spule eine oder mehrere Rillen im Kopf- oder Fussbereich, in die sich der Faden einklemmen lässt. Stichwort Fadensalat.

Im Idealfall nehme ich meinen Stoff in den Laden mit, um die richtige Farbe auszusuchen. Wem das zu umständlich ist, der kann sich auch eine Farbkarte seines bevorzugten Anbieters zulegen. Hier beispielsweise das Allesnäher-Sortiment der Firma Madeira.

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Die Farbnummern unterscheiden sich nur minimal voneinander, aber es lohnt sich, die Nuancen genau anzuschauen. Hier ein paar allgemeine Tipps:

  • Wenn Ihr wollt, dass die Naht quasi unsichtbar wird, solltet Ihr immer eine Garnfarbe aussuchen, die etwas dunkler als der Stoff ist.
  • Wenn Ihr bewusst Kontraste schaffen wollt und Euch für andersfarbige Garne entscheidet, solltet Ihr die Stichlänge an der Maschine etwas hochstellen.
  • Ihr erhaltet das beste Ergebnis, wenn Ober- und Unterfaden hinsichtlich der Qualität identisch sind.
  • Selbstverständlich könnt Ihr zwei unterschiedliche Fadenfarben für Ober- und Unterfaden verwenden. Ich mache das auch oft. Aber bedenkt, dass das Stichbild der Naht von oben aus betrachtet etwas schöner ist, als das von unten.
  • Ihr solltet die Fadenstärke immer an den Stoff anpassen. Delikate Gewebe brauchen dünnere Garne, feste Stoffe analog dazu dickere. Schaut Euch die Garnrollen mal in Ruhe an. Ihr findet dort meist auch eine Zahl, die ihr auf den ersten Blick vermutlich nicht zuordnen könnt. Sehr gängig ist beispielsweise die 100. Das ist eine Einheit zur Bestimmung der Garnfeinheit. Die Zahl hundert bedeutet, dass man 100 Meter dieses Garns auf eine Waage legen müsste, um 1 Gramm zu erhalten. Ein Garn mit der Aufschrift 125 ist demnach feiner, eines mit der Zahl 30 viel grober.
  • Eine wichtige Rolle spielt auch die Nadelstärke, die ebenfalls von der Garnbeschaffenheit abhängig gemacht werden sollte. Je grober der Faden, umso dicker sollte die Nadel sein. Informationen zu Nadeln und zum richtigen Nadel-Faden-Verhältnis findet Ihr in diesem Anleitungsvideo und in der Nadelbroschüre von BERNINA.

Nähgarne lassen sich vereinfacht gesprochen in zwei Kategorien einteilen: Polyestergarne und Naturgarne.

Polyestergarne

Sie bestehen aus Kunststoffmolekülen, die den Faden elastisch und gleichzeitig reissfest machen. Da das ideale Bedingungen für nahezu alle Nähprojekte sind, nennt man Polyestergarne auch “Allesnäher” (englisch: multi-purpose thread). Der Grossteil aller Garne fällt in diese Kategorie. Im Fachhandel werden oft die Markennamen benutzt. So heisst der Allesnäher von Mettler “Seralon”, derjenige von Madeira “Aerofil”.  Polyestergarne glänzen meist ein wenig. Das hat zwar keinen Einfluss auf die Qualität der Näharbeit, kann aber aus ästhetischer Sicht stören. Ein weiterer Nachteil: Allesnäher lassen sich nicht einfärben. Wer also daheim ein Kleidungsstück in der Waschmaschine umfärbt, muss damit rechnen, dass die Nähte den Ursprungston behalten.

Es gibt eine Vielzahl von Spezialgarnen, die ebenfalls zu den Polyestergarne gezählt werden. Besonders bekannt sind Maschinenstickgarne. Die sehen zwar wie Allesnäher aus, sind aber dünner und wirklich nur zum Sticken geeignet.

Extrastarke Garne kommen für besonders beanspruchte Nähte (z. B. Stuhlkissen, Taschen) zum Einsatz.

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Knopflochgarne sind ebenfalls dicker und sehr reissfest, werden allerdings für Ziernähte, Knopflöcher oder Knopflocheinlagen verwendet. Jeansgarne sind eng verwandt mit den Knopflochgarnen. Man erhält sie oft in den klassischen Jeansnahtfarben.

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Elastische Garne bestehen aus einem Elasthan-Polyester-Gemisch. Sie werden als Unterfaden benutzt und erleichtern Kräuselarbeiten. Von Hand lässt es sich auch vorzüglich mit elastischen Garnen smoken.

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Transparente Garne (bekannter Markenname “Transfil”) bestehen ebenfalls Kunststoff, in dem Fall aus Polyamid und Nylon. Der Faden “verschwindet” optisch im Nähgut.

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Metallic-Garne (Polyamid-Polyester-Gemisch) können ein Projekt aufpeppen. Wichtig: Wer Metallfäden vernäht, benötigt eine Spezialnadel mit einem grösserem Öhr, z.B. die Metafil-Nadel von BERNINA. Detaillierte Informationen über das Sticken mit Metallic-Garn findet Ihr in diesem Blog-Artikel von Nette Löns.

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Effektgarne glänzen mehr als Allesnäher und sind oft verschiedenfarbig aufgebaut. Wenn man sie beim Covern als Greiferfäden verwendet, kommt der Farbverlauf besonders zur Geltung.

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Naturgarne

Hierzu werden alle Garne gezählt, deren Grundstoffe aus der Natur stammen, in erster Linie Baumwolle und Seide. Im Bereich des Handnähens und Handquiltens werden traditionell Baumwollgarne benutzt. Sie unterscheiden sich auf den ersten Blick kaum von den Allesnähern, sind jedoch matt und können nachträglich gefärbt werden. Würde man die Baumwollfasern einfach so belassen, wären sie sehr reissanfällig. Denkt an Heftfaden, ungefähr so. Ein zusätzlicher Produktionsschritt, das so genannte Merzerisieren, macht das Garn glatter und stabiler. Dennoch: Baumwollgarne sind nur bedingt für die Maschinenarbeit geeignet.

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Seidengarne glänzen zwar natürlich schön, sind aber noch heikler in der Verarbeitung. Die im Handel erhältlichen Seidengarne sind deswegen meist Baumwoll-Seiden-Gemische bzw. es handelt sich um Baumwollgarne mit Seidenoptik.

Wie im Titel dieses Artikels zu erkennen: Das war Teil eins einer kleinen Fadenkunde. Teil zwei folgt demnächst!

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